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Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Titel: Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Mundson
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Hubschrauber ganz in der Nähe lauern, nachdem er gesagt hatte: Lasst die Adler losfliegen . Er wusste nämlich, dass ich nicht so versessen auf Montana war, wie er sich das von der Frau seines neuen Brauereidirektors gewünscht hätte.
    Doch von Anfang an hielt Montana genau, was es uns verheißen hatte. Sein Job war klasse. Er war allgemein anerkannt. Er verdiente ausgezeichnet, insbesondere für die Verhältnisse in Montana. Ich hatte alle Zeit und allen Platz, die ich zum Schreiben brauchte. Das war vor allem deshalb perfekt, weil es schlichtweg keinerlei Ablenkungen gab. Zumindest keine städtischen. Und damit meine ich, überhaupt keine. Doch es war ein richtiger Ort, kein Retorten-Urlaubsort wie Vail, Colorado. Erst lebte man dort vom Holz, später von der Eisenbahn. Ein Ort, der sich laufend im Umbruch befand. Das imponierte mir von Beginn an. Hier gab es kein Blendwerk. In mehrerlei Hinsicht entsprach es also dem Platz, nach dem ich schon mein Leben lang gesucht hatte.
    Trotzdem fühlte ich mich orientierungslos. Es kam mir vor, als wäre ich zumindest in ein anderes Land gezogen, wenn nicht gar auf einen fremden Planeten. Keine Kunstgalerien, es sei denn, man stand auf kitschige Pferdemotive. Keine Modegeschäfte, es sei denn, man mochte Pullis mit Aufschriften. Damals bekam man hier noch nicht einmal eine New York Times . Ich machte den Fehler, einmal danach zu fragen. Nach viel Hin und Her lautete die Antwort: »Wahrscheinlich ist
Seattle der nächste Ort, wo Sie eine bekommen.« Und wenn man zu jener Zeit richtig gut essen gehen wollte, gab es nur Steak und Kartoffeln in diversen Variationen. Zudem existierten weder Internet noch Kabelanschluss. Mein Glück war die Buchhandlung. In der Anfangszeit meiner Karriere in Montana las ich viel – bevor die Natur mir zur größten Ablenkung, die ich mir vorstellen konnte, geriet.
    In den ersten fünf Jahren kamen unsere Kinder zur Welt. Ein Mädchen und ein Junge, in dieser Reihenfolge. Wir entwarfen und bauten uns ein Bauernhaus auf zwanzig Morgen bestem Land außerhalb der Stadt, mit zwei Weihern, rundherum nur öffentlicher Grund … Hirsche, Truthähne, Kolibris, immer wiederkehrende Kanadakraniche, Säger, Schellenten und ein Seetaucher, der bis zum heutigen Tag jeden Sommer um sieben Uhr morgens über unser Haus fliegt. Gelegentlich strolcht auch ein Schwarzbär vorbei, nachts tun das die Kojoten. Wir selbst besitzen Pferde. Auch Hunde. Und eine Katze, die schon viel mehr als neun Leben gelebt hat.
    Das gilt inzwischen vielleicht auch für uns.
    Wir wünschten uns Abenteuer. Nun hatten wir eines. Vom weiten Himmel geliefert. Und nach fünfzehn Jahren sind wir immer noch in diese Art von Abenteuer verliebt – in ausgedehnte Gebirge, Seen und den atemberaubenden Glacier National Park, der nur ein paar Meilen entfernt liegt. (Damit man mir nicht vorwerfen kann, ich würde die Leute auf den Gedanken bringen, ebenfalls in unser kostbares Tal zu ziehen, will ich nur alle Leser warnen: Es gibt hier pro Jahr durchschnittlich weniger als 75 Sonnentage. Dafür natürlich tollen Schnee. Den kann man mit mehr Sonne allerdings auch in Colorado haben. Oder in Utah. Auch in Wyoming. Falls Sie uns trotzdem besuchen – dann werden wir Sie wie liebe Verwandte empfangen. Inzwischen gibt es hier sogar eine Sushibar!
Auch ein paar tolle Boutiquen und Kunstgalerien sowie unsere eigene Kaffeerösterei …)
    Doch es dauerte eine Weile, bis diese Liebesgeschichte sich entspann. Wir hatten mit Skeptikern zu kämpfen. Ich war die Schlimmste unter ihnen.
    Seattle war eine Sache. Dort gab es Jobs. Microsoft sowieso, aber damals begann auch Starbucks im großen Stil zu expandieren, sodass es bald an jeder Straßenecke in Seattle eine Filiale gab, in der man bei Bedarf jobben konnte.
    »Aber Montana?«, fragten viele. Und ich fragte es mich auch.
    Ja. Montana , hörte ich es von irgendwoher tief in meinem Inneren.
    Da konnte selbst ich zugeben, mich zu fürchten. Aber ich forderte es von mir selbst und dachte dabei an die Frauen der frühen Pionierjahre, die ihren Männern auf der Jagd nach Gold und Land gefolgt waren.
    »Ich liebe es, hier zu sein. Ich kann schreiben. Meine Kinder laufen barfuß ums Haus. Es gibt keinerlei gesellschaftlichen Druck«, pflegte ich zu sagen.
    »Und wenn etwas passiert? Gibt es dort denn Krankenhäuser?«, wurde zurückgefragt.
    »Natürlich gibt’s dort Krankenhäuser.«
    Aber wir wussten alle, dass die nicht mit denen vergleichbar wären, die sie

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