Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks
brandneues Gerät von Target ersetzt habe. Jetzt kann er sich nicht mehr über den defekten Toaster aufregen und irgendwie mir die Schuld daran geben, dass wir ihn ein halbes Jahr lang auf der Anrichte haben stehen lassen. Dabei haben wir den kaputten Hebel benutzt, so gut es ging, um ein Stück Brot im letzten noch funktionierenden Schlitz von insgesamt vier halbwegs zu toasten. Sogar der Toaster funktioniert tadellos heute Morgen.
ICH: »Um Viertel vor zwei fahre ich zu dem Fußballturnier unseres Sohnes. Er gehört zum spanischen Team. Gestern Abend haben wir im Atlas die Flagge nachgesehen, und er hat sein T-Shirt in den spanischen Farben bemalt.«
ER: Ausgestochen. Denn eigentlich ist er der Sportbegeisterte in unserer Familie. Das ist eines seiner Argumente, warum er mich verlassen sollte. Ich hab es nicht so mit Mannschaftssport. Er setzt sich mit seinem Tee und der Zeitung hin. Ungewöhnlich schweigsam.
ICH: »Lust mitzukommen?«
ER: »Nö. Ich denke, ich geh angeln.« Und das aus dem Munde eines Mannes, der seinen Sohn vergöttert – der keine Gelegenheit auslässt, mit ihm im Garten Ball zu spielen. Soll das etwa eine Art Bestrafung sein?
Ich kann nicht anders als zu erkennen, dass er, um eigentlich mich zu treffen, seinen Sohn bestraft. Oder genau genommen, um sich zu bestrafen, mich und unseren Sohn bestraft. Dazu kommt noch, dass wir uns, falls er nicht mehr zur Arbeit geht, über das Geld unterhalten müssen. Allerdings weiß ich, dass er explodieren wird, wenn ich das jetzt sofort tue. Er würde es wohl als Strafe für sein Verhalten auffassen.
Ich entscheide, mich von all diesen Formen von Bestrafung zu distanzieren.
Und so lasse ich ihn in unserer wunderbar sauberen und sommerlichen Küche zurück. Bei den Nektarinen und Aprikosen in der Obstschale und dem frischen Mais, der schon für ein tolles Abendessen bereitliegt, das wir mit ihm oder ohne ihn genießen werden. Vielleicht fällt sein Blick ja noch auf das Huhn, das im Spülbecken auftaut. Er liebt ein gutes, gebratenes Huhn.
Also begebe ich mich in mein Arbeitszimmer und suche im Internet nach einem Rezept für Salat aus gelber Bete und Fenchel. Stolz stelle ich fest, dass die Zeitschrift Gourmet diese Kombination, auf die ich von allein gekommen bin, ebenfalls gutheißt. Ich bin so in den Gourmet -Artikel vertieft, dass ich mich um die Szene, die sich in der Küche abspielt, gar nicht mehr kümmere. Aber halt, man benötigt als Zutat Minze. Das wäre mir nicht eingefallen, aber es klingt perfekt.
Also spaziere ich in den Kräutergarten der Nachbarn, um Minze zu holen. Das tue ich in meinem Sommerkleid, weil ich mein Sommerkleid mag. Mir ist egal, ob es meiner Figur schmeichelt. Auf dem Weg hinüber versucht Sheila, mich die ganze Zeit zu erinnern, dass er mich immer »das hübscheste Mädchen auf der Party« zu nennen pflegte. Und dass er immer gesagt hat, ich würde mit zunehmendem Alter sogar noch schöner. Wie Audrey Hepburn. Habe ich seine Fantasien etwa enttäuscht? Haben die knapp zehn Kilo, die ich inzwischen zugenommen habe und anscheinend nicht mehr loswerde, womöglich meine Ehe ruiniert? Basierte alles nur auf einer Wunschvorstellung?
HALT DIE KLAPPE, SHEILA! Aber natürlich merkt eine Frau, wenn ihr Liebster Veränderungen ihres Körpers missbilligt. Dabei möchte ich es belassen.
(Zum Thema Gewicht: Füllen Sie die Leerstelle aus _______________ . War die Lücke groß genug?
Seien Sie bloß nett zu sich, meine Liebe. Und wenn Sie fertig sind, dann sagen Sie Ihrer Sheila doch, wenn sie sich so sehr um Sie sorgt, dann könnte sie Ihnen beiden doch vielleicht einen einmonatigen Aufenthalt in einem Spa spendieren.)
Auf dem Rückweg rede ich mir so lange gut zu, bis ich mich wieder unbeschwert und sommerlich fühle. Außerdem spüre ich eine gewisse Erleuchtung, was mir auf Spaziergängen ja gelegentlich passiert. Auch wenn die Versuchung groß ist, unter der Last des vergangenen Monats nachzugeben, werde ich meinem Kurs treu bleiben, an meiner Strategie festhalten. Ich werde mich nicht in seine Angelegenheiten einmischen, egal, wie schlecht es ihm gehen mag. Ich werde auch nicht wütend sein. Und ich bin nicht blöd, nur weil ich mich nicht dazu hinreißen lasse. Vielmehr wäre ich schön blöd, wenn ich mir meine Stimmung von seinem Verhalten diktieren ließe.
Und so fühle ich mich sonnig und glücklich. Ich habe Minze in der Hand. Er wird einen Job finden, in dem er aufgeht. Ich werde eines meiner Bücher
Weitere Kostenlose Bücher