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Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Titel: Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Mundson
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dann verbringt er den Vormittag damit, zusammen mit den Kindern Golf zu schauen.
    Ich schicke meiner Agentin einen neuen Roman, weil sie Kontakt zu einer interessierten Lektorin hat. Dann beschließe ich, zur Feier des Tages, reiten zu gehen. Ich fühle mich stark,
wie ich so in meiner Cowboy-Überhose aus Leder durchs Haus stiefele. Ich beschließe, vor dem Fernseher stehen zu bleiben und etwas zu tun, das ich seit dem 5. Juli nicht mehr gewagt habe. Ich sage: »Was möchtest du später noch machen?«
    Er ist einigermaßen zugänglich. So beschließen wir, zum Abendessen an einen entlegenen Ort in der Nähe des Glacier Nationalparks zu fahren. Der Rückweg führt über den Red Meadow Pass. Das ist ein Ausflug, den wir seit Jahren immer wieder machen.
    Ich erzeuge also Druck. Aber nur ein wenig. Und ich hoffe, dass meine lederne Cowboyhose und die Tatsache, dass ich gleich durchs Gebirge galoppieren werde, ihn davon abbringen, mich als nörgelnde Hausfrau abzutun. Ganz sicher bin ich mir dessen jedoch nicht. »Um welche Uhrzeit willst du aufbrechen?«
    Wir vereinbaren vier Uhr.
    Mein Ausritt schenkt mir das, was ich brauche. Mein Morgan Horse bewegt sich übrigens langsamer als sonst, als spürte er, dass Ruhe mir guttut. Wenn ich auf meinem Pferd sitze, dann verschwindet der Rest der Welt für mich, bis auf die Stelle, an der es seine vier Hufe aufsetzt. Es ist die religiöseste Tätigkeit, die ich kenne. Dann sind Gebete kein Betteln. Stattdessen lassen sie alles zu und empfangen. Nach dieser Naturverbundenheit habe ich mein Leben lang gesucht. Nach dieser Freiheit. Mit jedem Hufschlag summe ich »danke«.
    Wie ausgemacht treffen wir uns um vier und fahren auf dem unbefestigten Weg über den Pass. Dabei gibt es jede Menge zu lachen. Mein Mann tut so, als wäre er ein verrückter Fahrer – das genaue Gegenteil meines Pferdes heute. Und das ist gut so. Dieses typische Machogehabe lieben wir. Auf dieser entlegenen, breiten Strecke kann am helllichten Tag auch nicht viel passieren. Trotzdem ist es quasi eine anarchische Fahrerei, die
er mit uns teilt, und ein Heidenspaß. (Mich erinnert das Ganze ans College.) Wir sind alle außer uns über seine bessere Stimmung. Er lässt uns daran teilhaben. Nach diesem Sommer nehmen wir in dieser Hinsicht, was wir kriegen können.
    Auf der Rückfahrt über die asphaltierte Straße schlafen die Kinder ein, und ich erinnere mich an die Bemerkung meines Sohnes über den Wagen seines Vaters vor der Garage, und auf einmal werde ich wütend. Auf einen Schlag ist das ruhige Atmen, das Vertrauen und die Gelassenheit und die Ausgeglichenheit, die mich trotz allem schlafen lässt, weg; ebenso das Gefühl, ihm Raum geben zu wollen. Ich erinnere mich an das Kampfgeschrei meiner Freundin und fühle mich wie eine Versagerin ohne Stimme.
    »Sag ihm, er soll das in Ordnung bringen, weil du dich sonst verdammt noch mal scheiden lässt und ihm sein ganzes Geld, sein Haus und seine Kinder wegnimmst«, hat eine andere Freundin zu mir gesagt. Eine, der ich mich besser nicht anvertraut hätte.
    Klar. Wozu brauche ich so einen Typen?
    Aber ich will ihn. Ich will eines Tages irgendwo an einem Strand mit ihm leben. Ich möchte mit ihm auf Safari gehen und gemeinsam mit den tollen Jobs unserer Kinder angeben, die die Welt verändern werden. Das sind Welten, die wir noch gar nicht erkundet haben. Welten.
    Ich nehme mich zusammen. Denke an meine Therapeutin und ihre mauvefarbene Couch.
    Ich muss meine Gefühle zum Ausdruck bringen. Ruhig. Ein Faktum konstatieren. Mein Gefühl. Und es dabei belassen.
    Darin übe ich mich den Rest der Fahrt über. Aber es ist wahnsinnig schwer, nicht zu sagen: Hör mal, du kannst, solange du willst, versuchen, dir einzureden, dass diese Ehe
am Ende ist. Aber es gibt so vieles, das du an mir, an uns noch nicht kennst. Und wie kannst du es überhaupt wagen, mich zum Sündenbock für deine absichtlichen Versäumnisse und falschen Karriereentscheidungen zu machen. Ich lasse das nicht auf mir sitzen. Merk dir das. Außerdem setzt du gerade alles aufs Spiel, was du hast.
    Das habe ich schon einmal zu ihm gesagt. Den letzten Satz. In dem Sommer, nachdem mein Vater gestorben war. Das fällt mir jetzt wieder ein, und der alte Schmerz beginnt in meinem Brustkorb zu pochen. In jenem Sommer hat er mich in etwa so hängen lassen wie in diesem. Außerdem fügte er der Verletzung noch eine Kränkung hinzu, wie ich sie bis dahin nicht gekannt hatte. Nie hätte ich mir vorstellen können, dass

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