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Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Titel: Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Mundson
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werde zunehmend besser darin. Weil ich mich in Bezug auf mein Glück nicht auf Kräfte von außen verlasse. Selbst wenn es mir verdammt schwerfällt. In Anbetracht so gemeiner Köder. Gemeiner Wutanfälle. Meine finden nur innerlich statt. Zumindest momentan noch. Ich schreie auch laut, aber das höre nur ich.
    Eine Woche später sage ich meiner Therapeutin, dass ich befürchte, neue Maßstäbe zu setzen, von denen wir dann nicht
mehr wegkommen. Dass er glauben wird, mit so was durchzukommen. Dass ich seinen Ärger ausbade und er sich daran gewöhnt, verbal zu explodieren, giftige Bemerkungen zu machen, Wutanfälle auszuleben.
    Daraufhin gibt sie mir eine neue Hausaufgabe. »Schreiben Sie auf, wann das Maß für Sie voll ist. Sie entscheiden, wie viel und wie lange einzustecken Sie noch bereit sind. Sie haben die Wahl. Daraus ziehen Sie Stärke.«
    Ich begebe mich in das Thai-Restaurant und bestelle mit voller Absicht unsäglich scharfes Essen – ich kann das aushalten, nicht wahr? Genauso wie ich es aushalte, seine Köder nicht zu schlucken.
    Ich hole meinen Stift heraus, der mir auch sonst immer hilft, meine Gedanken aufzuschreiben … und das Einzige, was ich zu Papier bringen kann, weil es absolut der Wahrheit entspricht, ist: »Ich werde keinerlei Gewalt über mich ergehen lassen. Und auch keine verbalen oder physischen Angriffe gegen unsere Kinder.« Mit dieser Strategie im Hinterkopf kann ich noch eine Weile mitspielen. Wir haben zwanzig Jahre gebraucht, um hierherzukommen. Da werde ich uns für sechs Monate noch eine Chance einräumen können, ohne dass meine Würde angetastet wird.

    Und es scheint, als hätte allein die Tatsache, dass ich mir einen Endpunkt vorgestellt habe, irgendwie die seelische Membran zum kollektiven »Wir« unserer Ehe durchdrungen. Weil die Dinge … sich zu ändern … beginnen.
    Er fängt wieder an, nach Hause zu kommen.
    Zum Abendessen. Um sechs.
    Er ruft an und sagt uns, wo er ist.
    Er schläft in unserem Bett.
    Er sucht in der Küche Blickkontakt zu mir.

    Er möchte an unserem geliebten Teakholztisch auf der Terrasse sitzen, deren Steine er selbst verlegt hat. Als ich aus dem Fenster schaue, sehe ich, dass er den Sonnenschirm geöffnet hat.
    Der Gemüsegarten hat uns in diesem Sommer reichen Ertrag geliefert. Ich habe die Kinder zum Ernten engagiert: Erbsen, Bohnen, Mangold, Kopfsalat, Rucola, violette Kartoffeln. Ihn schien das nicht zu kümmern. Doch jetzt sitzt er im Schatten am Tisch und isst meine selbst gekochte Gemüsesuppe. Als mein Sohn sagt: »Mir schmeckt die Suppe richtig gut«, da sagt mein Mann: »Da sind unsere Kartoffeln drin.« Unsere Kartoffeln.
    Es ist die Zeit der Olympiade, außerdem spielen die Chicago Cubs so gut. Daher sehen wir ziemlich viel fern. Und für den Moment ist das auch in Ordnung. Wir sind zusammen. Stabil. Eine Familie, die etwas gemeinsam tut, auch wenn es etwas leicht Stupides ist.
    Als ob das Fernsehen magische Kräfte hätte und sich vornähme, meine Geduld mit Hoffnung zu belohnen, passiert etwas albern Wundersames: Es ist Samstagnachmittag, und ich lese oben ein Buch, das so anders ist als dieses hier, dass es mich wieder ins Gleichgewicht bringt. Es erzählt Michelangelos Leben und führt mich zurück nach Florenz, wenn auch in das Florenz vor 500 Jahren, aber alles Zeitgenössische wäre zu hart.
    Ich bin also oben in unserem Schlafzimmer, als ich ihn unten telefonieren höre. Er benutzt diese freundliche Ichspreche-mit-einer-Frau-Stimme. Ich gebe es ja zu – ich drücke die Mithörtaste, weil ich diesmal wirklich wissen will, wer der Empfänger dieser Nettigkeiten ist.
    Es ist die Dame von DISH.
    Meine Güte. Er lässt unseren Satellitenanschluss upgraden!

    Er bleibt!
    Ich geb’s zu, jedes Mal wenn er den Rasen sprengt, beschleicht mich das Gefühl, er würde vielleicht bei uns bleiben. Aber das Fernsehen ist natürlich gleich eine ganz andere Kategorie. Rasenflächen müssen auch gepflegt aussehen, wenn man ein Haus verkaufen will. Fernsehen bringt dagegen nur den Leuten etwas, die zu Hause sind und es schauen können. Ein Großteil unseres Familienlebens findet nun mal vor der Glotze statt, ob mir das passt oder nicht. Und jetzt ein Satelliten-Upgrade? Das ist doch gleich etwas ganz anderes als Rasenpflege. Das ist so gut, als würde er sagen: Ich weiß auch nicht, was ich mir dabei gedacht habe, als ich sagte, ich würde dich nicht lieben. Dabei waren ein paar neue Sportsender alles, was mir gefehlt hat!
    Ist es denn die

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