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Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Titel: Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Mundson
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Trauer dermaßen abstoßend sein kann. Vielleicht lag es daran, dass ich meinen Vater so vergöttert hatte.
    Damals zeigte ich mich von meiner starken Seite. »Du hast eine Menge zu verlieren! Mach dir das mal klar!«, sagte ich, damals ebenfalls in meiner Reithose. Und es funktionierte. Aber tat es das wirklich? Klar, sein Verhalten hat sich geändert, aber das bedeutet ja nicht, dass sein Groll nicht weitergewachsen wäre wie ein Krebsgeschwür. Und jetzt, vier Jahre danach, stehen wir hier. Vier Jahre, in denen er sich selbst offenbar davon überzeugt hat, die falsche Frau und den falschen Job zu haben. Seine diesbezügliche Überzeugung umgibt ihn wie eine Barrikade. Ich hätte mich damals schon so wie heute verhalten sollen. Geradlinig. Ein Gefühl konstatieren. Nicht drohen. Und es dabei belassen.
    Als wir in unsere Zufahrt biegen und die Kinder immer noch schlafen, glaube ich, die richtigen Worte gefunden zu haben.
    Ich hole tief Luft. »Unser Sohn hat heute Morgen aus dem Fenster gesehen und gesagt: ›Hey, sieh mal, Daddys Wagen
steht vor der Garage.‹ Es hat mir nicht gefallen, dass das eine Überraschung war – für ihn und für mich.«
    Er lässt meine Worte kurz auf sich wirken, dann macht er eine Vollbremsung. »Verdammt netter Kommentar zum Abschluss des Tages!«, sagt er und knallt die Autotür hinter sich zu. Danach knallt er noch mit der Haustür und irgendeiner Zimmertür im Haus.
    Er schläft auch in dieser Nacht wieder auf der Veranda.
    Ich habe Mühe, überhaupt in den Schlaf zu finden.
    Was mich letztlich doch zur Ruhe kommen lässt, ist Folgendes: Er hat mich sehr wohl gehört. Und sich wie ein Kind benommen. Das weiß er auch. Ich habe nichts Falsches gesagt oder getan. Die Wahrheit hat ihn so aufgebracht. Er will selbst nicht so sein, wie er gerade ist. Sein Zorn ist echt und furchterregend, aber diese Wut ist gegen ihn selbst gerichtet. Es liegt nicht an mir.
    Und hier ist meine Überzeugung. Ich bin sogar der Meinung, dass dies der Schlüssel zu einer Beziehung ist. Zu jeder Beziehung: Wenn man jemand aus dem Weg geht, dann wird er Streit suchen und um sich schlagen, aber letztlich bleibt demjenigen nichts anderes übrig, als sich selbst und der Realität ins Gesicht zu blicken. Und zwar absolut schonungslos. Die Alternative hieße, sich in einem Leben aus lauter Lügen einzurichten oder sich dem süßen Gift des Leugnens zu ergeben.
    Im Verlauf der Ereignisse kann es allerdings ziemlich unschön werden. Bin ich stark genug, um damit umzugehen? Was, wenn es in Gewalt ausartet? Obwohl ich sagen muss, dass er mich noch nie geschlagen hat. Einmal hat er ein paar Lebensmittel nach mir geworfen. In jenem Sommer, als mein Vater starb.
    Vielleicht glaubte er damals, mir aus dem Weg gehen zu sollen. Vielleicht denkt er, Menschen wollen allein in einem
abgedunkelten Raum trauern. Vielleicht machen manche das auch. Ich jedenfalls nicht. Und Sie würden das auch wissen, wenn Sie nur eine beliebige Zeit mit mir verbracht hätten. Und erst recht nach zwanzig Jahren. Das empfand ich als ausfallend. So wie sein Verhalten heute.
    In der darauffolgenden Woche erzähle ich meiner Therapeutin von seinem Ausbruch nach unserem Ausflug.
    Sie sagt, jegliches ausfallendes Verhalten ist nur ein Köder. Damit der andere ausrastet. Dann muss man sich nicht selbst damit auseinandersetzen und keine Verantwortung übernehmen. Sieh doch nur – sie ist diejenige mit dem blauen Auge. Sie sitzt weinend in der Ecke. Sie ist diejenige, die geht. Was für ein Miststück.
    In unserem vorderen Flur im Erdgeschoss klafft ein faustgroßes Loch in der Wand, das er dort hineingeschlagen hat, als er sich über mich aufgeregt hat. Ein halbes Jahr nach dem Tod meines Vaters brüllte er: »Warum bist du immer noch so traurig!?« Er dachte, ich sollte wie ein sich selbst reinigender Backofen endlich darüber hinweg sein. Deshalb lasse ich das faustgroße Loch, wie es ist. Als Mahnung, niemals zu glauben, man sei so was wie »vom Schicksal begünstigt«.
    Ich halte mich für stark genug, seinen Wutanfall nach unserem Ausflug als Köder zu betrachten.
    Als Köder?
    Ja, genau.
    Hier ein weiteres Beispiel. (Vielleicht fallen Ihnen auch ein, zwei ein.) Wenige Tage nach unserem Ausflug über den Pass.
    Wir sind draußen auf dem See mit unserem Boot. Unsere Tochter möchte Wasserskifahren lernen. Sie befindet sich im Wasser, er sitzt am Steuer, ich auf dem Beifahrersitz daneben. Er ist der Sportler in der Familie. Er mag es nicht, wenn

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