Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks
gefangene Fische und Filmrisse und Footballprognosen gegenseitig auf die Schulter hauen. Sondern ein Tisch voller Leute mit tollen Sonnenbrillen und tadellosen Zähnen. Leute mit Babys. LWW nennt eine Freundin das: Leute wie wir. Höfliche Menschen. Männer, die aufstehen und einem die Hand schütteln. Frauen, die ihre Sonnenbrillen, so cool sie auch sein mögen, abnehmen, damit man ihnen in die Augen schauen kann.
»Hey«, sagte ich und stellte mich als seine Ehefrau vor. Dann setzte ich mich, und sie nahmen die Unterhaltung wieder auf.
Er starrte in sein Bier. Ich hatte trotz allem seine Party gesprengt. Und er mag es nicht, wenn man seine Partys sprengt.
Einer der Ehemänner sagte zu meinem: »Erzähl doch mehr davon, wie du dich mit deiner Familie in der Karibik niederlassen willst.« Dabei sprachen Ehrfurcht und Neid aus seinem Blick.
Mein Mann wehrte ab.
Ich war … die … Ruhe selbst.
»Das ist nur so eine Idee von mir«, sagte er.
»Junge, du klangst aber ziemlich entschlossen«, sagte der andere – der mit dem Neugeborenen.
Ich staunte nicht schlecht. Vielleicht war der Mann, der die ganzen Nächte dieses Sommers in der Bar verbracht hatte, jemand, der seine Träume in der Öffentlichkeit ausbreitete. Vor Fremden. Die ihn dann auch nicht unbedingt beim Wort nehmen würden. Aber vielleicht braucht er auch nur einfach andere Ohren, die seinen großen Plänen lauschen. Das könnte ich verstehen. Aber ich möchte auch einbezogen sein.
Also nominiere ich mich auf eigene Faust für sein Dream Team. Schließlich bin ich schon über die Hälfte unseres
Lebens in seine Träume eingeweiht. Bei einigen war ich an der Entstehung beteiligt. Bei anderen habe ich ihm sogar geholfen, sie wahr zu machen. »Das ist etwas, wovon wir schon immer geträumt haben«, sagte ich. »In der Karibik zu leben.«
Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um Träume Wirklichkeit werden zu lassen. Vielleicht beginnen sie, wahr zu werden, wenn wir sie laut aussprechen. In einer Bar. Vor Babys.
Gestatte ich mir tatsächlich, wieder zu träumen? Aber waren es nicht die Träume, die mich überhaupt in Schwierigkeiten gebracht haben? Kann man im Hier und Jetzt leben und trotzdem noch ein Träumer sein?
Ich muss an unser kleines Appartement in Allston denken, das mit den Küchenschaben, dem Penner und den in gewagtesten Farben gestrichenen Zimmern. Ich spüre die Energie der Jugend, die wir damals empfanden, mit all ihren Träumen.
Heute Morgen wachte ich im Bett neben meinem schlafenden Mann auf. Seine Augen rollten unter den geschlossenen Lidern hin und her, und ich fragte mich, wo er wohl gerade sein mochte. Beim Schnorcheln? Beim Hubschrauberfliegen? Oder kletterte er gerade auf den Mount Rainier, wie vor langer Zeit gemeinsam mit seinem Bruder? Ich wünschte mir, bei ihm zu sein, wo auch immer das sein mochte.
Die ganze Zeit über schaute ich sehnsüchtig auf seine Armbeuge – so offen und verfügbar neben mir. Und wie eine Opportunistin der schlimmsten Sorte kuschelte ich mich schließlich hinein. Immerhin war das seit zwanzig Jahren meine Armbeuge. Manchmal muss man sich das, was man möchte, eben klauen und wegrennen.
Er rührte sich nicht. Es fühlte sich so gut an, dort zu liegen. Ich versuchte, nicht daran zu denken, dass er mich dort vielleicht
gar nicht haben wollte. Dass er aufwachen und mich wegschieben könnte. Sind wir wirklich schon so weit? Ich weigere mich einfach, das zu glauben.
So gern ich in seinen Träumen wieder bei ihm sein möchte – während ich an seinen warmen Körper gekuschelt daliege, weiß ich, dass er sich erst einmal selbst in seinen Träumen wiederfinden muss, bevor das passieren kann. Ich muss mir seine Träume getrennt von meinen vorstellen. Wächter der Einsamkeit des anderen.
Wie ich so dalag, fiel mir eine Begebenheit der vergangenen Woche auf dem Rummel ein.
Unsere Freunde machten dort Werbung für ihre Helikopterschule, und ich schaute vorbei und sagte: »Bombardiert unser Haus im Sturzflug. Ganz im Ernst. Denn jetzt hat er diesen 300-Dollar-Gutschein, den ich ihm zum Geburtstag geschenkt habe, aber der liegt bloß rum und verstaubt. Er braucht einfach eine Inspiration.«
»Die Lehrbücher kosten genau 300 Dollar, weißt du«, sagte meine Freundin lächelnd. »Und mit den Büchern muss man anfangen …«
»Aha! Interessant. Wir werden am Samstag auf unserer Terrasse sitzen, genau um zehn Uhr, und brunchen«, ließ ich sie mit einem Augenzwinkern wissen.
Plötzlich wurde mir klar, dass
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