Ein Spiel um Macht und Liebe
zusätzlich fünftausend Pfund. Natürlich war ich nicht so dumm, Ihr ganzes Vermögen einzutragen – das hätte das Mißtrauen Ihrer Familie geweckt. Nein, ich habe mich mit der Grube, Ihrem Haus und ein bißchen Bargeld zufriedengegeben. Wenn Sie beide tot sind, bin ich der mächtigste Mann in diesem Tal.«
Er war so uneingeschränkt stolz auf seine Gerissenheit, daß Clare sich fragte, ob man das nicht gegen ihn verwenden konnte. Schon jetzt hatte sein Wunsch zu prahlen diese Szene unnötig in die Länge gezogen; ein klügerer Mann hätte sie direkt erschossen, ohne lange zu reden. Und er beging denselben Fehler, den er bei Michael mokiert hatte – er unterschätzte seine Gegner.
Sie warf Wilkins einen Blick zu, und ihre leise Hoffnung schwand sofort. Was auch immer für Schwächen Madoc hatte, Wilkins sah nicht aus, als würde er sich leicht von seiner tödlichen Aufgabe ablenken lassen. Ein panisches Entsetzen drohte sie zu überwältigen. Sie glaubte an die Unsterblichkeit, glaubte, daß ihre Seele inzwischen weit genug ausgebildet war, um nicht in der Hölle zu landen, aber auch wenn sie den Tod nicht fürchtete, wollte sie doch jetzt noch nicht sterben. Sie und Nicholas hatten sich doch eben erst gefunden!
»Danke, daß Sie meine Fragen beantwortet haben«, sagte Nicholas nun mit aufgesetzter Höflichkeit. »Ich verabscheue es, unwissend zu sterben.« Dann blickte er Michael eindringlich an.
»Du hättest schneller handeln müssen, Michael.
Jetzt hast du deine Chance verpaßt, mich umzubringen.«
Vielleicht bildete Clare es sich nur ein, aber sie hatte den Eindruck, als hätten die beiden schweigend eine Nachricht ausgetauscht. Ihr Herz setzte einen Schlag aus; obwohl Nicholas und Michael beide gefährliche Gegner waren, hatte doch keiner von beiden eine Waffe dabei. Was sollten Sie schon gegen zwei Gewehre ausrichten?
Die Erkenntnis traf sie mit brutaler Deutlichkeit.
Warum sollten die beiden darauf warten, einfach so umgelegt zu werden? Jeden Augenblick würden sie sich selbstmörderisch auf die beiden Verbrecher stürzen, denn eine schwache Chance war besser als gar keine, und es war in jedem Fall würdevoller, im Kampf zu sterben.
Ihre Gedanken begannen zu rasen. Sie waren zu dritt, die beiden anderen hatten nur Gewehre mit einem einzigen Schuß. Wenn die Waffen erst einmal abgefeuert waren, würde der Kampf Mann gegen Mann weitergehen’, und wenn es dazu kam, würde sie ihr ganzes Geld auf die beiden Gefallenen Engel setzen.
Da sie ja nur eine Frau war, kümmerten sich die beiden Bewaffneten kaum um sie. Sie stand Wilkins am nächsten; wenn sie sich auf ihn stürzte, würde er einen Moment brauchen, um die Waffe auf sie richten zu können, und die Verwirrung und das Durcheinander, das daraus folgte, konnte den beiden Männern die nötigen Zeit verschaffen, ihrerseits anzugreifen.
Madocs prahlende Stimme unterbrach ihre gehetzten Gedanken. »Sprecht eure Gebete, wenn ihr glaubt, daß es euch etwas nützt. Wilkins, du nimmst Aberdare und seine Frau. Kenyon gehört mir.«
Bevor Clare ihren eben gefaßten Plan in die Tat umsetzen konnte, sagte Nicholas: »Moment. Sie werden zwar zweifellos denken, ich sei ein sentimentaler Narr, aber ich möchte trotzdem meine Frau noch ein letztes Mal küssen.«
Madoc musterte Clare interessiert, als würde er sie zum ersten Mal sehen. »Wissen Sie, Sie haben sich wirklich zu einem heißen Mäuschen entwickelt. Es heißt ja immer, daß die Töchter von Geistlichen im Herzen wahre Schlampen sind –
und das müssen Sie ja schon sein, wenn sie die Beine für einen Zigeuner breit machen. Wilkins, knall sie noch nicht ab. Wir können uns ebensogut noch ein bißchen vergnügen, wenn wir die beiden Kerle erschossen haben.« Er nickte Nicholas zu.
»Na los, küssen Sie sie. Und machen Sie es gut, damit sie auf uns vorbereitet ist.«
Tödlicher Zorn flammte in Nicholas’ Augen auf.
Clares Herz setzte fast aus; wenn er sich jetzt sofort auf Madoc stürzte, war er erledigt. Sie biß sich auf die Lippen, um einen Aufschrei zu unterdrücken, und ihre Augen baten ihn eindringlich, noch zu warten.
Er sog schaudernd die Luft ein und schaffte es, sich zu beherrschen, dann trat er zu ihr. »Ich liebe dich, Clare. Ich hätte es dir schon eher sagen müssen«, sagte er mit leiser Stimme.
Seine Worte brachten sie so aus dem Konzept, daß ihr fast entgangen wäre, was er ihr zuflüsterte, als er sich zu ihr herunterbeugte, um sie zu küssen. »Wenn ich dich auf den Boden
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