Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)
Phillippa erröten. Aber ihr Anliegen war einfach zu wichtig, um die Unterhaltung sich einzig und allein um Mariahs Hoffnungen drehen zu lassen. »Ich hoffe sehr, dass Marcus … und natürlich auch Byrne … nicht in irgendwelchen Schwierigkeiten stecken«, bemerkte Phillippa zögerlich.
Mariah ließ den Blick durch den Salon schweifen, bevor sie Phillippa am Arm ergriff und in eine ruhige Ecke des Salons führte. »Bestimmt wissen Sie, dass Marcus und Byrne während des Krieges in der Armee gedient haben«, sagte sie, und Phillippa nickte. »Es gab immer wieder große Zeitabstände, in denen wir nichts von ihnen gehört haben. Damals hatten Graham und ich beschlossen, dass keine Nachrichten gute Nachrichten sind. Vielleicht ist Marcus wieder in seine Geheimnistuerei zurückgefallen. Und mehr nicht.«
Phillippa brauchte einen Moment, um die Worte zu verdauen. »Keine Nachrichten sind gute Nachrichten«, wiederholte sie.
»Ganz genau«, gab Mariah zurück. Ihr Lächeln wirkte aufgesetzt. »Ich bin überzeugt, dass es ihnen gut geht. Wenn Sie es aber für notwendig erachten, ihm zu schreiben oder jemanden zu schicken, der nach ihm sieht, würde ich mich mehr als glücklich schätzen, Ihnen Marcus’ Adresse zu nennen.«
»Ja«, platzte Phillippa heraus, »dann könnte ich hingehen und … ich wollte sagen, dann könnte ich einen Diener schicken, der nach ihm sieht.«
Dann läutete die Glocke zum Abendessen, und beide Frauen, deren Herzen heftig pochten, wurden in das Esszimmer begleitet.
Auch dieses Mal war es anstrengend, an einem Wohltätigkeitsdinner von Lady Worth teilzunehmen. Wenn auch aus einem ganz anderen Grund als die Male zuvor. Mariah schlug sich beachtlich, hatte sie doch in den vergangenen Wochen einige der Ratschläge Phillippas umgesetzt, wie eine Lady ihre Gäste überzeugte, statt ihnen belehrende Vorträge zu halten. Sie erwähnte Jackie, Jeff und die anderen bedürftigen Kinder lediglich ein einziges Mal, und das auch nur, weil sie gefragt wurde, wie die Kinder in der Schule zurechtkamen. Dennoch zählte Phillippa die Minuten, bis das Dinner endlich zu Ende war, sodass sie die Flucht ergreifen konnte.
Was sie auch tat, sobald die Ladys sich mit größtmöglicher Eleganz zurückgezogen hatten.
Ein Unwohlsein täuschte Philippa nicht vor, denn das würde Mariahs ausgezeichnet zubereitetes Dinner in Verruf bringen können. Ebenso wenig konnte sie vorgeben, dass sie ihr Kleid zerrissen hatte. Denn, mal ehrlich, wie oft sollte sie sich damit noch entschuldigen?
Nein, stattdessen nutzte sie den Butler, eine kleine Karte und einen Stift.
Phillippa wies den Butler an, Mariah in exakt fünf Minuten die Karte zu bringen, und widmete sich bis dahin einer Unterhaltung mit Mrs. Hurston, die endlich einmal ihren gottverdammten Turban zu Hause gelassen hatte. Obwohl Phillippa, jetzt da sie das unbedeckte Haupt der Dame betrachtete, durchaus den Nutzen einer solchen Kopfbedeckung sehen konnte. Wenn das Alter es mit sich brachte, dass das Haar dünner wurde, dann musste Mrs. Hurston mindestens hundertvierzig Jahre alt sein. Die Büschel, die es noch gab, waren so gut wie möglich onduliert und frisiert worden; aber in Zukunft, so beschloss Phillippa, wollte sie an die Kopfbedeckung einer älteren Dame nicht mehr so hohe Ansprüche stellen wie bisher.
Nach genau fünf Minuten wurde Mariah die Karte gereicht. »Oh, nein!«, rief sie entsetzt.
Alle Blicke wandten sich zu ihr. »Phillippa, meine Liebe, ich fürchte, bei Ihnen zu Hause hat sich ein Zwischenfall ereignet.«
»Bei mir zu Hause?« Rasch nahm Phillippa die Karte an sich.
»Offenkundig hat irgendein Lump versucht, durch ein Fenster in Ihr Haus einzusteigen«, teilte Mariah der neugierigen Schar mit.
»Oh, wie schrecklich!« – »Gute Güte, ist denn gar nichts mehr sicher?« – »Bestimmt diese Franzosen, kennt man doch!«, lautete das allgemeine Zeter und Mordio der aufgeregten Ladys.
»Höchstwahrscheinlich jemand, der versucht, vor der Zeit das Geheimnis des Benning-Balls zu lüften. Mariah, ich fürchte, ich muss mich entschuldigen. Ich muss mit meiner Haushälterin und mit der Polizei sprechen.«
»Ja, selbstverständlich«, erwiderte Mariah und erhob sich mit Phillippa. Sie küsste sie auf die Wange und flüsterte Phillippa ins Ohr: »Das war ziemlich raffiniert eingefädelt.«
Totty erhob sich, um sich anzuschließen, und mit ihr Nora und Lady de Regis. Doch das traf auf Phillippas Protest.
»Oh, Nora, Lady de Regis, Sie sollten
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