Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)
Teil einer albernen Scharade, nicht wahr? Nun, damit war jetzt Schluss.
Sie beobachtete, wie Byrne eine Haarnadel aufhob. Ihre Laune sank in den Keller.
»Und wem ist das da?«, fragte er und zeigte auf ihren Umhang, der direkt neben Marcus’ Hut hing.
»Mir«, antwortete Phillippa, als sie barfuß und mit wirrem Haar, aber erhobenen Hauptes das Arbeitszimmer betrat.
Sie ging an Marcus vorbei, dessen Miene wie versteinert wirkte, und reichte Byrne die Hand.
»Ich bitte um Entschuldigung, aber ich denke, wir sind uns noch nicht offiziell vorgestellt worden. Ich bin Mrs. Benning. Und Sie müssen Blue Raven sein.«
23
»Ich habe doch recht, nicht wahr?« Phillippa sprach klar und leidenschaftslos. Byrne zog die Brauen hoch und schaute Marcus an, als wollte er ihn fragen, was zu tun sei. Aber Marcus fand keine Antwort.
Phillippas Blick wich nicht von Byrne; sie streckte ihm noch immer die Hand hin und wartete.
»Ja«, erwiderte Marcus schließlich, »er ist es.«
Phillippa ließ die Hand sinken, drehte sich um und schaute Marcus an.
»Und nicht du.«
Marcus sah ihr in die Augen, er konnte kein Bedauern darin entdecken, keinen Vorwurf. »Nein, nicht ich«, bestätigte er.
Niemand sprach ein Wort; nur die Uhr auf dem Kaminsims tickte. Byrne erhob sich und verließ wortlos das Zimmer.
»Ich muss gehen«, sagte Phillippa schließlich und verschwand an Marcus vorbei ins Schlafzimmer. Er folgte ihr, beobachtete sie, als sie ihre Schuhe neben dem Bett hervorholte.
»Ich möchte dich daran erinnern, dass du auf mich zugekommen bist«, sagte er und verschränkte die Arme. »Und ich habe dir mehr als einmal gesagt, dass ich nicht derjenige bin, für den du mich hältst.«
»Das«, zischte sie, während sie in die Schuhe schlüpfte, »ist inzwischen mehr als offensichtlich.«
»Phillippa«, er näherte sich ihr und ergriff sanft ihren Arm. »So wichtig kann es doch gar nicht sein, oder?«
Aber Phillippa zerrte sich los. »Was weißt du schon, was für mich wichtig ist? Du hast mich belogen. Du hast mich benutzt.«
»Als ob deine Absichten immer rein und nobel gewesen wären«, entgegnete er.
»Ich habe dich niemals angelogen. Ich habe dich niemals in irgendeine ›alberne Scharade‹ eingebunden«, gab sie zurück, marschierte an ihm vorbei ins Arbeitszimmer und schnappte sich ihren Umhang.
»Ach, wirklich nicht? Du bist niemals mit mir über die Bond Street stolziert, hast mich niemals wie dein neuestes Hündchen präsentiert?« Marcus war ihr gefolgt und hatte sich zwischen sie und die Tür gestellt, sodass sie das Zimmer nicht verlassen konnte.
»Das gehörte zu deinem Plan, nicht zu meinem«, schoss sie zurück und reckte hochmütig das Kinn.
»Ach, du hast mir niemals nur deshalb Aufmerksamkeit gezollt, weil du deinen geliebten Broughton eifersüchtig machen wolltest?«, schnaubte Marcus. »Phillippa, sieh der Wahrheit ins Auge. Dein ganzes Leben ist nichts anderes als eine alberne Scharade.«
Er hatte es kaum ausgesprochen, als er auch schon wusste, dass er zu weit gegangen war. Er wusste es, bevor er den harten Schlag ihrer Hand auf seiner Wange spürte. Und er wusste auch, dass er diese Ohrfeige – die sie sich ja klugerweise aufgespart hatte! – reichlich verdiente. Er verdiente ihren Zorn und die Tränen, die über ihre Wangen zu rollen drohten.
»Du wirst mir nicht näher als fünfzig Meter kommen, verstanden? Und wenn wir uns auf der Straße sehen, drehst du dich um und gehst in die andere Richtung davon.« Sie zitterte vor Wut.
»Ja, das ist klar. Und wenn es nur darum geht, dich zu beschützen«, antwortete er und rieb sich die schmerzende Wange. »Trotzdem solltest du die Wahrheit erfahren, Phillippa … « Sie schüttelte den Kopf.
»Die Wahrheit ist ganz schlicht. Du hast dir unsere Abmachung unter falschen Voraussetzungen erschlichen«, wehrte sie mit wackliger Stimme ab. »Und deshalb … und deshalb ist alles falsch, was danach kam. Einfach alles.«
»Nein«, erwiderte Marcus sanft, »alles, was danach kam, ist die wahrhaftigste Sache der ganzen Welt. Weil es um uns geht.« Er ließ die Hand sinken und ergriff ihre, die immer noch nicht in ihren Handschuhen steckte – weil sie sie noch nicht gefunden hatte. »Phillippa, ich bin es. Ich bin’s nur.«
Sie zog die Hand fort. Ihr Blick flog auf sein Gesicht. »Und genau darin scheint das Problem zu liegen, Mr. Worth.«
Mit diesen Worten schlüpfte sie an ihm vorbei und zur Tür hinaus.
Marcus hatte keine Ahnung, wie lange er auf
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