Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)
Mädchen nickten süß, als Broughton vorbeikam, der ihnen natürlich keine Beachtung schenkte, so angestrengt hatte er sein Ziel im Blick. Aber Penny kicherte hinter vorgehaltener Hand und flüsterte ihrer Freundin ein paar Worte ins Ohr. Ja, Penny Sterling war jung und dumm, aber Bosheit steckte nicht in ihr. Würde die richtige Person sie unter ihre Fittiche nehmen, könnte sie sich ganz ordentlich herausmachen.
Genau das wollte Phillippa ihrer Freundin gerade erklären, als Broughton mit dem Champagner in der Hand vor ihr auftauchte.
»Miss de Regis, Sie sind aber ein richtiger Schlingel«, spottete er, »erst schicken Sie mich zum Tisch mit dem Punsch, und wenn ich zurückkehre, sind Sie verschwunden. Ich stand ganz allein da.« Träge reichte er ihr den Champagner. Als Antwort kicherte sie schüchtern.
»Ja, in der Tat, Mylord, aber wie Sie sehen, habe ich etwas gefunden, wonach Sie gesucht haben«, erwiderte Nora und zeigte nach rechts auf Phillippa.
»Mrs. Benning«, grüßte Broughton, verbeugte sich mit frecher Eleganz und bot ihr das zweite Glas an. »Ich habe schon verzweifelt nach Ihnen Ausschau gehalten. Und die Hoffnung nicht verloren, dass Sie die Quadrille mit mir tanzen würden. Aber leider ist sie nun vorbei.«
Phillippa brauchte nur den Bruchteil einer Sekunde, um den Blick über den Marquis of Broughton schweifen zu lassen. Konnte es auf dieser Welt ein attraktiveres Exemplar der männlichen Spezies geben als ihn? Seine Kleider waren von tadellosem Schnitt, das blonde Haar salopp-verwegen frisiert, aus dem kalten Glitzern in seinen blauen Augen sprach gelangweilte Berechnung, und jede seiner Bewegungen wirkte ausgesprochen lässig. Kein Mann sonst auf diesem Bankett, ach was, kein Mann in ganz London bot ein so vollkommenes Beispiel dessen, was es bedeutete, zu den besten Kreisen zu gehören.
Und er fragte nur nach Phillippa.
Wenn ihre Gedanken nur nicht ständig um jemand anderen kreisen würden.
Sie könnte doch wenigstens versuchen, Mr. Marcus Worth und dessen Ankündigung einer drohenden Gefahr zu vergessen. Nur für einen kurzen Moment. Und stattdessen Broughton genießen.
Sie trank einen kleinen Schluck Champagner, zog leicht die Braue hoch und erwiderte: »Ein Jammer, dass die Quadrille schon vorbei ist. Aber der Walzer noch nicht, soweit ich weiß.«
Er zog ebenfalls die Brauen hoch. »Nein, in der Tat, der Walzer ist noch nicht vorbei.«
»Ist das ein Walzer, der da gerade gespielt wird?«, warf Nora ein. »Du liebe Güte, dann muss ich Lord Sterling finden. Dieser Tanz gehört ihm. Ich glaube, vorhin habe ich ihn oben an der Treppe gesehen.« Mit diesen Worten und einem geheimnisvollen Lächeln drückte Nora ihr Champagnerglas Totty in die Hand und machte sich auf die Suche nach ihrem Tanzpartner.
»Nun, Mrs. Benning, wollen Sie mir die Ehre erweisen?«, fragte Broughton. In seinen Augen glitzerte die kalte Herausforderung.
»Nur zu gern«, erwiderte Phillippa und reichte ihr Glas ebenfalls an die arme Totty weiter, die sich jetzt mit drei halb gefüllten Gläsern plagen musste. Diese Herausforderung meisterte sie auf bewundernswerte Weise, indem sie eins in das andere und das dritte gleich in ihren Mund leerte.
Und Phillippa erlaubte dem Marquis of Broughton, sie aufs Parkett zu führen.
Die Musik hüllte sie ein, als sie sich in den Kreis der wirbelnden Paare einfügten. Die Menschen machten ihnen Platz. Menschen, die sich zuvor nur um sich selbst gekümmert hatten, bedachten Phillippa und Broughton jetzt mit bewundernden Blicken und verfolgten jeden ihrer Schritte.
Und die beiden tanzten wahrhaft bravourös, sie wirkten kühl und gelassen und unglaublich perfekt.
Seine Hand auf ihrem Rücken übte nur ganz leichten Druck aus. Zog sie in seinen Rhythmus und in seine Führung.
»Als ich Sie das letzte Mal so in den Armen gehalten habe, war das eine sehr … belebende Erfahrung.«
Er strich über den Stoff, der ihren Rücken bedeckte. Offenbar als Erinnerung an das Kleid, dem ein ebensolcher gefehlt hatte.
»Ach, wirklich?«, erwiderte sie. »Aber damit sagen Sie auch, dass Sie diesen Tanz nicht besonders belebend finden. Ich hoffe doch sehr, dass das nicht der Fall ist.« Obwohl sie es versuchte, wirklich ernsthaft versuchte, konnte sie es nicht lassen, die Menge nach Mr. Worth abzusuchen. Langsam wurde es spät. Er würde doch wohl noch erscheinen?
»Es ist immer anregend, mit Ihnen zu tanzen«, erwiderte Broughton lässig, »niemals würde ich etwas anderes
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