Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)
als er näher an ein Bild trat, das zwei recht … äh … recht amouröse Tiere zeigte, die entweder um ihr Leben kämpften oder irgendwie anderweitig ineinander verstrickt waren.
Das großartige Treppenhaus war das Herzstück des Raumes, in dem gegenwärtig nicht weniger als etwa zwei Dutzend Menschen damit beschäftigt waren, entweder Gepäck nach oben zu tragen oder würdevoll nach unten zu schreiten. Zu einer dieser Prozessionen nach unten gehörte eine Lady mittleren Alters mit breitem Lächeln, die Marcus sofort begrüßte, nachdem sie ihn erblickt hatte.
»Mr. Worth!« Inmitten der chaotischen Zustände, in denen Lady Hampshire sich bewegte, wirkte sie überraschend ruhig und gefasst und genoss das Durcheinander, das sie schließlich selbst ins Leben gerufen hatte.
Marcus verbeugte sich höflich vor der Gastgeberin. »Lady Hampshire. Es ist mir ein Vergnügen. Darf ich Ihnen meinen Bruder Byrne vorstellen?«
»Mr. Byrne«, erwiderte die Lady an Byrne gewandt und musterte seine Blässe, »sehr angenehm, Sie kennenzulernen. Ich habe gehört, dass Sie erst kürzlich vom Lande zurückgekehrt sind.«
»Ja, nur um festzustellen, dass mein Bruder nichts Eiligeres zu tun hat, als sich dorthin zu begeben. Danke, dass ich so kurzfristig noch eine Einladung bekommen konnte.«
Die Höflichkeiten wurden durch die Ankunft einer weiteren Kutsche unterbrochen, die weitaus prestigeträchtigere Gäste barg als Marcus und seinen Bruder. Lady Hampshire musste sich elegant entschuldigen und die Ankömmlinge begrüßen.
Die Brüder drehten sich zur Treppe, wurden aber sofort von Mrs. Tottendale aufgehalten.
»Endlich«, rief die gute Lady, »ich warte schon die ganze Zeit. Jetzt kann ich mich den Leuten im Salon anschließen.«
»Sie haben auf uns gewartet, Ma’am?«, erkundigte sich Byrne mit kalter und scharfer Stimme. Marcus konnte erkennen, dass die ungewöhnliche Begrüßung Byrnes Gespür für Gefahr geweckt hatte. Sein Körper straffte sich von Kopf bis Fuß, machte sich bereit für Kampf oder Flucht. Er schob sich zwischen seinen Bruder und Totty.
»Byrne, das ist Mrs. Tottendale, die Gesellschafterin von Mrs. Benning«, erklärte Marcus ruhig, ohne die Augen von seinem Bruder zu lassen.
»Nein, nicht Sie«, entgegnete Totty, »ich bin beauftragt, den Mädchen zu sagen, wenn der da ankommt.«
Sie wedelte mit der langen, knochigen Hand in Richtung Eingang, wo Lady Hampshire und der Marquis of Broughton fröhlich über eine Bemerkung lachten, die er gemacht hatte. Marcus musterte ihn eingehend, während er spürte, wie sein Körper sich vor Ärger anspannte. Schleimiger Idiot, dachte er, und: viel zu glänzend und poliert. Phillippa würde an ihm nichts zu tun bekommen, nichts zu arbeiten haben.
»Angesichts dessen, dass ich hier wie ein Spion in der Nacht herumstehen soll«, fuhr Totty fort, ohne sich der Wirkung ihrer Worte bewusst zu sein, »nur um meinen Lieben Bericht zu erstatten.«
»Mrs. Tottendale«, erwiderte Byrne und half seinem Bruder, der plötzlich stumm geworden war, »niemand würde es je wagen, Sie mit einem Diener zu verwechseln.« Er beugte sich über ihre Hand.
»Hmm. Oder in diesem Fall mit einem Dienstmädchen«, beendete sie den Satz für Byrne und erntete ein verkniffenes Lächeln von ihm. Totty wollte gerade gehen, als Marcus sie aufhielt.
»Mrs. Tottendale, wären Sie so gut, Mrs. Benning auszurichten, dass wir ebenfalls eingetroffen sind?«
»Nicht nötig«, entgegnete Totty, »es ist schon über eine Stunde her, dass sie Ihre Kutsche auf der Einfahrt erspäht hat.«
Es stimmte, Phillippa hatte die Familienkutsche der Worths tatsächlich erspäht, als die in die Auffahrt gebogen war. Dazu war sie in der Lage gewesen, weil sie in den vergangenen drei Stunden nichts anderes getan hatte, als mit den Ladys im Hauptsalon zu plaudern und die Unterhaltung weiterlaufen zu lassen, während ihr Blick an den großen Fensterscheiben und den langsam bis vor die Eingangstür rollenden Kutschen klebte.
Das war nicht unbeobachtet geblieben.
»Phillippa, du solltest den Blick vom Fenster losreißen«, sagte Nora, stellte ihre Teetasse ab und fügte so laut hinzu, dass alle im Zimmer es hören konnten, »der Marquis of Broughton wird gewiss bald eintreffen.«
Phillippa musste ihre Überraschung unterdrücken. Nora glaubte wirklich, dass ihr wachsames Auge die ganze Zeit nur Broughton gegolten hatte; dabei hatte sie ihn in Wahrheit beinahe schon vergessen.
Die übrigen Ladys im Zimmer ergingen
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