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Ein Staatsgeheimnis Am Rhein

Titel: Ein Staatsgeheimnis Am Rhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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Pförtner machte eine wegwerfende Handbewegung: »…schon lange nicht mehr gesehen. Die Großkopfeten haben längst abgeschnallt. Oben feiert der Troß: persönliche Referenten, Sekretärinnen und Freunde aus der Fraktion. Die haben sogar an mich gedacht. Wer weiß, wie’s die Neuen damit halten.«
    »Na, dann will ich mich mal dazugesellen«, sagte Freiberg. »Prost und guten Appetit!«
    »Danke. – Nur schnell zugegriffen. Von den Repräsentationsmitteln wird bald nichts mehr da sein. Aber die Nachfolger werden auch einen Dreh finden.« Der Pförtner lachte laut. »Ich habe solche Ministerwechsel schon einige Male erlebt. Die finden alle einen Weg, ihre Gäste und sich selbst zu bewirten.«
    Freiberg ging die läuferbedeckte Treppe hinauf. Der Gesang wurde immer lauter und die Luft immer dicker. Gleich vorn, an der geöffneten und festgekeilten Tür, welche sonst die Ministeretage sicherte, stand ein Faß Bier. Jemand drückte Freiberg eine Stange Kölsch in die Hand. »Wein und Sekt gibt’s am anderen Ende des Ganges, Fressalien reichlich im Vorzimmer vom Parlamentarischen Staatssekretär, heiße Wurst und Brötchen in der Registratur.«
    Unversehens zählte Freiberg zur ministeriellen Innenwelt, die allerdings durch den Wahlausgang ziemlich aus den Fugen geraten war.
    Aus dem kleinen Sitzungssaal plärrte ein Radiorecorder. Tische und Stühle standen zusammengeschoben in einer Ecke. Fünf oder sechs flotte Mädchen und einige vom Alkohol animierte Referenten versuchten Jitterbug und Jive. Ein Grüppchen mit Gläsern in der Hand drückte sich redend und gestikulierend in der anderen Ecke zusammen. Freiberg hörte Satzfetzen: »…der Falkenhorst eigentlich wieder aufgetaucht?…soll seine Pistole mitgenommen haben…«
    »Der letzte Getreue kämpft für seinen Minister – dabei hat der längst kapituliert«, meinte ein schnellzüngiges Fraktionsmädchen mit heller Stimme. Ihr Gesprächspartner wollte Eindruck machen und zitierte General Cambronne, der es aber gar nicht gesagt haben wollte: »Die Garde stirbt, doch sie ergibt sich nicht.«
    Freiberg trat hinzu. Mit seinem gepflegten Bärtchen und dem selbstsicheren Auftreten wirkte er wie ein jüngerer Mitarbeiter, der seine ersten Karriereschritte erfolgreich zurückgelegt hatte. Sehr dazugehörig fragte er: »Wo steckt eigentlich die Stettner?«
    Einer der Herren setzte sein Bierglas ab und sah auf. »An der Sektbar, vermute ich. Die braucht mehr Trost als wir. Chefsekretärinnen stürzen am tiefsten, wenn ihr Minister von der politischen Bühne gefegt wird. Heute feiert hier jeder sein persönliches Waterloo.«
    »Der holt sie bestimmt in die Fraktion zurück«, vermutete eine gepflegte Mitvierzigerin. »Die Stettner kann ja was!«
    »Denkste! Der wird froh sein, daß er sie los ist – jetzt, wo er doch heiratet«, wies eine Jüngere mit flinken Augen hinter der Brille diese Überlegung zurück.
    Freiberg hatte genug gehört. Betschwestern waren das alle nicht. Er hob lässig die Hand, sagte »so long« und trat auf den Gang zurück.
    »Komm, dahinten soll es echten Champagner geben. Ich glaube, wir haben ein Schlückchen verdient.« Eine kleine Mollige hängte sich an seinen Arm und sah ihn prüfend an. »Kennen wir uns eigentlich?«
    »Noch nicht im Übermaß«, antwortete er vage.
    »Na ja, egaliter. Hier herrscht Stimmung, richtig schöne Untergangsstimmung.«
    An der Sektbar standen ganze Batterien leerer Flaschen. Der Bestand an Champagner ging zur Neige. Der Rest war warm geworden und schäumte in den Gläsern wild auf.
    »Sieh an! Was für eine Überraschung!« rief Freibergs Begleiterin. »Margot Stettner steht noch senkrecht. Aber wo ist Hanne, das Küken?«
    »Das Baby kann doch nichts vertragen. Es macht mal Pause hinter Schloß und Riegel – im Ministerzimmer auf der Couch.«
    »Hallo!« grüßte Freiberg und wandte sich an Margot Stettner, nachdem seine Begleiterin sich einer anderen Gruppe zugesellt hatte. »Ich muß Sie dringend sprechen – Kriminalpolizei.«
    Die Chefsekretärin zeigte nicht die geringste Überraschung. Sie stieß mit Freiberg an, dem der Mundschenk ungefragt ein volles Glas in die Hand gedrückt hatte. »Cheerio!« Leiser fügte sie hinzu: »Gehen wir unauffällig in das Ministerbesprechungszimmer, durch die Teeküche. Ich schließe auf.«
    Freiberg – mit dem Glas in der Hand – folgte ihr nach einigen Sekunden. Es ließ sich nicht vermeiden, daß ihm etliche Partygäste einen spöttisch-verstehenden Blick

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