Ein Stiefel voll Glück - Oskar und Mathilda ; 1
bereits im Garten herumtrieb.
Die Haushälterin legte den Staubwedel, mit dem sie eben noch über die Vitrine gehuscht war, zur Seite und stellte den Staubsauger an. Dann fischte sie sich eine von Frau von Dommels exquisiten Modezeitschriften aus dem Ständer und machte es sich in einem der Sessel bequem.
»Also, das ist ja …«, murmelte Mathilda.
Sie drückte die Verandatür auf und grinste Frau Drösel breit an. Die ließ vor Schreck die Zeitschrift fallen und schoss aus dem Sessel hoch wie eine Rakete.
»Pssst!« Mathilda legte den Finger an ihre Lippen. »Kein Wort zu meiner Mutter. Okay?« Sie zwinkerte der Haushälterin zu und die entspannte sich wieder.
»Abgemacht«, sagte diese und zwinkerte heftig zurück. »Das Frühstück ist übrigens fertig.«
»Alles klar.« Mathilda huschte in den Flur hinaus und wollte gerade die Treppe hinaufhasten, da drang die erboste Stimme ihrer Mutter in ihr Ohr.
»Sagen Sie bloß! – Also, das ist ja eine Unverschämtheit! – Ja, ja, ja, ich werde natürlich umgehend nachsehen und mir ein Bild von der Sache machen.«
Ehe Mathilda in Deckung gehen konnte, kam Barbara von Dommel bereits aus dem Wohnzimmer gestürmt. »Rooonaaald!«, grölte sie, dann erst bemerkte sie ihre Tochter.
»Was machst du denn schon hier?«, fuhr sie sie an und musterte Mathilda von den zerzausten Haaren bis hinunter zu den besockten Füßen. »Noch dazu ungewaschen und in diesem Aufzug!«
»Ich bin … äh … ich habe ein bisschen Frühsport gemacht«, stotterte Mathilda. – Was ja nun weiß Gott nicht einmal gelogen war!
»Auf Strümpfen?«, empörte sich ihre Mutter. »Noch dazu auf weißen!«
»Äh …«, sagte Mathilda. Betreten blickte sie an sich herab. »Hab ich gar nicht gemerkt.«
»So, so.« Barbara von Dommel kräuselte die Lippen. Dann seufzte sie. »Darüber reden wir später. Ich muss mich jetzt erst mal um den Garten kümmern«, sagte sie und rauschte an ihrer Tochter vorbei auf den gelben Salon zu.
Mathilda flitzte hinterher. »Was ist denn mit dem Garten?«, rief sie.
»Ach, dieses Ferkel hat schon wieder Unrat über die Mauer geworfen«, erwiderte ihre Mutter. Sie drehte sich zu Mathilda um und winkte sie fort. »Und jetzt mach, dass du nach oben kommst und saubere Strümpfe anziehst.«
Doch Mathilda ließ sich nicht abwimmeln. »Über welche Mauer?«, rief sie aufgeregt. »Mama, ich will auch wissen, was passiert ist!«
Und wie sie das wollte! Vor einer Viertelstunde war Frau Seselfinks Garten noch völlig unversehrt gewesen. Kaum zu glauben, dass sich der weiße Flatterjemand noch immer hier herumtrieb und Unrat verteilte!
Barbara von Dommel schnaubte.
Sie machte ein paar energische Schritte auf ihre Tochter zu und zischte: »Frau Seselfink hat eine Bananenschale auf ihrem Rasen gefunden, und sie befürchtet nun, dass dieser unmögliche Herr Heinrichen auch unseren Garten wieder verunreinigt hat.«
»Glaub ich nicht«, sagte Mathilda.
»So? Glaubst du nicht?«, entgegnete ihre Mutter. Dann lächelte sie milde und fuhr Mathilda flüchtig mit den Fingerspitzen über die Wange. »Ach, mein armes kleines ahnungsloses Kind, sei froh, dass du noch nicht über all das Böse dort draußen in der Welt Bescheid weißt. Aber hab keine Angst, dein Vater und ich, wir werden dich beschützen.« Sie hauchte ihrer Tochter einen Kuss auf die Stirn. Plötzlich stutzte sie und verzog angewidert das Gesicht. »Hast du etwa geraucht?«, fragte sie empört.
»Was? Ich?«, rief Mathilda. »Nein!«
»Aber du stinkst zum Himmel!«, entrüstete sich ihre Mutter.
»D-das ist mein Schlafgeruch«, beeilte Mathilda sich zu erklären. »Und dazu noch der Frühsport. Ich hab mich echt angestrengt.«
»Unsinn«, erwiderte Barbara von Dommel und reckte ihr schnuppernd die Nase entgegen. »Hauch mich mal an!«, befahl sie.
»Wie du willst«, meinte Mathilda und pustete ihrer Mutter einen kräftigen Stoß Atemluft ins Gesicht.
»Herrgott noch mal!«, rief Barbara von Dommel. »Musst du denn immer gleich so übertreiben? Allerdings riechst du wirklich nach Schlaf«, stellte sie kopfschüttelnd fest. »Zumindest aus dem Mund. Ansonsten erinnert mich dein Duft eher an eine Eckkneipe.«
Zu gerne hätte Mathilda noch etwas mehr über die Bananenschalein Frau Seselfinks Garten erfahren, doch leider konnte sie ihrer Mutter dazu keine Silbe mehr entlocken.
»Du gehst jetzt schleunigst nach oben und putzt dir die Zähne!«, ordnete Frau von Dommel an. Dann verschwand sie im gelben Salon und
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