Ein stiller Waldteich: Die Erkenntnismeditation von Ajahn Chah (German Edition)
Geschmäcken, Empfindungen, Gedanken, geistigen Objekten und geistigen Faktoren zu. Was immer entsteht, untersuche es. Bemerke, ob du es magst oder nicht, ob es dir gefällt oder mißfällt, aber laß dich nicht in diese Gefühle hineinziehen. Gefallen und Mißfallen sind nur Reaktionen auf die Welt der Erscheinungen – du mußt eine tiefere Ebene wahrnehmen. Ob anfangs dann etwas als gut oder als schlecht erscheint, du wirst sehen, daß es in Wirklichkeit nur unbeständig, unbefriedigend und leer ist. Ordne alles, was erscheint, in diese drei Kategorien ein – Gutes, Schlechtes, Böses, Wunderbares, was immer es ist, leg es dort ab. Das ist der Weg des Vipassana, dadurch kommen alle Dinge zur Ruhe.
Nach kurzer Zeit werden Wissen und Erkenntnis von Unbeständigkeit, Leidhaftigkeit und Leerheit entstehen. Dies ist der Beginn wahrer Weisheit, das Herz der Meditation, die zur Befreiung führt. Folge deiner Erfahrung. Schau sie an. Strebe unentwegt. Erkenne die Wahrheit. Lerne aufzugeben, loszulassen, Frieden zu erlangen.
Sitzt du in Meditation, hast du vielleicht eigenartige Erlebnisse oder Visionen; du siehst zum Beispiel Licht, Engel oder Buddhas. Wenn du solche Dinge siehst, solltest du zuerst einmal dich selbst beobachten, um herauszufinden, in welchem Geisteszustand du dich befindest. Vergiß nicht den grundlegenden Punkt. Sei achtsam. Wünsche dir nicht, daß Visionen kommen oder nicht kommen. Wenn du solchen Erlebnissen nachrennst, wird es so mit dir enden, daß du unsinniges Zeug daherplapperst, weil der Geist die Stabilität verloren hat.
Wenn solche Dinge aufkommen, untersuche sie. Hast du sie untersucht, laß dich von ihnen nicht blenden. Du solltest bedenken, daß sie nicht du selbst sind; sie sind ebenfalls unbeständig, unbefriedigend und ohne Selbst. Nimm sie nicht ernst. Verschwinden sie nicht von selbst, so festige erneut deine Achtsamkeit, konzentriere deine Aufmerksamkeit auf die Atmung, und atme mindestens dreimal lange ein und aus – dann kannst du sie loswerden. Was immer aufkommen mag, festige immer wieder deine Achtsamkeit. Halte nichts davon für dein Selbst – alles ist nur eine Vision oder eine Konstruktion des Geistes, eine Täuschung, die dich veranlaßt, zu mögen, zu ergreifen oder zu fürchten. Laß dich nicht in solche Konstruktionen verwickeln. Alle ungewöhnlichen Erlebnisse und Visionen sind für weise Personen von Wert, doch schädlich sind sie für die, die nicht weise sind. Praktiziere weiter, bis du von solchen Erscheinungen nicht mehr aufgeregt wirst.
Wenn du auf diese Weise deinem Geist vertrauen kannst, gibt es kein Problem. Möchte er froh sein, weißt du einfach, daß diese Freude unbeständig und unstabil ist. Fürchte dich nicht vor deinen Visionen oder anderen Erlebnissen in der Praxis, lerne einfach, mit ihnen zu arbeiten. Auf diese Weise können geistige Trübungen benutzt werden, um den Geist zu schulen; und du wirst den natürlichen Zustand des Geistes kennenlernen, frei von Extremen, klar, ungebunden.
So wie ich es sehe, ist der Geist wie ein einzelner Punkt, wie das Zentrum des Universums, und Geisteszustände sind wie Besucher, die kommen, um an diesem Punkt für eine Zeit zu verweilen. Lerne diese Besucher gut kennen. Werde vertraut mit den lebhaften Bildern, die sie malen, mit den verlockenden Geschichten, die sie erzählen und mit denen sie dich verführen wollen, ihnen zu folgen. Doch gib deinen Sitz nicht auf – er ist der einzige Sitzplatz weit und breit. Wenn du ihn weiterhin ohne Unterbrechung besetzt hältst, jeden Besucher begrüßt, wenn er kommt, dich ganz in Achtsamkeit festigst, deinen Geist in den, der weiß, in den, der erwacht ist, umwandelst, so werden die Besucher schließlich nicht mehr zurückkommen. Wenn du ihnen wahre Achtsamkeit schenkst, wie viele Male können diese Besucher zurückkehren? Sprich hier mit ihnen, und du wirst jeden gut kennen. Dann wird dein Geist schließlich friedlich sein.
Gehmeditation
Übe jeden Tag Gehmeditation. Lege zu Beginn die Handflächen vor deiner Brust zusammen, und halte eine ganz leichte Spannung, die den Geist zwingt, aufmerksam zu sein. Geh in einem normalen Tempo von einem Ende des Pfades zum anderen, wobei du dir deiner selbst während des gesamten Weges bewußt bist. Halte am Ende des Pfades an und kehre um. Falls der Geist abschweift, stehe still und hole ihn zurück. Wandert der Geist weiterhin, so richte die Aufmerksamkeit auf den Atem. Kehre immer wieder zum gegenwärtigen Moment zurück.
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