Ein stiller Waldteich: Die Erkenntnismeditation von Ajahn Chah (German Edition)
setzen. Die Schriften geben dir nur ein Beispiel und können dich dazu bringen, dich selbst zu verlieren, weil sie auf Erinnerungen und Konzepten basieren. Begriffliches Denken erzeugt Illusion und Ausschmückung und kann dich zu Himmeln und Höllen führen, zu weit entfernten Bereichen der Einbildung, über die einfache Wahrheit hier genau vor dir hinaus.
Wenn du dich der Schulung unterziehst, wirst du herausfinden, daß zu Beginn physische Einsamkeit wichtig ist. Gelingt es dir, ein Leben in Zurückgezogenheit zu führen, kannst du an Sariputtas * Rat an die Mönche denken, als er von physischer Abgeschiedenheit, geistiger Abgeschiedenheit und Abgeschiedenheit von geistiger Trübung und Versuchung sprach. Er lehrte, daß physische Abgeschiedenheit die Ursache für das Entstehen geistiger Abgeschiedenheit sei und geistige Abgeschiedenheit die Ursache für das Entstehen der Abgeschiedenheit von geistiger Trübung. Wenn dein Herz ruhig ist, kannst du natürlich überall leben, doch wenn du gerade beginnst, das Dharma kennenzulernen, ist physische Abgeschiedenheit unschätzbar. Geh gleich heute los – oder an irgendeinem anderen Tag – und setz dich weit entfernt vom Dorf zur Meditation nieder. Probier es aus, allein zu bleiben. Oder geh allein auf eine Bergspitze, die dir Angst einjagt. Dann kannst du einen ersten Eindruck davon bekommen, was es wirklich heißt, nach sich selbst zu schauen.
Mach dir keine Sorgen, ob geistige Ruhe nun da ist oder nicht. Solange du praktizierst, schaffst du die richtigen Voraussetzungen und wirst in der Lage sein, Nutzen aus allem zu ziehen, was aufsteigt. Hab keine Angst, daß du keinen Erfolg haben, daß du nicht ruhig werden wirst. Wenn du aufrichtig praktizierst, wirst du im Dharma wachsen. Wer sucht, der findet, genauso wie der, der ißt, gesättig sein wird.
Laß einfach los
Tue alles mit einem Geist, der losläßt. Erwarte kein Lob oder irgendeine Belohnung. Wenn du ein wenig losläßt, wirst du nur ein wenig Frieden haben. Wenn du viel losläßt, wirst du viel Frieden haben. Wenn du vollkommen losläßt, wirst du vollkommenen Frieden und vollkommene Freiheit kennenlernen. Deine Kämpfe mit der Welt werden zu einem Ende gekommen sein.
* Sariputta oder Sariputra: einer der Hauptschüler Buddhas zu dessen Lebzeiten
V IERTER T EIL
Meditation und formale Praxis
Die Meditationsanleitungen Ajahn Chahs sind wie sein allgemeiner Lehrstil einfach und natürlich. Gewöhnlich sagt er den Leuten nur, daß sie sitzen und ihren Atem beobachten oder daß sie gehen und auf ihren Körper achten sollen. Nach einer Weile fordert er sie dann auf, damit zu beginnen, ihr Herz und ihren Geist in beiden Körperhaltungen zu erforschen, um deren Natur und charakteristische Merkmale zu erkennen. Dies ist manchmal alles, was als anfängliche Anweisung gegeben wird.
Ajahn Chah ist sorgsam darauf bedacht zu vermeiden, daß irgendwelche Übungsmethoden mit dem Dharma selbst verwechselt werden. Dharma ist das, was ist, und Dharmaübung ist jeder Weg, durch den wir die wahre Natur und die charakteristischen Merkmale unserer Welt, unseres Körpers und Geistes, dessen, was ist, klar erfassen können. Deshalb hebt Ajahn Chah keine besondere Methode hervor. Er möchte, daß die Schüler von Anfang an innere Stärke und Unabhängigkeit in der Praxis erlernen, daß sie, wenn nötig, Fragen stellen, aber daß sie sich auch auf ihre eigene Fähigkeit verlassen, den Geist zu beobachten und ihn zu verstehen, und auf ihre eigene Weisheit, ihre Erfahrung zu erhellen.
Nachdem man jedoch einige Zeit in Wat Pah Pong verbracht und allein praktiziert hat, von einigen der älteren Mönche gelernt und A ntworten auf viele Fragen sowie viele Dharmavorträge gehört hat, lernt man gewisse Feinheiten der formalen Praxis kennen. Eine Vielzahl traditioneller Waldmeditationen, wie die Rezitation des einfachen Mantras ›Buddho‹, die Friedhofsmeditationen oder die Kontemplationen über die 32 Körperteile, werden gelehrt, wenn es für bestimmte Schüler angemessen erscheint. Ansonsten wird die Meditation auf eine einfache und geradlinige Weise entwickelt.
In der Sitzpraxis, sagt Ajahn Chah, ist es am besten, im Gleichgewicht und aufrecht zu sitzen, die Beine gekreuzt oder in einer anderen Haltung, die es ermöglicht, den Rücken und Kopf gerade zu halten und frei und unbehindert zu atmen. Man sollte ganz still sitzen, es dem Körper erlauben, sein Gleichgewicht zu finden und ruhig zu werden in Vorbereitung auf die
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