Ein stiller Waldteich: Die Erkenntnismeditation von Ajahn Chah (German Edition)
Auf diese Weise Achtsamkeit zu entwickeln ist zu jeder Zeit nützlich.
Ändere die Körperhaltung nur, wenn du dich müde fühlst, und nicht, sobald du den Impuls zum Wechseln spürst. Untersuche zuerst, warum du wechseln willst – ist es physische Ermüdung, geistige Ruhelosigkeit oder Faulheit? Bemerke das Leiden des Körpers. Lerne, offen und sorgsam zu beobachten. Das Bemühen bei der Praxis ist eine Sache des Geistes, nicht des Körpers. Das bedeutet, du mußt dir fortwährend dessen bewußt sein, was im Geist geschieht, ohne Vorlieben und Abneigungen zu folgen, wenn sie auftreten. Die ganze Nacht zu sitzen oder zu gehen ist als solches noch keine energische Anstrengung, wenn man nicht auf diese Weise bewußt ist.
Wenn du von einem zuvor festgelegten Punkt zum anderen gehst, richte die Augen etwa zwei Meter vor dir auf den Boden, und wende die Aufmerksamkeit dem gegenwärtigen Gefühl des Körpers zu, oder wiederhole das Mantra ›Buddho‹. Fürchte nicht Dinge, die im Geist erscheinen, befrage sie, erkenne sie. Die Wahrheit ist mehr als Gedanken und Gefühle; glaube ihnen also nicht, und laß dich nicht von ihnen einfangen. Sieh den ganzen Prozeß entstehen und vergehen. Dieses Verständnis ruft Weisheit hervor.
Wenn Bewußtheit da ist, sollten wir ihrer zur selben Zeit gewahr sein; beides gehört zusammen wie eine Glühbirne und ihr Licht. Bist du nicht wachsam, werden Hindernisse vom Geist Besitz ergreifen – nur Konzentration kann diese durchschneiden. So wie die Gegenwart eines Diebes verhindert, daß wir nachlässig mit unserem Eigentum umgehen, so sollte die Mahnung der Hindernisse Nachlässigkeit bei unserer Konzentration verhindern.
Wer ist krank?
Im Spätfrühling des Jahres 1979 besuchte Ajahn Chah das »Insight Meditation Center« in Barre, Massachusetts. Er lehrte dort zehn Tage lang und machte jeden Nachmittag einen Spaziergang auf dem Gelände. Als er all die Schüler sah, die auf dem Rasen langsame Gehmeditation übten, bemerkte er, das Meditationszentrum gleiche einer Nervenheilanstalt für die Krankheiten des weltlichen Geistes. Immer wenn er an den Schülern vorbeiwanderte, rief er ihnen zu: »Werdet bald wieder gesund. Ich hoffe, ihr werdet bald wieder gesund.«
Da Menschen unterschiedlich reagieren, müssen wir jeweils geeignete Übungen für sie aussuchen. Körpermeditationen sind besonders geeignet für Personen mit übermäßig starken Begierden oder für Waldmönche.
Betrachte und untersuche bei der Körpermeditation den Körper. Sieh seine Teile, seine tatsächlichen Bestandteile. Beginne mit dem Kopf, den Haaren, Körperhaaren, Nägeln, Zähnen, der Haut und so weiter. Trenne sie von den anderen Körperteilen. Schäle die Haut im Geiste ab, und sieh das Innere. Willst du es? Das Sehen der wahren Beschaffenheit des Körpers kann die ersten drei Fesseln durchschneiden:
1. Die erste Fessel ist die Ansicht, der Eigentümer des Körpers zu sein, ein Selbst zu besitzen. Wir werden erkennen, daß es weder ich noch mein gibt, daß nichts auf dieser Welt uns gehört.
2. Die zweite Fessel ist skeptischer Zweifel. Die Dinge so zu erkennen, wie sie sind, macht dem Zweifel ein Ende.
3. Die dritte Fessel ist die Anhaftung an einen Pfad, der auf Riten und Ritualen basiert. Während wir noch zweifeln, kann es sein, daß wir denken: »Vielleicht ist dieser Weg nicht so gut.« Wenn wir jedoch einmal klar erkennen, was der Körper ist – daß er wie alle Dinge unbeständig, unbefriedigend und ohne Selbst ist –, wird diese Unsicherheit vergehen.
Wenn du über den Körper meditierst, brauchst du nicht all seine zweiunddreißig Teile zu untersuchen. Wenn du dich auf einen Teil konzentrierst und ihn so siehst, wie er ist – unbeständig, unbefriedigend, leer, unrein – wirst du sehen, daß der gesamte Körper und die Körper anderer ebenso beschaffen sind. Wenn du zweiunddreißig Eiswürfel hast, brauchst du nur einen zu berühren, um die Kälte aller zu kennen.
Wenn wir die Meditation über die Unreinheit des Körpers entwickeln, entwickeln wir auch die Meditation über den Tod. Es ist tatsächlich so, daß, wenn wir eines der Dharmas entwickeln, wir alle entwickeln. Wenn wir die Tatsache unseres eigenen Todes verstehen, können wir gegenüber allem Leben in dieser Welt sehr feinfühlig werden. Wir werden natürlicherweise falsches Handeln vermeiden und möchten unsere Tage weise verbringen, mit dem Gefühl der Verbundenheit mit allen Wesen.
Das Erlernen von Konzentration
Wir glauben,
Weitere Kostenlose Bücher