Ein stiller Waldteich: Die Erkenntnismeditation von Ajahn Chah (German Edition)
Willst du praktizieren oder nicht?
So wie wir Mönche uns mit unseren Vorschriften und asketischen Übungen anstrengen müssen, um die ethische Disziplin zu entwikkeln, die zur Freiheit führt, genauso müßt auch ihr Laien handeln. Wenn du in deinem Haus übst, solltest du danach streben, die grundlegenden Regeln immer mehr zu verfeinern. Bemühe dich, Körper und Rede in Ordnung zu halten. Streng dich wirklich an, übe ohne Unterbrechung. Gib nicht auf, deinen Geist zu konzentrieren, nur weil du es ein- oder zweimal versucht hast und noch nicht friedlich bist. Warum sollte es nicht eine lange Zeit dauern? Wie lange hast du deinen Geist umherwandern lassen, wie er es wollte, ohne etwas zu tun, um ihn zu kontrollieren? Wie lange hast du ihm erlaubt, dich an der Nase herumzuführen? Ist es ein Wunder, daß ein oder zwei Monate nicht ausreichen, um ihn zur Ruhe kommen zu lassen?
Natürlich, der Geist ist schwer zu schulen. Wenn ein Pferd richtig störrisch ist, füttere es eine Zeitlang nicht – es wird sich bestimmt ändern. Beginnt es, der richtigen Bahn zu folgen, füttere es ein wenig. Das Schöne unserer Lebensweise ist, daß der Geist geschult werden kann. Durch unsere eigene rechte Anstrengung können wir Weisheit erlangen.
Um das Leben eines Laien zu führen und das Dharma zu praktizieren, muß man in der Welt sein und doch über ihr stehen. Tugend, beginnend mit den fünf grundlegenden Regeln, ist höchst bedeutsam, sie ist die Mutter aller guten Dinge. Sie bildet die Grundlage dafür, daß wir den Geist von Irrtümern befreien sowie die Ursache von Erschöpfung und Aufgeregtheit beseitigen können. Mach die Tugend wirklich stark. Dann praktiziere die formale Meditation, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Manchmal wird die Meditation gut sein, manchmal nicht. Mach dir keine Sorgen deswegen, mach einfach weiter. Falls Zweifel aufkommen, erkenne bloß, daß sie, wie alles andere im Geist, unbeständig sind.
Wenn du so fortfährst, wird Konzentration entstehen. Gebrauche sie, um Weisheit zu entwickeln. Sieh, wie Zuneigung und Abneigung durch Sinneskontakt entstehen, und hafte ihnen nicht an. Sei nicht auf Ergebnisse oder schnellen Fortschritt aus. Ein Kleinkind krabbelt zuerst, lernt dann zu gehen, danach, zu rennen. Sei standhaft in deiner Tugend und übe weiter.
S ECHSTER T EIL
Fragen an den Lehrer
Eine wundervolle Gelegenheit, Unterweisungen von Ajahn Chah zu erhalten, ist, bei seiner Hütte zu sitzen und zuzuhören, wie er die Fragen der Mönche aus dem Kloster und der Laienbesucher beantwortet, die in einem unaufhörlichen Strom zu ihm kommen. Hier erlebt man die Universalität seiner Art der Praxis, denn auch wenn er an einigen Tagen vielleicht bloß die Reisernte mit einem ortsansässigen Bauern erörtert, so gleichen sich doch meistens die Fragen, die man von Asiaten und von Menschen aus dem Westen hört. Sie alle stellen Fragen über Zweifel und Ängste, über die Methoden, den Geist zur Ruhe kommen zu lassen, über die Möglichkeiten und Kämpfe, wenn man ein tugendhaftes und meditatives Leben führen will.
Im Laufe der Jahre haben ein- oder zweihundert oder mehr europäische und amerikanische Schüler ihren Weg in dieses Waldgebiet Thailands gefunden, um in Wat Pah Pong und seinen Zweigklöstern zu praktizieren. Es sind Suchende und Reisende, Ärzte und Freiwillige des Peace Corps, Alte und Junge. Einige sind gekommen, um sich ordinieren zu lassen und den Pfad des Mönches zu ihrem Lebensweg zu machen. Andere bleiben für kürzere Übungsperioden und kehren dann in den Westen zurück, um den Weg der Achtsamkeit in ihr weltliches Leben zu integrieren.
Ein Teil der Fragen, Antworten und Diskussionen mit Ajahn Chah in diesem Kapitel wurde während des Besuchs einer Gruppe westlicher Anhänger und Dharmalehrer in Wat Pah Pong aufgezeichnet.
Enthalten sind auch Teile der Fragen und Antworten, die zu einem früheren Zeitpunkt während des Regenretreats von 1970 im Kloster von Wat Pah Pong gesammelt wurden und in Living Buddhist Masters bereits veröffentlicht wurden..
Wenn du die Antworten auf die Fragen sorgfältig liest und in dich aufnimmst, wirst du herausfinden, daß jede auf eine Art der Praxis und Freiheit hinweist, die du in deinem eigenen Leben gebrauchen kannst. Jede enthält die befreienden Samen des Dharmas, und jede weist auf die Quelle wahrer Erkenntnis und wahren Verstehens hin – auf dein eigenes Herz und deinen eigenen Geist.
Fragen und Antworten
Frage:
Wie sollten wir unsere
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