Ein stiller Waldteich: Die Erkenntnismeditation von Ajahn Chah (German Edition)
Praxis beginnen? Müssen wir sie mit starkem Glauben beginnen?
Antwort: Viele Leute beginnen mit wenig Glauben und wenig Verständnis. Das ist ziemlich normal. Wir müssen alle dort beginnen, wo wir uns befinden. Wichtig ist, daß die Praktizierenden willens sind, in ihren eigenen Geist, ihre eigenen Verhältnisse zu schauen, um direkt über sich selbst zu lernen. Dann werden Glauben und Verständnis in ihren Herzen reifen.
Frage:
Ich strenge mich bei meiner Praxis sehr an, doch ich scheine nirgendwo hinzukommen.
Antwort: Versuche nicht, irgendwo hinzukommen. Es ist gerade das Verlangen, frei oder erleuchtet zu sein, das deine Freiheit verhindert. Du kannst dich so viel bemühen, wie du willst, und Tag und Nacht eifrig praktizieren, doch solange du noch das Verlangen hast, etwas erreichen zu wollen, wirst du niemals Frieden finden. Die Energie dieses Verlangens wird Zweifel und Unruhe verursachen. Egal, wie lange oder wie angestrengt du praktizierst, Weisheit kann niemals durch Verlangen entstehen. Laß einfach los. Beobachte achtsam Körper und Geist, aber versuche nicht, irgend etwas zu erreichen. Sonst wirst du, wenn du mit der Meditationspraxis beginnst und dein Herz langsam ruhig wird, sofort denken: »Habe ich schon die erste Stufe erreicht? Wie weit muß ich noch gehen?« In dem Moment wirst du alles verlieren. Es ist am besten, einfach zu beobachten, wie die Praxis sich natürlich entwickelt.
Du mußt einfach und direkt den Geschehnissen in deinem Herzen und Geist Aufmerksamkeit zollen, ohne an irgendwelche Stufen zu denken. Je mehr du beobachtest, desto klarer wirst du sehen. Wenn du lernst, vollkommen aufmerksam zu sein, brauchst du dir keine Gedanken zu machen, welche Stufe du erreicht hast. Arbeite weiter in der richtigen Weise, und die Dinge werden sich von selbst offenbaren.
Wie kann ich über die Essenz der Praxis sprechen? Vorwärtsgehen ist nicht korrekt, Rückwärtsgehen ist nicht korrekt, und Stillstehen ist auch nicht korrekt. Es gibt keine Methode, Befreiung zu messen oder einzuordnen.
Frage:
Suchen wir denn nicht nach tieferer Konzentration in unserer Praxis?
Antwort: Ruhe und Konzentration des Herzens, die aus der Sitzpraxis resultieren, sind ein wichtiges Werkzeug, das man benutzen sollte. Doch du mußt aufpassen, nicht in einem Zustand der Ruhe steckenzubleiben. Falls du dich nur in der Konzentration übst, um dich glücklich und zufrieden zu fühlen, verschwendest du deine Zeit. Die Praxis besteht darin, zu sitzen und dein Herz ruhig und konzentriert werden zu lassen, um dann diese Konzentration bei der Untersuchung der Natur von Körper und Geist anzuwenden. Wenn du nämlich ausschließlich nach der Ruhe des Geistes strebst, wird er nur für den Zeitraum der Sitzung friedvoll und frei von geistigen Trübungen sein. Das ist wie das Abdecken einer Abfallgrube mit einem Stein. Wenn du den Stein entfernst, ist die Grube noch immer verseucht und voller Abfall. Die Frage ist nicht, wie kurz oder wie lange du sitzt. Du darfst deine Konzentration nicht dazu verwenden, dich vorübergehend in einem Wonnegefühl zu verlieren, sondern um das Wesen von Körper und Geist eingehend zu untersuchen. Das ist es nämlich, was dich befreit.
Die unmittelbarste Art, Körper und Geist zu untersuchen, bezieht nicht den Gebrauch von Gedanken ein. Es gibt zwei Ebenen des Untersuchens. Die eine, voll von Gedanken und weitschweifig, hält dich auf einer oberflächlichen Wahrnehmungsebene von Erlebnissen fest. Die andere ist stilles, konzentriertes, inneres Lauschen. Echte Weisheit kann nur dann auf natürliche Weise entstehen, wenn das Herz konzentriert und ruhig ist. Zu Beginn ist Weisheit eine sehr leise Stimme, eine zarte, junge Pflanze, die gerade erst aus dem Boden hervorkommt. Wenn du dies nicht verstehst, denkst du vielleicht zuviel darüber nach und zertrampelst sie unter deinen Füßen. Wenn du sie jedoch still fühlst, ist dies der Raum, in dem du beginnst, die grundlegende Natur deines Körpers und der geistigen Vorgänge zu ahnen. Diese Sichtweise führt dazu, etwas über Veränderung, Leerheit und das Nicht-Selbst von Körper und Geist zu lernen.
Frage:
Was ist denn das Dharma, wenn wir nach nichts suchen?
Antwort: Überall, wo du hinschaust, ist das Dharma: ein Haus bauen, eine Straße entlanggehen, im Badezimmer sitzen oder hier in der Meditationshalle – all dies ist Dharma. Wenn dein Verständnis korrekt ist, gibt es nichts auf der Welt, das nicht Dharma wäre.
Du mußt allerdings
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