Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Stueck meines Herzens

Ein Stueck meines Herzens

Titel: Ein Stueck meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
Vom Netzwerk:
große Halle hinunter und sah, daß Leute am runden Fischteich in der Mitte des hohen Raumes standen, kleine Schachteln mit Keksen in der Hand hielten und auf die Fahrstühle starrten, die in die Wand eingelassen waren und Türen aus vergoldeten Spiegeln hatten. Und nach einer Weile öffnete sich die Fahrstuhltür, und ein Neger in einer weißen Kellnerjacke trat heraus, gefolgt von sechs Wildenten, die in einer Reihe hinter ihm herwatschelten. Und als der Neger zum Teich gegangen war und sich daneben gestellt hatte, gingen alle Enten ins Wasser und begannen zu schwimmen und zu quaken und die Kekse zu essen, die die Leute ihnen hinhielten, bis die Leute weggingen und kleine rote und weiße Keksschachteln, die der Neger später entfernte, zusammen mit den Enten auf der Wasseroberfläche schwammen.
    Als er sie im Chief Chisca wiedergefunden hatte, wo sie auf ihn warteten, sagte sein Vater, daß sie nie wieder trinken würden und daß der Neger die Enten jeden Tag pünktlich um sieben Uhr hinunterbrachte, pünktlich um fünf Uhr wiederkam und sich neben den Teich stellte und daß die Enten einfach herauswatschelten, in den Fahrstuhl stiegen, damit bis zum Dach hochfuhren, ausstiegen und in ihren Strohnestern saßen und warteten, bis er wiederkam. Einmal, sagte er, kam ein Mann aus Arkansas und fütterte eine Ente mit einem winzigen Zyankalikristall. Und als die Ente kurze Zeit später starb, kamen die anderen einen Monat lang nicht herunter. Der Neger fuhr immer mit dem Fahrstuhl zum Dach hoch und stand neben ihren Nestern und wartete auf sie, aber sie kamen nicht mit. Sie quakten ihm einfach etwas vor, als ob er derjenige wäre, der sie betrogen hatte. Nach einem Monat aber, in dem sie bloß den Neger angequakt hatten, den ganzen Tag in ihren Nestern gesessen hatten und fetter und fetter geworden waren, watschelten sie wieder mit, so wie immer – als der Neger nämlich in einem andersfarbigen Jackett ankam und sich neben ihre Käfige stellte. Und nach nicht allzu langer Zeit, sagte sein Vater, während er aus dem Fenster des Chief Chisca hinunter auf die Union Avenue schaute, trug der Mann wieder sein weißes Jackett, und die Enten konnten sich nicht mehr daran erinnern, daß sie geglaubt hatten, er hätte sie betrogen.

10
    »Sie erinnern mich an jemand«, sagte Robard und spuckte aus dem Fenster.
    »An wen denn?«
    »Das weiß ich nicht, an einen Filmstar, oder irgend so jemand.«
    Sie fuhren den Damm hoch, bogen ab und folgten hundert Meter weit einer zweiten Traktorspur, bis der Weg zur anderen Seite hinüberbog. Ein roter Mähdrescher war ins Feld unterhalb des Dammes eingesunken. Jemand hatte ein Tau daran festgebunden und versucht, ihn mit einem schweren Fordall-Traktor herauszuziehen, aber der Traktor war in derselben Spur eingesunken, und beide Maschinen standen nun einfach in der Sonne da. Die Pflanzen um sie herum waren geschwärzt und reihenweise umgeknickt und vertrocknete Fasern hingen an den Kapseln. Jemand hatte mit Brettern einen Weg durch den Schlamm gelegt, und die Spuren auf den Brettern zeigten, daß Leute zum Damm hinüber und wieder zurück gelaufen waren. Aber keine der Maschinen schien sich je von der Stelle gerührt zu haben, und all die Stöcke und Pappen und Holzklötze und Decken waren schließlich unter den Rädern liegengelassen und das ganze Unternehmen aufgegeben worden.
    »Warum fahren die mit ihren Maschinen in Felder rein, die so schlammig sind?« fragte er.
    Robard ließ den Pickup die dem Fluß zugewandte Seite des Dammes hinunterschwanken. »Ich denke, sie wollten es abernten.«
    »Sie hätten doch bloß hinzugucken brauchen. Warum haben die nicht einfach gesagt, wir scheißen drauf?«
    »Das hätte vielleicht ihre Phantasie überfordert«, sagte Robard nachdenklich. »Davon haben sie nämlich nicht allzuviel.«
    Der Weg verbreiterte sich und bog zurück zur Innenseite des Dammes, führte dann in nördlicher Richtung durch ein weiteres Baumwollfeld, das gepflügt und trocken war und nun bepflanzt werden sollte. Der Weg stieß vor in ein Gehölz mit Ahornen und Platanen, hinter denen er den See schimmern und das erste niedrige Gebäude des Lagers sehen konnte. Der Weg verlief jetzt ganz gerade und führte unter einem Holzschild durch, auf das in Rot  DINKLE LAKE CAMP  gemalt war und unter dem die stinkenden Überreste eines Hundes lagen.
    Sechzig Meter weiter befand sich das Lager, das in einer Krümmung dalag und aus fünf Hütten bestand, die mit ihren niedrigen grünen

Weitere Kostenlose Bücher