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Ein stuermischer Retter

Ein stuermischer Retter

Titel: Ein stuermischer Retter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gracie
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eine Ohrfeige. Wut stieg in ihm auf. Dass jemand keine Musik mochte, war ihm ohnehin schon unbegreiflich, doch deswegen ein süßes junges Mädchen zu schlagen, noch dazu eins, dem die Musik nur so zuzufliegen schien ... „Du hast mir
    einmal erzählt, dein Großvater hätte deine Flöte zerbrochen. Hat er das absichtlich getan?"
    Ihre Augen wurden dunkler. „Ja. Es war ein schrecklicher Tag."
    „Das kann ich mir vorstellen. Es muss schlimm für dich gewesen sein."
    Sie zögerte, dann warf sie ihm einen verschämten Blick zu. „Mehr als schlimm.
    Meine Zwillingsschwester Hope wurde geschlagen, und es war meine Schuld."
    „Erzähl mir davon."
    „Ich spielte Flöte - mein Großvater hatte Musik verboten, wusste aber nicht, dass ich ein solches Instrument besaß. Eines Tages beobachtete er mich aus dem Fenster und sah, wo ich die Flöte versteckte. Er kam nach draußen, um mich zu suchen - und fand stattdessen Hope. Unglücklicherweise hatte sie das Band abgenommen, und so wusste er nicht, welchen Zwilling er vor sich hatte."
    „Wie meinst du das, sie hatte ihr Band abgenommen?"
    „Hope ist Linkshänderin. Großvater band ihr die linke Hand stets hinter den Rücken, damit sie sie nicht benutzte. Aber Hope war schon immer viel aufsässiger als ich. Manchmal überredete sie die Bediensten dazu, das Band durchzuschneiden."
    Sie sagte das so nüchtern, dass es ihn erschreckte. „Großer Gott! Er muss ja ein völliger Unmensch gewesen sein!"
    „Ja, er war ein schrecklicher Mann. Jedenfalls erwischte er Hope - und verwechselte sie mit mir. Er fand die Flöte, zerbrach sie und schlug Hope." Faith nagte an ihrer Lippe. „Ich habe erst hinterher davon erfahren."
    Nick lenkte sein Pferd dichter neben ihres und griff nach ihrer Hand. „Arme kleine Mädchen. Arme kleine Zwillingsschwester. Sie hat das absichtlich getan, nicht wahr? Um dich zu schützen."
    Faith nickte. „Sie hat ständig versucht, mich vor ihm zu schützen", bestätigte sie heiser. „Sie ist sehr mutig, meine Zwillingsschwester."
    „Sehr mutig und etwas ganz Besonderes, genau wie du." Er hob ihre linke Hand und küsste sie zärtlich. Als Faith ihn ansah, schimmerten ihre Augen vor lauter ungeweinten Tränen.
    Er überlegte, wie er sie aufmuntern, wie er sie trösten konnte. Sie hatte gesagt, sie wolle nicht mehr an die Vergangenheit denken. Jetzt verstand er sehr gut, warum. „Das alles ist jetzt jedoch Vergangenheit. Wir leben in der Gegenwart, schon vergessen?", sagte er sanft. „War Hope nicht auch die Schwester, die dich gelehrt hat, das Glück der Stunde zu genießen?"
    Faith nickte stumm.
    „Ich denke mir auch Melodien aus", gestand er zögernd.
    „Du?" Sie sah ihn verwundert an. „Aber natürlich! Ich hatte vorübergehend ganz vergessen, dass du Gitarre spielst. So viel ist inzwischen passiert - du bist gar nicht mehr zum Spielen gekommen!"
    Er zuckte die Achseln. „Das stimmt, aber dafür hatte ich ja kaum die Zeit." Er warf ihr einen Seitenblick zu. „Aber jetzt wäre es eine hervorragende Gelegenheit. Stevens, meine Gitarre, bitte!"
    Stevens zog die Gitarre vom Packpferd. Nick verknotete lose die Zügel ihrer beiden Pferde, legte sie seinem Hengst über den Widerrist und begann, die Gitarre zu stimmen. Sein Pferd trottete ungerührt weiter, es war solche Vorkommnisse offensichtlich gewohnt. Nick entschied sich für eine spanische Weise, und während er spielte, merkte er, wie die Anspannung von Faith abfiel und sie sich immer mehr der Musik hingab.
    „Das ist wunderschön", rief sie aus.
    „Spielen Sie dazu auf Ihrer Flöte, Miss", forderte Stevens sie auf. Sie sah Nick fragend an.
    „Je mehr, desto besser", stimmte er zu.
    Faith zog ihre Flöte hervor und fing an, ihn zu begleiten. Anfangs noch etwas zögernd, denn sie kannte die Melodie nicht, die er spielte, doch schon bald war sie ihr vertraut. Sie wurde immer mutiger und improvisierte schließlich eine heitere Variante zu dem langsamen und eher melancholischen Lied. Nach und nach steigerten sich sowohl Tempo als auch Stimmung des Stücks.
    „Das war großartig, Miss", lobte Stevens. „Und jetzt ein Lied, zu dem Mac und ich singen können."
    Faith sah überrascht zu dem mürrischen Schotten hinüber.
    „O, er kann durchaus singen, wenn ihm danach zumute ist", bestätigte Stevens. „Er spielt auch Musik - wenn man das denn Musik nennen kann, was er auf seinem Dudelsack hervorbringt. Wir haben sogar ein solches Instrument bei uns." Er zeigte auf ein Bündel, das das

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