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Ein süßer Sommer

Ein süßer Sommer

Titel: Ein süßer Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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betrachtet kommt es mir wie das Paradebeispiel meiner Irrtümer und der daraus resultierenden Katastrophe vor. Die Seniorchefin schaute von Zeit zu Zeit rein, um sich zu erkundigen, ob ich noch einen Kaffee oder vielleicht sonst etwas aus der Kantine haben möchte. Und um sich zu überzeugen, dass ich fieberhaft arbeitete. Ein paar Mal fragte sie auch, wie weit ich denn schon sei. Nachdem ich um die Mittagszeit einen weiteren, vergeblichen Versuch unternommen hatte, Candy in meiner Wohnung zu erreichen, blieb Frau Mader zur Sicherheit bei mir und schaute mir auf die Finger. Dank der Masse Papier, die sie mir hingelegt hatte, stand bereits fest, dass ein paar Systemdateien und Arbeitsprogramme in den letzten beiden Wochen beträchtlich an Umfang zugelegt hatten. Ich startete ein Programm nach dem anderen und schloss es wieder, um Gewissheit zu erhalten und Herrn Grippekoven zu informieren, dass er für diese Sache einen Computerfachmann brauchte – bis Frau Mader ganz aufgeregt sagte:
    «Sehen Sie? Sehen Sie? Jetzt hat er es wieder gemacht.»
    «Er kann nichts machen», erklärte ich etwas gönnerhaft und in der Annahme, eine auf diesem Gebiet völlig unbedarfte alte Frau vor mir zu haben.
    «Er ist eine Maschine und führt nur Befehle aus, die der Mensch eingibt.»
    «Das weiß ich auch», sagte Frau Mader.
    «Ich habe Herrn Bastich aus der Fertigung gemeint. Seit wir vernetzt sind, kann ja hier jeder tun, was er will.» Nachdem der Anfang gemacht war, redete sie ähnlich wasserfallartig wie Candy. Aus den Lebensläufen der Belegschaft sei das ja nicht hervorgegangen, meinte sie, dafür sei Herr Grippekoven viel zu diskret. Er könne sich auch nicht vorstellen, dass ein Mann in so verantwortungsvoller Position wie Herr Bastich, immerhin ein Abteilungsleiter, einer Affäre wegen der Firma schade und seine Stellung riskiere. Im Fall eines Beweises hätte es ja die fristlose Kündigung zur Folge. Aber zweifellos hatte Herr Bastich die Bestellungen und Auftragsbestätigungen gefälscht, um Fräulein Gudrun in Misskredit zu bringen und ihre Kündigung herbeizuführen. Es stand nämlich fest, dass Herr Bastich und Fräulein Gudrun ein Verhältnis gehabt hatten. Frau Möller aus der Buchhaltung hatte die beiden einmal gemeinsam aus der Damentoilette kommen sehen. Und was sollten sie da gemacht haben, wenn nicht – nicht wahr? Nun war aber Herr Bastich verheiratet. Fräulein Gudrun war ledig und hatte wohl zu Anfang gedacht, er ließe sich scheiden, woran Herr Bastich im Traum nicht dachte. Daraufhin hatte Fräulein Gudrun sich ihm höchstwahrscheinlich verweigert. Und danach war es mit diesen Schadensfällen losgegangen – bis hin zu der kostenträchtigen Südafrika-Lieferung, fünftausend Kugellager, von denen viertausendneunhundertfünfzig wieder zurückgenommen und gelagert werden mussten. Bestellungen und Auftragsbestätigungen konnte Herr Bastich seitdem nicht mehr manipulieren. Frau Mader hatte dafür gesorgt, dass nun alles doppelt und dreifach kontrolliert wurde. Und nun machte Herr Bastich das eben mit den Computern.
    «Ich glaube nicht, dass Herr Bastich etwas macht», sagte ich.
    «Es ist ein Computervirus.»
    «Nein», widersprach Frau Mader,«es sind mehrere. Und die muss ja jemand schreiben und einschmuggeln. Eins habe ich schon entfernt.»
    «Sie?» Wie sie da neben mir stand mit ihrem Dutt und dem zerknitterten Gesicht, dachte ich, ich hätte mich verhört.
    «Ja», sagte Frau Mader schlicht und machte bescheiden einen Abstrich.
    «Es war nichts Gravierendes, nur ein Smiley, Sie wissen schon, dieses grinsende Gesicht, ein Scherz sozusagen. Es erschien letzten Freitag in der Buchhaltung, immer dann, wenn Frau Möller ein bestimmtes Konto öffnen wollte. Und so etwas hatten wir schon einmal. Da wusste ich, was ich zu tun hatte. Bei diesen anderen Biestern bin ich mir jedoch nicht so sicher. Und ich möchte nicht den gesamten Betrieb lahm legen.»
    «Ich auch nicht», sagte ich.
    «Das Beste wird sein, Sie rufen einen Fachmann her.» Dann hätte ich bei Hamacher vielleicht noch ein oder zwei freie Tage herausschinden und Candy im Auge behalten können.
    «Ach was», widersprach Frau Mader.
    «Ehe so einer Zeit findet, geht hier nichts mehr. Sie schaffen das, ich werde Ihnen Hilfestellung geben. Ich habe ja so meine Vermutungen.» Und sie war die Seniorchefin – Widerspruch war zwecklos. Ehe ich mich versah, hatte sie an mir vorbeigegriffen. Ihre Finger huschten wieselflink über die Tastatur und arbeiteten

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