Ein süßer Sommer
anderes Thema mehr gehabt als Mamis Herz. Aber da war offenbar alles gesagt. Sie überlegte lieber, was wir samstags und sonntags kochen könnten. Und mehr als ein paar Küsse auf der Couch waren auch an dem Abend für mich nicht drin. Samstags schliefen wir etwas länger, sie im Wohnzimmer, ich in meinem Bett. Nach dem Frühstück gingen wir unter die Dusche, getrennt natürlich. Nachdem wir gemeinsam Ordnung in der Wohnung geschaffen hatten, machten wir Einkäufe, nur frische Lebensmittel. Als die verstaut waren, wollte Candy einen Stadtbummel machen, der sich bis zum Abend zog. Ich durfte den Arm um ihre Schultern legen, zur Abwechslung auch mal Händchen halten. Der Sonntag war nicht anders. Montags verließ ich um halb acht die Wohnung. Ich hatte noch etliche Tage in der Firma Mader zu tun. Mit einem Verdacht allein war es ja nicht abgetan, er musste auch bewiesen werden. Wie Candy diese Tage verbrachte, weiß ich nicht. Wahrscheinlich räumte sie auf, wenn ich aus der Wohnung war, telefonierte auch hin und wieder mit Mami. Meiner späteren Telefonrechnung nach zu urteilen, müssen es längere Gespräche gewesen sein. Danach war sie dann vermutlich unterwegs. Bekleidet mit einer von ihren ausgebleichten Jeans und einem T-Shirt. Und die Jacke nicht zu vergessen – mit den geräumigen Aufsatztaschen, in denen sich alles verstauen ließ, was man so brauchte. Papiertücher, Lippenstifte, Deoroller, Pfefferminzbonbons, Kleingeld und einiges mehr. Wir haben später ausgiebig über alles gesprochen, nicht ich mit ihr, Hamacher mit mir. Über all die Irrtümer und Versäumnisse, Hilfsbereitschaft und Lügen und die Fitzelchen Wahrheit dazwischen. Hamacher räumte ein, dass er mir gegenüber nicht sofort mit offenen Karten gespielt hatte, doch das beruhte auf Gegenseitigkeit. Ich hatte ihn ja auch beschwindelt. Da Hamacher nicht erfuhr, wo ich mir die Informationen über Gerswein beschafft hatte, meinte er, so hätte der Herr Ministerialrat Candy wohl zum ersten Mal gesehen, in Jeans, T-Shirt, Jacke und Sportschuhen. Vielleicht sogar mit Rucksack. Möglicherweise in Bonn, vielleicht auch irgendwo an der Strecke – als harmlose Anhalterin. Holger Gerswein bewohnte mit seiner Frau eine große Villa in Köln-Marienburg, das Elternhaus der werten Gattin. Und er fuhr von Montag bis Freitag jeden Morgen und jeden Abend zwischen der Villa und seinem Arbeitsplatz hin und her. Meist über Landstraßen, ohne Chauffeur, ohne Personenschutz, so wichtig war er wohl wirklich nicht. Aber vielleicht hatte er auch freiwillig darauf verzichtet. Mit Fahrer oder Leibgarde hätte er keine Anhalterinnen auflesen können. Zwei seiner Gespielinnen aus früheren Jahren hatte er auf die Weise kennen gelernt. Das wusste Hamacher, einer seiner Außendienstler hatte die Mädchen schließlich ausspioniert, daher war seine Vermutung nahe liegend. Doch das möchte ich ausschließen. Zum einen wusste Candy doch gar nicht, welchen Weg er fuhr. Und selbst wenn, es wäre viel zu unsicher gewesen, ihr Glück an einer Landstraße zu probieren. Mit einem zwanzig Jahre alten Foto, ohne genaue Kenntnis, welchen Wagen Gerswein heute fuhr und ob er allein unterwegs war. Wie leicht hätte sie ins falsche Auto steigen können! Ich glaube auch nicht, dass sie ihm in der Nähe der Wohnung mit Rheinblick aufgelauert hat. Sie war bestimmt einmal dort und hat sich das Haus von außen angeschaut. Vielleicht hat sie sogar eine Weile gewartet. Nur kam er nicht täglich dahin. Von der Zugehfrau, die in seinem Liebesnest für Ordnung und Sauberkeit sorgte, hörte Hamacher später, Gerswein wäre zwei-, dreimal die Woche in dieser Wohnung gewesen. Ob allein, um welche Zeit und wie lange er sich aufgehalten hatte, wusste die Zugehfrau nicht. Und warum hätte Candy vor diesem Wohnkomplex ihre Zeit verschwenden sollen, um – wenn Gerswein sich einmal blicken ließ – ganz zufällig bei der Eingangstür mit ihm zusammenzustoßen, wo sie von mir eine Telefonnummer bekommen hatte? Und zwar nicht irgendeine. Es war die Direktwahl zu seinem Büro, was ich nicht wusste. Normalerweise gingen sämtliche Gespräche für ihn bei einem Sekretär ein, der nur durchstellte, was ihm wichtig erschien. Mit der Nummer, die ich aus Tamaras Computer gefischt hatte, landete man direkt bei ihm. Ob Candy mich belogen hat, was die erste Kontaktaufnahme betrifft, weiß ich auch nicht. Es ist anzunehmen, dass sie damit nicht viel Zeit verloren hat. Aber am Montagabend erzählte sie mir, sie habe
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