Ein süßer Traum (German Edition)
hast mein Leben ruiniert. Wenn ich dich nicht gehabt hätte, wäre mein Leben … Du bist mein Fluch, mein Klotz am Bein …
Sylvia stieß einen Schrei aus, schob ihre Mutter weg und richtete sich auf. Sie sah ihren Brief in Phyllidas Hand, schnappte ihn und stand auf. »Jetzt hör zu, Mutter, aber sag nichts, sag nichts,
bitte
. Es ist nicht fair, dass er mir das ganze Geld gegeben hat. Ich gebe dir die Hälfte ab. Ich lasse es den Anwalt regeln.« Und sie hielt sich die Ohren zu und rannte aus dem Zimmer.
Sylvia informierte die Anwälte, nachdem sie sich mit Andrew beraten hatte, und alles wurde arrangiert. Weil sie Phyllida die Hälfte gab, wurde aus einer stattlichen Erbschaft eine brauchbare Summe, genug, um ein ordentliches Haus zu kaufen, Versicherungen – Sicherheit. Andrew sagte ihr, sie solle sich finanziell beraten lassen.
Plötzlich waren nur noch für einen Gebühren zu bezahlen – für Andrew. Frances beschloss, dass sie das nächste Mal zusagen würde, wenn man ihr eine gute Rolle anbot.
Wieder klopfte Wilhelm an die Küchentür, aber diesmal strahlte Dr. Stein und war so verlegen wie ein kleiner Junge. Wieder war es Sonntagabend, und Frances und die beiden jungen Männer gaben eine Familienszene beim Abendessen ab.
»Ich habe eine Neuigkeit«, sagte Wilhelm zu Frances. »Colin und ich haben eine Neuigkeit.« Er zog einen Brief hervor und wedelte damit in der Luft. »Colin, lesen Sie ihn doch vor … nein? Dann mache ich’s.«
Und er las einen Brief von einem renommierten Verlag vor, in dem stand, dass man Colins Roman
Der Stiefsohn
bald veröffentlichen werde und dass man sich davon Großes verspreche.
Küsse, Umarmungen, Glückwünsche, und Colin war sprachlos vor Freude. Im Grunde war der Brief zu erwarten gewesen. Wilhelm hatte zwei frühere Versuche von Colin gelesen und verrissen, aber diesen hatte er gutgeheißen und einen Verleger dafür gefunden – einen Freund. Colins Lehrzeit in Geduld und Hartnäckigkeit war vorbei. Während die Menschen durcheinanderredeten, sich küssten und umarmten, hüpfte und bellte der Winzling von einem Hund und kläffte ekstatisch, weil er unbedingt dabei sein wollte. Dann sprang er auf Colins Schulter und blieb dort stehen, während seine Feder von einem Schwanz wie ein Scheibenwischer über Colins Gesicht fuhr und seine Brille bedrohte.
»Vicious, runter«, schimpfte Colin, und Tränen und Gelächter würgten ihn, weil alles so absurd war. Schließlich sprang er auf und schrie: »Vicious, Vicious …«, und stürmte mit dem kleinen Hund in den Armen die Treppe hinauf.
»Wunderbar«, sagte Wilhelm Stein, »wunderbar«, und nachdem er die Luft über Frances’ Hand geküsst hatte, ging er lächelnd hinauf zu Julia, die eine Weile dasaß und schwieg, nachdem ihr Freund ihr von der Neuigkeit erzählt hatte, und dann sagte: »Also habe ich mich geirrt. Ich habe mich gründlich geirrt.« Und weil Wilhelm wusste, wie sehr Julia es hasste, im Irrtum zu sein, wandte er sich ab, um die Tränen der Selbstkritik in ihren Augen nicht sehen zu müssen. Er schenkte zwei Gläser Madeira ein, ließ sich Zeit dabei und sagte: »Er hat ein beträchtliches Talent, Julia. Aber was wichtiger ist, er weiß, wie man dranbleibt.«
»Dann muss ich mich bei ihm entschuldigen, denn ich war nicht nett.«
»Vielleicht kommst du ja morgen mit mir ins Cosmo? Ein kleiner Spaziergang, Julia, würde dir nicht schaden.«
Und so entschuldigte sich Julia bei Colin, der sich angesichts ihrer offensichtlichen emotionalen Auflösung Zeit nahm und Mühe gab, sie zu beruhigen. Dann ging Julia, bei Wilhelm untergehakt, langsam den Hügel hinunter zum Cosmo, wo er sie mit Kuchen und Komplimenten umwarb, während um sie herum die Flammen der politischen Debatten leckten und schwelten.
Nachdem Frances
Der Stiefsohn
gelesen hatte, gab sie das Buch Andrew, der bemerkte: »Interessant. Sehr interessant.«
Vor Jahren hatte Frances dasitzen und zuhören müssen, wie Colin sie und seinen Vater wütend und gnadenlos kritisierte, sodass sie das Gefühl hatte, unter Lavaströmen zusammenzuschrumpfen. Dies war ein Destillat all diesen Zorns. Es war die Geschichte eines kleinen Jungen, dessen Mutter einen Scharlatan geheiratet hat, einen Halunken mit einer Zauberzunge, der seine Verbrechen hinter Schleiern aus überzeugenden Worten verbarg, die alle möglichen Paradiese versprachen. Entweder behandelte er den kleinen Jungen schlecht, oder er ignorierte ihn. Immer, wenn das Kind dachte, dass
Weitere Kostenlose Bücher