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Ein süßer Traum (German Edition)

Ein süßer Traum (German Edition)

Titel: Ein süßer Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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bitte um Ihre Erlaubnis, Julia einen Hund zu schenken. Nein, nein, nicht so ein großes Kalb, einen kleinen Hund. Dann muss sie mit ihm spazieren gehen und sich um ihn kümmern.«
    Noch einmal sagten ihm die drei Gesichter, dass er nie erfahren würde, was sie wirklich dachten.
    Glaubte der alte Mann wirklich, dass ein kleiner Hund den leeren Platz in Julia füllen würde? Ein Tauschhandel: ein kleiner Hund gegen Sylvia!
    »Natürlich, schenken Sie ihr ruhig einen Hund«, sagte Frances, »wenn Sie glauben, dass ihr das gefällt.«
    Und jetzt sagte Wilhelm, der gerade zugegeben hatte, dass er über achtzig war, was sie nie geglaubt hätten: »Es ist nicht die Frage, ob ich glaube, dass etwas gut für sie wäre. Ich muss Ihnen sagen … Ich bin mit meinem Latein am Ende.« Der Ernst, die tadellosen Manieren, sein ganzer Stil fielen in sich zusammen, und sie sahen einen geschlagenen alten Mann vor sich, dem die Tränen in den Bart liefen. »Es ist sicher kein Geheimnis für Sie, dass ich Julia sehr gern habe. Es ist schlimm, zu sehen, wie sie … wie sie …« Und er ging hinaus. »Entschuldigen Sie, Sie müssen entschuldigen.«
    Frances murmelte: »Und wer sagt zuerst: Ich kümmere mich nicht um den Hund?«
    Wilhelm erschien mit einem winzigen Terrier, den er schon Stuckschel getauft hatte – einem Winzling –, und zum Spaß hatte er ihm ein blaues Band um den Hals gebunden. Julias unmittelbare Reaktion war, zurückzuweichen, als er um ihre Röcke herum kläffte, und als sie dann sah, wie sehr ihr alter Freund sich wünschte, dass sie den Hund mochte, zwang sie sich, ihn zu tätscheln, und versuchte ihn zu beruhigen. Ihre Vorstellung war gut, und Wilhelm glaubte, dass sie vielleicht anfangen würde, das Tierchen zu mögen. Aber als er gegangen war und sie sich um Futter für den Hund kümmern musste, um das Gassigehen, saß sie zitternd auf ihrem Stuhl und dachte: Er ist mein bester Freund, und er weiß so wenig über mich, dass er glaubt, ich will einen Hund.
    Die nächsten Tage waren unangenehm: Futter für den Hund, Häufchen auf ihrem Fußboden, Gerüche und die unruhige kleine Kreatur, die kläffte und Julia zum Weinen brachte.
Wie konnte er nur?
Als Wilhelm kam, um zu sehen, wie sie zurechtkam, war sie so angestrengt nett zu ihm, dass er sah, was für einen schlimmen Fehler er gemacht hatte.
    »Aber, meine Liebe, es wäre gut für dich, wenn du mit ihm spazieren gingst. Wie hast du ihn genannt? Stress! Verstehe.« Und er ging weg und war verletzt, sodass sie sich nun auch um ihn Sorgen machen musste.
    Stress, der wusste, dass seine Herrin ihn hasste, fand schließlich zu Colin, der das Tierchen mochte, weil es ihn zum Lachen brachte. Aus Stress wurde Vicious, weil es so absurd war, wie dieses winzige Ding knurrte und sich verteidigte und mit seinem Kiefer schnappte, der so groß war wie Julias Zuckerzange. Seine Pfoten waren wie Wattebäusche, seine Augen wie kleine schwarze Papayasamen und sein Schwanz wie eine Locke aus silbriger Seide. Vicious ging jetzt mit Colin überallhin, und so tat der Hund, der Julia hatte gut tun sollen, schließlich Colin gut. Er hatte keine Freunde, unternahm einsame Spaziergänge in Hampstead Heath und trank zu viel. Nicht ernstlich, aber so, dass Frances ihm sagte, sie mache sich Sorgen. Er brauste auf: »Ich mag das nicht, wenn man mir nachspioniert.« Das wirkliche Problem war, dass er es hasste, von Julia und seiner Mutter abhängig zu sein. Er hatte zwei Romane geschrieben, von denen er wusste, dass sie nicht gut waren, und arbeitete an einem dritten, mit Wilhelm Stein als Mentor. Er freute sich, dass Andrew in den Zustand der Abhängigkeit zurückgekehrt war. Als Andrew alle Prüfungen bestanden hatte, war er von zu Hause ausgezogen und hatte sich mit einer Gruppe von Anwälten niederlassen wollen, hatte aber dann entschieden, sich auf Internationales Recht zu spezialisieren. So kam er nach Hause zurück und besuchte in Oxford, Brasenose, einen zweijährigen Kurs.
    Sylvia war jetzt angehende Ärztin, viel jünger als die meisten, und arbeitete entsprechend hart. Wenn sie überhaupt nach Hause kam, ging sie in einer Trance der Erschöpfung die Treppe hinauf und sah nichts und niemanden; in Gedanken war sie schon im Bett. Sie schlief manchmal rund um die Uhr, badete dann und war fort. Oft begrüßte sie Julia nicht einmal, von einem Gutenachtkuss ganz zu schweigen.
    Aber da war noch etwas. Sylvias Vater, der richtige, Genosse Alan Johnson, war gestorben und hatte ihr eine

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