Ein süßer Traum (German Edition)
einmal eine schwere Vase, die ihr den kleinen Finger brach –, Tränen, die Bitten um Verzeihung: Was konnte der kultivierte und ironische Andrew Sophie bieten, die das alles wirklich vermissen würde … Aber vielleicht irre ich mich, ermahnte Frances sich selbst. Ich sehe viel zu gerne schon das Ende einer Geschichte, bevor sie überhaupt angefangen hat.
Jetzt sprach Julia: »Andrew, es wäre nicht gut, wenn du sie bittest, ihre Arbeit aufzugeben.«
»Ich habe nicht vor, das zu tun, Großmutter.«
»Und du wirst so weit weg sein.«
»Wir schaffen das irgendwie«, sagte er und stand auf, um Rosemary die Tür zu öffnen, die die Suppe brachte.
Man kam überein, den Champagner nicht zu öffnen. Sie aßen die Suppe. Der nächste Gang wurde verschoben, aber Rosemary sagte, das Essen werde verkochen, also trug sie es auf, während Andrew auf die Türglocke und das Telefon lauschte. Endlich klingelte das Telefon, und Andrew ging in einen anderen Teil der Wohnung, um mit Sophie zu sprechen.
Die beiden Frauen blieben sitzen, und düstere Vorahnungen vereinten sie.
Julia sagte: »Vielleicht ist Sophie eine junge Frau, die es braucht, unglücklich zu sein.«
»Aber ich hoffe, Andrew nicht.«
»Und dann ist da noch die Kinderfrage.«
»Enkelkinder, Julia.« Frances sagte das leichthin und wusste nicht, dass Julia lächelte, weil sie in diesem Moment frisch gewaschene Babyhaare riechen konnte, und dass ganz in ihrer Nähe der Geist von – von wem? – zu sein schien, von einem kleinen Geschöpf, einem Mädchen vielleicht.
»Ja«, sagte Julia. »Enkelkinder. Für mich ist Andrew jemand, der sicher gerne Kinder hätte.«
Andrew hörte das, als er zurückkam. »Allerdings, sehr gerne. Also, Sophie lässt sich entschuldigen. Sie ist … aufgehalten worden.« Er war den Tränen nahe.
»Hat er sie eingeschlossen?«, fragte seine Mutter.
»Er übt – Druck aus«, sagte er.
Das war schrecklich, schlimmer konnte es nicht sein, und sie wussten es.
»Ich kann mir nicht vorstellen, wie es ohne Sophie gehen soll. Sie war so …« Andrews Stimme klang gebrochen, als würde er eine Abschiedsrede halten. Und dann kam der Zusammenbruch. Er stürzte aus dem Zimmer.
»Das wird nichts«, sagte Frances.
»Ich hoffe nicht.«
»Wir gehen lieber nach Hause.«
»Warte, bis er zurückkommt.«
Es dauerte eine gute halbe Stunde, bis er wieder erschien. Inzwischen luden die jungen Leute in dem Zimmer hinter der Glaswand die Gäste, die allein dasaßen, zu sich ein. Julia und Frances nahmen dankend an. Sie spürten, dass sie ganz leicht auch zusammenklappen konnten.
Inzwischen waren ein halbes Dutzend junge Männer da und ein paar Mädchen, darunter Rosemary. Sie wusste, dass es eine Katastrophe – eine kleine, eine große? – gegeben hatte, und machte taktvoll Konversation. Eine reizende junge Frau, dachte Julia: hübsch, gescheit – und natürlich eine gute Köchin. Sie war Juristin wie Andrew. Sie passten doch bestens zusammen?
Die jungen Männer und Frauen unterhielten sich darüber, wie sie die langen Sommerferien verbracht hatten: Sie gingen alle noch zur Universität. Es klang, als hätten sie zusammengenommen fast alle Länder der Welt bereist. Sie unterhielten sich darüber, wie es in Nicaragua war, in Spanien, Mexiko, Deutschland, Finnland, Kenia. Alle hatten eine richtig gute Zeit gehabt, aber sie hatten auch etwas lernen wollen, waren ernsthafte Reisende. Frances dachte, dass sie einen guten Kontrast boten gegenüber dem, was sich vor zehn oder mehr Jahren in Julias Haus abgespielt hatte. Diese Leute wirkten viel glücklicher – war das das richtige Wort? Sie blickte auf Spannungen zurück, auf Probleme, auf geschädigte Geschöpfe. Nicht wie diese hier. Natürlich waren sie älter … aber trotzdem. Julia würde natürlich sagen, dass sie eben keine Kriegskinder waren: Die Schatten des Krieges lagen weit zurück.
Diese halbe Stunde hätte angenehm sein können, aber sie wurde ihnen durch die Sorge um Andrew verdorben, der kurz hereinkam und sagte, er habe ein Taxi für sie bestellt. Sie müssten ihm verzeihen. Weil die anderen ihn so überrascht ansahen, wussten die Frauen, dass sie an den lässig-eleganten Andrew in Aufruhr nicht gewöhnt waren. Auf der Straße küsste er sie, umarmte Julia, umarmte Frances. Er hielt ihnen die Tür des Taxis auf, aber er dachte nicht an sie. Sofort rannte er wieder die Treppe hinauf.
»Ich frage mich, ob die jungen Leute wissen, was für ein Glück sie haben«, sagte
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