Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein süßer Traum (German Edition)

Ein süßer Traum (German Edition)

Titel: Ein süßer Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
Vom Netzwerk:
Präsident Mungozi, jeden Artikel, den sie finden konnte. Über Simlia weniger. Leute, die sich öfter unfreundlich geäußert hatten, schrieben ziemlich viel, und das meiste war schmeichelhaft. Zum einen war er Kommunist. Was könnte das im Zusammenhang mit Simlia bedeuten, wurde gefragt. Rose hatte nicht die Absicht, solche Fragen zu stellen, jedenfalls nicht auf provozierende Weise. Sie hatte schon einen Entwurf für ihr Interview geschrieben, bevor sie den politischen Führer überhaupt traf, und alles stammte aus anderen Interviews. Als freie Journalistin hatte sie kleine Beiträge über lokale Themen geschrieben, und meistens beruhten sie auf Informationen von Jill, die jetzt in verschiedenen Komitees des Council saß. Rose hatte für ihre Artikel schon immer Informationen oder Fragmente von Artikeln anderer Leute zusammengefügt, und diesmal war es genauso, das Interview würde nur größere Bedeutung und – so hoffte sie – mehr Konsequenzen haben. Sie ließ die Kritik an Genosse Matthew weg und schloss mit ein paar Absätzen, in denen optimistische Euphemismen standen wie jene, die sie so oft von Genosse Johnny gehört hatte.
    Als sie den politischen Führer in seinem Hotel interviewte, nahm sie den Entwurf ihres Artikels mit. Mungozi war nicht besonders gesprächig, jedenfalls nicht am Anfang, aber als er ihren Entwurf gelesen hatte, verlor er sein Misstrauen und versorgte sie mit ein paar hilfreichen Zitaten. »Wie Präsident Mungozi mir sagte …«
     
    Es war eine Woche später. Frances hatte den Tisch bis zu seiner früheren Größe ausgezogen und hoffte, dass man sagen würde: Genau wie damals. Sie hatte Eintopf und einen Pudding vorbereitet. Wer würde kommen? Als Julia gehört hatte, dass Sylvia dabei sein würde, hatte sie gesagt, sie werde herunterkommen und Wilhelm mitbringen. Colin erfuhr, welches Thema Sylvias »Versammlung«, wie sie es nannte, haben sollte, und er sagte, er werde sicher dabei sein. Andrew, der mit Sophie in den Flitterwochen gewesen war – sein Wort, obwohl sie nicht verheiratet waren –, hatte versprochen, dass sie beide kommen würden.
    Julia und Frances warteten gemeinsam. Andrew kam zuerst, aber allein. Ein Blick genügte: Er wirkte erschöpft, geradezu verhärmt, ja düster, und von dem lässig-eleganten Andrew war nichts mehr zu sehen. Seine Augen waren rot.
    »Sophie kommt vielleicht später.« Er schenkte sich reichlich Wein ein, ein Glas nach dem anderen. »Schon gut, Mutter«, sagte er. »Ich weiß. Aber ich habe eine Schlappe eingesteckt.«
    »Ist sie zu Roland zurückgegangen?«
    »Weiß ich nicht. Wahrscheinlich. Marmor, Stein und Eisen bricht, Zitat Ende, aber wenn das Liebe ist, will ich lieber was anderes haben.« Er sprach mit schwerer Zunge. »Eigentlich bin ich hier, weil ich Sylvia nie sehe. Sylvia – wer ist das? Vielleicht liebe ich ja Sylvia. Aber weißt du was, Frances, ich glaube, sie ist im Herzen eine Nonne.« Und so ging es weiter, der Strom seiner Worte wurde langsamer und zäher, bis Andrew aufstand, zum Spülbecken schritt und sich Wasser ins Gesicht spritzte. »Es gibt den Aberglauben …« – er sagte
Aerglauen
 –, »dass kaltes Wasser die Flammen des Alkohols erstickt. Stimmt aber nicht.« Sein Kopf sank nach vorn, als er sich setzte, dann stand er wieder auf und sagte: »Ich glaube, ich lege mich ein bisschen hin.«
    »Colin benutzt dein Zimmer.«
    »Dann benutze ich das Wohnzimmer.« Er ging geräuschvoll die Treppe hinauf.
    Sylvia kam und umarmte Julia, die sich nicht beherrschen konnte und sagte: »Ich sehe dich gar nicht mehr.«
    Sylvia lächelte, setzte sich Frances gegenüber an das andere Ende des Tisches und breitete Papiere um sich herum aus.
    »Isst du nicht mit uns?«, fragte Julia, und Sylvia murmelte »Entschuldigung« und schob die Papiere zur Seite.
    Colin kam in großen Sprüngen die Treppe hinunter. Auf Sylvias blassem Gesicht breitete sich ein warmes Lächeln aus, und sie streckte ihm die Arme entgegen. Sie umarmten sich.
    Wilhelm klopfte, wie immer, fragte, ob er dazukommen dürfe, und setzte sich zu Julia, nachdem er ihr zuerst die Hand geküsst und sie eindringlich und fragend angesehen hatte. Machte er sich Sorgen um sie? Sie hatte sich nicht verändert, ebenso wenig wie er. Er ging wohl auf die neunzig zu, aber er war gesund und munter.
    Als Colin hörte, dass Andrew oben seinen Rausch ausschlief, sagte er: »La belle dame sans merci. Ich habe es dir doch gesagt, oder, Frances?«
    In diesem Moment

Weitere Kostenlose Bücher