Ein süßer Traum (German Edition)
folgendermaßen«, sagte Colin. »Eine Bombe fällt, und alle auf der Welt sind tot. Deswegen sind Schutzräume überflüssig.«
»Das ist aber nicht logisch«, sagte Julia. »Das ist nicht folgerichtig.«
Frances und Rupert schauten die Stöße von Artikeln und Zeitungsausschnitten aus dem
Defender
an, sie schauten einander an, sie waren gleichermaßen resigniert. Der
Defender
war der »Linie« dieser Kampagne verpflichtet. Mitarbeiter saßen im Komitee der Kampagne. Die Journalisten schrieben Artikel dafür.
»Ihre Begründung lautet«, sagte Colin, »wenn die Regierung glaubt, dass sie geschützt und in Sicherheit ist, ist sie eher bereit, die Bombe zu werfen.«
»Welche Bombe?«, fragte Julia. »Wieso eine Bombe? Was ist das für eine Bombe, von der sie immer reden? Im Krieg gibt es nicht nur eine Bombe.«
»Das ist der Punkt, Julia. Das ist der Punkt, den wir vermitteln müssen«, sagte Sylvia.
»Vielleicht kann Johnny uns aufklären«, sagte Wilhelm. »Er sitzt in deren Komitee.«
»In welchem Komitee sitzt Johnny nicht?«, fragte Colin.
»Wir können ihn doch anrufen und ihn bitten, dass er herkommt und sich verteidigt?«, schlug Rupert vor.
Alle waren beeindruckt von dieser Idee; keinem von der Familie wäre das eingefallen. Andrew ging zum Telefon und wählte, Johnny nahm ab. Er erfuhr, dass es eine Versammlung gab, und er sagte, er werde kommen.
Während sie warteten, studierten sie Sylvias Zeitungsausschnitte, und Julia sagte: »So etwas Seltsames habe ich noch nie gehört. Diese Leute sind wie die Kinder.«
»Finde ich auch, das sind sie.«
Julia war dankbar für diesen kleinen Krümel, nahm Sylvias Hand und hielt sie fest. »Ach, mein armes Mädchen, du isst nichts, du kümmerst dich nicht um dich.«
»Es geht mir gut«, sagte Sylvia. »Wir essen alle zu viel.«
Trotzdem bot Frances einen Nachschlag von ihrem soeben getadelten Eintopf an.
Johnny kam, und er hatte James mitgebracht. Beide Männer trugen schwarze Jacken im Mao-Stil und Stiefel aus einem Laden mit Armeebeständen. Johnny war vor Kurzem in Kuba bei Fidel gewesen, was man an seinem Schal in den kubanischen Farben sehen konnte. James war jetzt ein fülliger Mann, der freundlich lächelte und mit jedermann gut Freund war. Gab es jemanden, der sich nicht freute, James zu sehen? Unmöglich! Er umarmte Frances, er schlug Andrew und Colin auf die Schulter, er küsste Sophie, er umarmte eine steife, unwillige Sylvia, er grüßte Julia mit der geballten Faust in Schulterhöhe – für gesellschaftliche Zwecke leicht modifiziert. »Schön, wieder hier zu sein«, sagte er. Er setzte sich auf einen leeren Stuhl und schaute erwartungsvoll, und Johnny setzte sich zu ihm. Aber offensichtlich hatte er das Gefühl, lotrecht abgesenkt und auf der gleichen Ebene wie die anderen zu sein, also stand er wieder auf und nahm seine alte Position ein, mit dem Rücken zum Fenster, die Arme ausgestreckt, die Hände auf der Fensterbank. »Ich habe schon gegessen«, sagte er. »Wie geht’s, Mutti?«
»Wie du siehst.«
James machte sich mit gesundem Appetit über das Essen her. »Du verpasst wirklich etwas«, sagte er zu seinem Lenker und Mentor. Er sprach Cockney, und Julia machte verärgert: Ts, ts, ts.
Johnny zögerte, gab dann auf und setzte sich, als er vor sich einen Teller sah, denn Frances hatte gewusst, dass es darauf hinauslaufen würde.
Sylvia sagte: »Das hier ist ernst. Johnny, James, das ist eine ernsthafte Diskussion.«
»Welche Situation ist nicht ernst?« Als Johnny gekommen war, hatte er seinen Söhnen zugenickt, und jetzt sagte er zu Andrew: »Gib mal das Brot.«
»Wie wir alle wissen«, sagte Colin, »ist das Leben an und für sich sehr ernst.«
»Und was mich angeht, wird es immer ernster und ernster und ernster«, sagte Andrew.
»Hört auf«, sagte Sylvia. »Wir haben Johnny aus einem bestimmten Grund eingeladen.«
»Schieß los!«, sagte Johnny.
»Es gibt eine Gruppe junger Ärzte. Also, wir haben ein Komitee gebildet. Wir machen uns alle schon seit einiger Zeit Sorgen, aber der ausschlaggebende Faktor war ein Brief, den jemand aus der Sowjetunion herausgebracht hat …«
Johnny legte mit dramatischer Geste Messer und Gabel hin und hob die Hand, um sie zu unterbrechen.
Sie sprach weiter. »Er ist von einer Ärztegruppe aus der Sowjetunion. Sie schreiben, dass es in Atomkraftwerken Unfälle gegeben hat, viele Tote und Sterbende. Große Teile des Landes sind radioaktiv verseucht …«
»Antisowjetische Propaganda
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