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Ein süßer Traum (German Edition)

Ein süßer Traum (German Edition)

Titel: Ein süßer Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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interessiert mich nicht.« Johnny nahm seinen Platz wieder ein, mit dem Rücken zum Fenster, und ließ seinen Teller stehen. James ließ den seinen ebenfalls stehen, wenn auch widerwillig, und trat neben Johnny, seinen Kapitän und Leutnant.
    Sylvia fuhr fort: »Diesen Brief hat jemand herausgebracht, der mit einer Delegation dort war. Herausgeschmuggelt. Dieser Brief hat uns erreicht. Und er ist echt.«
    »Zunächst einmal« – Johnny sprach jetzt immer abgehackter – »sind die Genossen in der Sowjetunion verantwortungsbewusst und würden nie zulassen, dass atomare Einrichtungen fehlerhaft sind. Und zweitens bin ich nicht bereit, mir Informationen anzuhören, die so offensichtlich aus faschistischen Quellen stammen.«
    »Oh Gott«, sagte Sylvia. »Schämst du dich nicht, Johnny? Immer und immer wieder erzählst du dasselbe alte Zeug, das jeder kennt …«
    »Und wer ist dieser Jeder?«, höhnte Johnny.
    Julia unterbrach: »Ich will wissen, warum dein – Mob – behauptet, dass es ein Verbrechen ist, wenn die Regierung und die Royal Family im Fall eines Krieges in Sicherheit sind. Ich verstehe euch nicht.«
    »Es ist ganz einfach«, sagte Andrew. »Das sind Leute, die jeden hassen, der irgendeine Autorität hat – grundsätzlich.«
    »Und recht haben sie.« James lachte – und wiederholte den Satz mit Cockney-Akzent.
    »Kinder«, sagte Julia. »Idiotische Kinder. Und sie haben so viel Einfluss. Wenn ihr einen Krieg erlebt hättet, würdet ihr nicht so einen Unsinn reden.«
    »Du vergisst«, sagte James. »Genosse Johnny hat im Spanischen Bürgerkrieg gekämpft.«
    Darauf folgte Stille. Die Jüngeren hatten kaum etwas von Johnnys Heldentaten gehört, und die Älteren hatten schon lange versucht zu vergessen. Johnny blickte bescheiden zu Boden, nickte dann, übernahm wieder die Kontrolle und sagte: »Wenn die Bombe fällt, dann war es das, für alle auf der Welt.«
    »Welche Bombe?«, fragte Julia. »Warum sprecht ihr immer von
der
Bombe,
der
Bombe?«
    »Wegen der Sowjetunion müssen wir uns jedenfalls keine Sorgen machen«, sagte Johnny. »Es sind amerikanische Bomben.«
    Sylvia sagte: »Ach, Johnny, es wäre so schön, wenn du einmal ernst wärst. Du redest immer so viel Unsinn.«
    Johnny ärgerte sich über diese unbedeutende Figur, über dieses dürre Mädchen, und verlor allmählich die Geduld. »Eigentlich höre ich nicht besonders oft, dass ich Unsinn rede.«
    »Das liegt daran, dass du dich nur mit Leuten einlässt, die Unsinn reden«, sagte Colin.
    Frances schwieg, denn seit Johnny zur Tür hereingekommen war, wusste sie, dass nichts Vernünftiges gesagt oder erreicht werden konnte. Sie räumte die Teller ab und stellte Glasschüsseln mit Zitronencreme, Aprikosenmousse und Schlagsahne hin. Als James das sah, stöhnte er geradezu vor Gier und setzte sich wieder an den Tisch.
    »Wer macht denn heutzutage Pudding?«, fragte Johnny.
    »Nur die liebe Frances«, sagte Sophie und langte zu.
    »Und nur noch selten«, sagte Frances.
    Sylvia sagte: »Na schön, Johnny, angenommen, diese schrecklichen atomaren Unfälle in der Sowjetunion sind nie passiert …«
    »Natürlich sind sie nicht passiert.«
    »Warum hast du dann etwas dagegen, dass die Menschen in diesem Land vor radioaktivem Niederschlag geschützt werden? Ihr wollt nicht einmal zulassen, dass darüber informiert wird, wie man ein Haus vor Niederschlag schützt. Ihr wollt keinerlei Schutz für die Menschen zulassen. Ich verstehe das nicht. Niemand hier versteht das. Allein bei dem Gedanken an irgendeinen Schutz fangt ihr an zu kreischen.«
    »Wenn man einmal Schutzräume zulässt, dann heißt das, dass Krieg unvermeidlich ist.«
    »Das ist doch einfach nicht logisch«, sagte Julia.
    »Nicht für einen gewöhnlichen Geist«, ergänzte Rupert.
    Sylvia sagte: »Johnny, es läuft doch auf Folgendes hinaus: Wegen dir und deiner Truppe kann keine Regierung in diesem Land auch nur vorschlagen, die Menschen zu schützen, nicht einmal in der bescheidenen Form von Schutzräumen gegen atomaren Niederschlag. Die Campaign for Unilateral Nuclear Disarmament ist so mächtig, dass die Regierung Angst vor ihr hat.«
    »Stimmt, so muss das sein.« James sprach wieder mit Cockney-Akzent.
    »Warum reden Sie denn so hässlich?«, fragte Julia. »So muss man doch nicht sprechen.«
    »Wenn man nicht hässlich spricht, ist man vornehm«, sagte Colin und sprach vornehm. »Und dann kriegt man keine Arbeit in diesem freien Land. Auch eine Diktatur.«
    Johnny und James

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