Ein süßer Traum (German Edition)
besuchen!« Das hieß nicht, dass Genosse Mo jetzt Simlianer war und nicht mehr Bürger eines anderen afrikanischen Landes. Aber er kannte Genosse Matthew – natürlich, denn er kannte offenbar jeden neuen Präsidenten –, und wann immer er bei Johnny war, sprach er Einladungen in ein sozusagen allgemeines Afrika aus, in ein wohlwollendes, blühendes Land mit stets offenen Armen. Es lag an Genosse Mo und seinen Kontakten, dass Geoffrey zu diesen Würden gekommen war; und weil Genosse Mo einer mächtigen Person gegenüber bemerkt hatte, Andrew Lennox sei ein gescheiter, aufstrebender Anwalt und er kenne ihn gut, »kenne ihn schon seit seiner Kindheit«, hatte Global Money ihn bei einer konkurrierenden Organisation abgeworben. Andere Leute am Tisch, darunter Genosse Mo, waren Habitués bei Johnny gewesen: Die internationale Hilfe war das legitime geistige Erbe der Genossen. Gegenüber von Cyrus B. – wie ihn die halbe Welt zärtlich nannte – saß am anderen Ende des Tisches Genosse Franklin Tichafa, Gesundheitsminister, ein fülliger Mann der Öffentlichkeit, der einen beträchtlichen Bauch und das eine oder andere Kinn zu viel hatte und immer freundlich war, immer lächelte; aber sein Blick hatte mittlerweile die Tendenz, Fragen auszuweichen. Er und Cyrus B. waren großartiger gewandet als alle anderen hier, aber keineswegs zufriedener mit sich selbst. Diese Leute und eine Auswahl von Vertretern anderer karitativer Organisationen, die an diesem Abend über andere Hotels verteilt waren, hatten einige Tage damit verbracht, durch ganz Simlia zu fahren, sie hatten in Städten gewohnt, in denen es annehmbare Hotels gab, und zwischendurch hübsche Fleckchen und berühmte Wildparks besucht. Bei den Mittagessen, Abendessen und während der Busausflüge – wo Entscheidungen, die sich auf ganze Nationen auswirken, tatsächlich getroffen werden – waren sie übereingekommen, dass Simlia im Grunde eine schnelle Entwicklung der verarbeitenden Industrie brauchte. Sie sei ohnehin schon etabliert, wenn gebietsweise auch nur embryonal, aber es gab Probleme mit Präsident Matthew, der immer noch in seiner marxistischen Phase war. Das vereitelte alle Versuche, aus Simlia ein modernes Land zu machen, und ziemlich viele Leute manövrierten sich in Positionen, wo sie sich an der lebendigen Flut nähren konnten.
Am nächsten Tag war die Feier für die Helden der Befreiung, und Genosse Franklin wollte, dass alle kamen. »Unser Genosse Präsident würde sich freuen«, sagte er. »Ich werde dafür sorgen, dass ihr alle gute Plätze habt.«
»Ich habe für morgen früh einen Flug nach Mosambik gebucht«, sagte Cyrus B.
»Cancel ihn! Ich besorge dir einen guten Platz in dem Flugzeug tags darauf.«
»Tut mir leid. Ich habe eine Verabredung mit dem Präsidenten.«
»
Du
sagst aber nicht nein«, befahl Franklin Andrew, und seine Stimme war belegt wegen einer unangenehmen Sache, an die er sich nicht so recht erinnern konnte.
»Ich muss leider passen. Ich fahre nämlich in den Busch und besuche Sylvia – du erinnerst dich an Sylvia?«
Franklin schwieg. Sein Blick glitt zur Seite. »Ich glaube, ich erinnere mich. Ja, war das nicht irgendeine Verwandte?«
»Ja, sie arbeitet jetzt als Ärztin in Kwadere. Ich hoffe, ich spreche das richtig aus.«
Franklin saß lächelnd da. »Kwadere? Ich wusste nicht, dass es da schon ein Krankenhaus gibt. Dieser Teil von Simlia ist nicht entwickelt.«
»Jedenfalls besuche ich sie, und deswegen kann ich nicht zu eurer wunderbaren Zeremonie kommen.«
Trübsinn hatte sich über Franklins Strahlen gelegt, er saß schweigend da, und seine Stirn lag in Falten. Plötzlich schüttelte er es ab und schrie: »Aber unser guter Freund Geoffrey ist doch sicher dabei.«
Geoffrey war jetzt ein stämmiger, gut aussehender Mann, der die Blicke auf sich zog wie schon als Junge, und die Millionen, über die er gebot, hatten ihm einen silbrigen Schimmer verliehen, den man geradezu sehen konnte, das Glitzern der Selbstgefälligkeit. »Sicher bin ich dabei, Minister, das verpasse ich doch nicht.«
»So ein alter Freund muss mich aber nicht Minister nennen.« Franklin gewährte Geoffrey mit seinem Lächeln Dispens.
»Danke«, sagte Geoffrey mit einer kleinen Verbeugung. »Minister Franklin vielleicht?«
Franklin lachte, ein breites, zufriedenes Lachen. »Und bevor du gehst, Geoffrey, will ich, dass du in mein Büro kommst, damit ich dir alles zeigen kann.«
»Ich hatte gehofft, du lädst mich ein, damit ich
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