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Ein süßer Traum (German Edition)

Ein süßer Traum (German Edition)

Titel: Ein süßer Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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seinen Kopf hinunter zu ihren riesigen Brüsten und liebkoste ihn.
    Sie lachte ihn aus, wegen allem.
    Zu Beginn seiner Regierungszeit hatte Matthew die Genossen, seine Verbündeten und die Regierung davon abgehalten, ihrer Habsucht nachzugeben. Er verbot ihnen, sich zu bereichern. Das war, als er noch unter dem Einfluss seiner Kindheit und mithin der Jesuiten stand, die ihn gelehrt hatten, dass Armut nah am Göttlichen ist: Was die Patres auch gewesen sein mochten – sie waren arm und nicht verschwenderisch. Jetzt sagte Gloria zu ihm, er sei verrückt und sie werde dieses große Haus kaufen und jene Farm, und dann wollte sie noch eine Farm und ein paar Hotels, die auf den Markt kamen, als die Weißen fortgingen. Sie sagte ihm, er müsse ein Bankkonto in der Schweiz haben und dafür sorgen, dass Geld darauf war. Was für Geld?, wollte er wissen, und sie verachtete ihn für seine Naivität. Aber wenn sie von Geld sprach, sah er noch immer die dünnen Hände seiner Mutter und darin die traurigen Scheine und Münzen, die sein Vater ihr am Monatsende gab, und als er sich zum ersten Mal ein Gehalt bewilligte, passte er auf, dass es nicht höher war als das eines höheren Staatsbeamten. All das änderte Gloria, sie wischte es weg mit ihrem Hohn, ihrem Lachen, ihrer Zärtlichkeit und ihrer praktischen Veranlagung, denn sie hatte sein Leben jetzt im Griff und konnte als Landesmutter leicht dafür sorgen, dass das Geld ihr zufloss. Sie war es, die heimlich große Summen, die von karitativen Organisationen und Spendern kamen, auf ihre eigenen Konten fließen ließ. »Ach, dann sei eben ein Idiot«, schrie sie, wenn er protestierte. »Es läuft auf meinen Namen. Du bist nicht dafür verantwortlich.«
    Eine Schlacht um die Seele eines Menschen war selten so klar und deutlich sichtbar – und so kurz – wie die, die der Teufel um Genosse Matthews Seele schlug. Und Simlia, das auf der Basis eines schlecht verdauten Marxismus und dogmatischer Sandkastenspiele und auswendig gelernter Sätze aus Ökonomie-Lehrbüchern schon immer schlecht regiert worden war, verfiel jetzt rasch der Korruption. Sofort begann die stete, aber rapide Entwertung der Währung. Die dicken Fische in Senga wurden immer dicker, und an Orten wie Kwadere versiegte das Geld, das sonst wie ein Rinnsal geflossen war, ganz.
    Gloria wurde immer faszinierender, schöner und reicher, kaufte noch eine Farm, einen Wald, Hotels, Restaurants – und schmückte sich damit wie mit Halsketten. Und wenn Genosse Präsident Matthew jetzt verreiste, um seine Lieblinge zu treffen, die immens reichen, zügellosen und korrupten Regenten des neuen Afrikas und des neuen Asiens, hielt er nicht still, wenn sie ihren Reichtum ausstellten und mit ihrer Habsucht prahlten. Jetzt konnte er mit der seinen prahlen, und wenn diese Männer zeigten, wie sehr sie ihn bewunderten, wenn sie ihn beschenkten und ihm schmeichelten, wurde jene Leerstelle in ihm, an der es immer einen dürren, streunenden Hund geben würde, der den Schwanz einkniff, zumindest für einige Zeit gefüllt, und Gloria liebkoste und streichelte und hätschelte und leckte und lutschte ihn und drückte ihn an ihre großen Brüste und küsste die alten Narben an seinen Beinen. »Armer Matthew, armer, armer kleiner Junge.«
     
    An dem Abend, bevor Sylvia nach London gefahren war, hatte sie auf dem Pfad gestanden, gleich dort, wo der Oleander und der Hibiskus und die Bleiwurzbüsche aufhörten, und mit mehr als dem verzeihlichen Grad an Stolz auf das Krankenhaus hinabgeschaut. Für diese Ansammlung von Gebäuden konnte nun jeder das Wort »Krankenhaus« benutzen. Über Genosse Mandizi war lange kein Geld gekommen, aber weil die Währung von Simlia im Wert ständig sank, wurde aus einer kleinen Summe aus London hier eine große Summe. Mit zehn Pfund, dem Preis für eine kleine Einkaufstüte mit Lebensmitteln in London, konnte man hier eine Grashütte bauen oder den Vorrat an Schmerzmitteln oder Malariatabletten wieder auffüllen.
    Es gab dort unten jetzt zwei »Stationen«, lange, grasgedeckte Schuppen, bei denen das Gras auf der Seite, von der der meiste Regen kam, bis zum Boden reichte und auf der anderen weiter oben aufhörte. In jedem Schuppen stand ein Dutzend Pritschen mit guten Decken und Kissen. Sie machte Pläne für einen weiteren, denn die Betten füllten sich immer mehr mit Opfern von Aids, und die Regierung hatte gerade beschlossen, die Krankheit voll und ganz anzuerkennen und auch Hilfsappelle an ausländische

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