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Ein süßer Traum (German Edition)

Ein süßer Traum (German Edition)

Titel: Ein süßer Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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Burma, dabei suchte er selten die Gesellschaft von Weißen, denn er mochte sie nicht. Weil es die Fassade des Staatsmannes zu wahren galt, musste er verbergen, was er empfand. Er verabscheute die Weißen und konnte es kaum ertragen, im selben Raum mit ihnen zu sein. Instinktiv fühlte er sich zu Diktatoren hingezogen, von denen manche bald von ihrer Machtposition verdrängt werden sollten, wie all die Lenin-Statuen, die später die ehemalige Sowjetunion übersäten. Er liebte China, bewunderte den Großen Schritt voran, die Kulturrevolution. Mehr als einmal war er dort gewesen und hatte in seiner Entourage Genosse Mo mitgenommen, der ihn in den Notwendigkeiten der Macht unterwiesen hatte, lange bevor er sie besaß.
    Kaum war er an der Macht, wurde er ein Gefangener seiner Angst vor Menschen. Er traf niemanden, bis auf ein paar Spießgesellen und eine junge Frau aus seinem Dorf, mit der er schlief; er verließ seine Residenz nie ohne bewaffnete Eskorte; sein Wagen war kugelsicher – das Geschenk eines Diktators –, und er besaß eine persönliche Wache, die ihm der meistgehasste asiatische Despot vermacht hatte. Abends, wenn die Sonne unterging, wurde die Straße vor seiner Residenz für den allgemeinen Verkehr geschlossen, sodass die Bürger große Umwege in Kauf nehmen mussten. Eingekerkert wie ein Opfer in einer Geschichte, das man zwingt, mit eigenen Händen eine Mauer um sich zu errichten, gab es dennoch in ganz Afrika keinen politischen Führer, der von seinen Leuten mehr geliebt wurde und von dem man mehr erwartete. Er hätte mit der Bevölkerung alles machen können, im Guten wie im Schlechten: Wie die Bauern in früheren Zeiten blickten sie zu ihm auf wie zu einem König, der alles richten konnte, was falsch war; sie würden folgen, wohin er sie auch führte. Aber er führte sie nicht. Dieser verängstigte kleine Mann hockte in seinem selbst gebauten Gefängnis.
    Inzwischen wurde er auch von den »progressiven Köpfen« in der ganzen Welt angebetet, und all die Johnny Lennox, all die ehemaligen Stalinisten, die Liberalen, die den starken Mann schon immer geliebt hatten, sagten: »Er ist ganz vernünftig, wisst ihr. Ein gescheiter Mensch, der Genosse Präsident Matthew Mungozi.« Und auch diejenigen, die der beruhigenden Rhetorik der kommunistischen Welt beraubt worden waren, fanden sie in Simlia wieder.
    Es hätte passieren können, dass niemand einen Weg in diese aus Angst gemauerte Festung fand, aber jemand fand ihn, eine Frau. Er sah sie auf einem Empfang für die Organization of African Unity, diese gut aussehende schwarze Gloria, um die herum alle Männer lärmten, während sie flirtete und ihr Lächeln verschenkte, aber in Wirklichkeit hatte sie den Mann im Blick, der ein ganzes Stück von ihr entfernt stand und jede ihrer Bewegungen verfolgte wie ein hungriger Hund das Fressen, das in fremde Mäuler gelangt. Sie wusste, wer er war, sie wusste es schon lange und hatte Pläne gemacht, und sie ging davon aus, dass es ein Kinderspiel sein würde – und das war es auch. Aus der Nähe war sie noch faszinierender, jede Kleinigkeit an ihr begeisterte ihn. Sie hatte eine Art, die Lippen zu bewegen, als würde sie eine Frucht damit zerdrücken, und ihr Blick war weich und lachte – nicht über ihn, da war er sicher, auch wenn er überzeugt war, dass die Leute das taten. Und sie war im Gegensatz zu ihm so entspannt, ihr Fleisch, dieser fabelhafte Körper, ihre Bewegungen und ihre Freude an den Bewegungen und am Essen und an ihrer eigenen Schönheit. Er hatte das Gefühl, befreit zu werden, allein dadurch, dass er neben ihr stand. Sie sagte ihm, er brauche eine Frau wie sie, und er wusste, dass das stimmte. Er hatte auch Ehrfurcht vor ihr, weil sie so kultiviert war. Sie hatte Universitäten in Amerika und in England besucht, und durch ihr Wesen und nicht wegen der Politik hatte sie überall Freunde unter den Berühmten. Über Politik sprach sie mit einem lachenden Zynismus, der ihn schockierte, obwohl er versuchte, mit ihr gleichzuziehen. Kurz, es würde unvermeidlicherweise eine glanzvolle Hochzeit geben, und er war ganz aufgelöst vor Freude. Alles war leicht, was schwierig gewesen war – nein, oftmals unmöglich. Sie sagte, er sei sexuell verklemmt, und heilte ihn so weit, wie seine Natur es zuließ. Sie sagte, er brauche mehr Spaß, er wisse gar nicht, wie man lebe. Wenn er ihr von seiner kümmerlichen Kindheit voller Strafen erzählte, drückte sie ihm dicke, schmatzende Küsse auf den Mund und zog

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