Ein süßer Traum (German Edition)
jetzt den Pudding«, sagte Frances, und ihre Stimme war matt vor Zorn.
Helfende Hände stellten Teller mit klebrigen Genüssen aus zypriotischen Läden auf den Tisch, Kreationen aus Honig und Nüssen und Blätterteig, Schalen mit Obst und ihren Schokoladenpudding, den sie eigens für die »Kinder« gemacht hatte.
Die ganze Zeit über hatte Colin abwechselnd seinen Vater und seine Mutter angestarrt:
Warum lässt du zu, dass er sich an den Tisch setzt? Warum lässt du …?
Jetzt schob er seinen Stuhl lautstark zurück, stand auf und stellte ihn polternd an die Wand, dann verließ er die Küche.
»Hier kann man sich wirklich ganz wie zu Hause fühlen«, sagte Genosse Mo und schob sich einen Löffel Schokoladenpudding in den Mund. »Und diese Kuchen kenne ich doch? Solche gibt es auch in der arabischen Küche.«
»Zypriotisch«, sagte Johnny, »ganz bestimmt vom Osten beeinflusst …«, und fing mit einer Vorlesung über die mediterrane Küche an.
Alle hörten fasziniert zu: Niemand konnte behaupten, dass Johnny langweilig war, auch wenn er gerade nicht über Politik sprach. Aber das sollte nicht lange so bleiben. Bald war er bei Kennedys Ermordung angekommen und bei der Rolle, die FBI und CIA wahrscheinlich dabei gespielt hatten. Dann ging er über zu den amerikanischen Plänen, Afrika einzunehmen, und führte als Beweis an, dass die CIA Genosse Mo einen unsittlichen Antrag gemacht und gewaltige Geldsummen angeboten habe. Genosse Mo bestätigte das stolz und zeigte dabei alle Zähne und viel Zahnfleisch. Ein CIA -Agent aus Nairobi war auf ihn zugekommen mit dem Angebot, als Gegenleistung für Informationen seine Partei zu finanzieren. »Und woher wusstest du, dass er von der CIA war?«, wollte James wissen, und Genosse Mo sagte, wie »jeder« wisse, durchstreife die CIA Afrika wie ein Löwe, der nach Beute suche. Er lachte fröhlich und sah sich um, ob alle ihm zustimmten. »Ihr müsst uns alle besuchen. Kommt und seht selbst und amüsiert euch.« Er hatte keine Ahnung, dass er ihnen gerade eine glänzende Zukunft ausmalte. »Johnny hat versprochen zu kommen.«
»Ach, ich dachte, er fährt – sofort?«, fragte James, und jetzt wandte sich Genosse Mos Blick fragend zu Johnny hin, während er sagte: »Genosse Johnny ist jederzeit willkommen.«
»Ach, ich dachte, du hättest Andrew erzählt, dass du nach Afrika fährst?«, sagte Frances, um ihm die Antwort »Lasst sie im Ungewissen« zu entlocken. Und Johnny lächelte und verkündete den Aphorismus: »Lasst sie immer im Ungewissen.«
»Wen?«, wollte Rose wissen.
»Offensichtlich die CIA , Rose«, sagte Frances.
»Ach ja, die CIA «, sagte James, »natürlich.« Ständig sog er Wissen auf.
»Lasst sie im Ungewissen«, wiederholte Johnny. Und im strengsten Ton zu seinem ergebensten Jünger James: »In der Politik darf die linke Hand nie wissen, was die rechte tut.«
»Oder auch, was die linke Hand tut«, sagte Frances.
Er beachtete sie nicht. »Man muss immer die Spuren verwischen, Genosse James. Man darf es dem Feind nie leicht machen.«
»Vielleicht sollte ich nach Kuba mitkommen?«, sagte Mo. »Genosse Fidel sucht die Verbindung mit den befreiten afrikanischen Ländern.«
»Und sogar die mit den nicht befreiten.« Johnny weihte sie alle ein in die Geheimnisse der Politik.
»Wieso fährst du denn nach Kuba?«, fragte Daniel, der das wirklich wissen wollte, und Johnny war über den Tisch hinweg konfrontiert mit seinem aufrührerischen roten Haar, mit seinen Sommersprossen und dem immer angespannten Blick, denn Daniel wusste, dass er es nicht wert war, die Stiefel von – zum Beispiel Geoffrey zu lecken. Oder von Johnny.
James sagte zu ihm: »So etwas darf man nicht fragen«, und sah Johnny um Zustimmung heischend an.
»Genau.« Johnny stand auf und nahm seine Vorlesungsposition wieder ein, mit dem Rücken zum Fenster, entspannt, aber wachsam.
»Ich möchte sehen, wie ein Land, das nur Sklaverei und Unterdrückung kennt, die Freiheit aufbaut, eine neue Gesellschaft aufbaut. Fidel hat in fünf Jahren Wunder vollbracht, aber in den nächsten fünf Jahren wird man eine echte Veränderung sehen. Ich freue mich darauf, Andrew und Colin mitzunehmen, meine Söhne mitzunehmen, damit sie selbst sehen … Wo sind sie eigentlich?« Ihm war bislang noch gar nicht aufgefallen, dass sie fehlten.
»Andrew ist bei Sylvia«, sagte Frances. »So werden wir sie jetzt nennen müssen.«
»Wieso, hat sie ihren Namen geändert?«
»Das
ist
ihr Name«, sagte Rose
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