Ein süßer Traum (German Edition)
Kerl; Jill, die eindeutig in den gut aussehenden Geoffrey verliebt war; Daniel, weil er in Geoffrey verliebt war, aber es wahrscheinlich nicht wusste; Lucy … im Grunde eigentlich alle. Rose?
Rose blieb sitzen: Sie wäre bescheuert, wenn sie sich ausnutzen ließe.
Weihnachten, dieses verstockte Fest, machte seinen bestürzenden Einfluss schon am Abend des 12 . Dezember geltend. Zu ihrer Überraschung stellte Frances fest, dass sie auf die Unabhängigkeit Kenias trank. James hob sein Glas, das von Rioja überfloss, und sagte: »Auf Kenyatta, auf Kenia, auf die Freiheit.« Wie immer strahlte sein in der Öffentlichkeit warmes, freundliches Gesicht unter den zerzausten schwarzen Haarlocken unbegrenzt vorhandene emotionale Großzügigkeit aus. Begeisterte Blicke, glühende Gesichter: Johnnys letzte Predigten hallten noch in ihnen nach.
Sie hatten eine gewaltige Mahlzeit verzehrt, ein bisschen davon auch Sylvia, die wie immer links neben Frances saß. In ihrem Glas war ein roter Fleck: Andrew hatte gesagt, sie müsse ein wenig trinken, das sei gut für sie, und Julia hatte ihn unterstützt. Der Zigarettenrauch war dichter als gewöhnlich; an diesem Abend rauchten anscheinend alle, weil Kenia befreit war. Bis auf Colin, der die Rauchwolken fortwedelte, wenn sie sein Gesicht erreichten. »Eure Lungen verrotten«, sagte er. »Ach, heute Abend ist doch eine Ausnahme«, sagte Andrew.
»Ich fahre über Weihnachten nach Nairobi«, verkündete James und sah sich stolz, aber unsicher um.
»Ach, fährst du mit deinen Eltern?«, fragte Frances unbedacht, und das Schweigen tadelte sie.
»Wie wahrscheinlich ist das?«, höhnte Rose, drückte ihre Zigarette aus und zündete sich wütend eine neue an.
James wies sie zurecht: »Mein Vater hat in Kenia gekämpft. Er war Soldat. Er hat gesagt, es ist gut da.«
»Ach, dann wohnen deine Eltern dort? Oder haben sie das vor? Besuchst du sie?«
»Nein, sie wohnen nicht dort«, sagte Rose. »Sein Vater ist Steuerinspektor in Leeds.«
»Und, ist das ein Verbrechen?«, fragte Geoffrey.
»Die sind so spießig«, sagte Rose. »Man glaubt es kaum.«
»Sie sind gar nicht so übel«, wies James sie zurecht. »Und wir müssen bedenken, dass manche Leute noch kein politisches Bewusstsein haben.«
»Ach, dann willst du also deinen Eltern politisches Bewusstsein verschaffen – dass ich nicht lache«, sagte Rose.
»Das habe ich nicht gesagt.« James wandte sich von seiner Cousine ab und Frances zu. »Ich habe Dads Fotos von Nairobi gesehen. Es ist groovy. Deswegen fahre ich hin.«
Frances wusste, dass es nicht nötig war, solche groben Einwände zu erheben wie: Hast du einen Pass? Ein Visum? Wie willst du das bezahlen? Und: Du bist erst siebzehn.
James schwebte auf den Flügeln eines Teenagertraums, der nicht von langweiligen Realitäten untermauert war. Wie durch Zauberhand würde er sich auf Nairobis Hauptstraße wiederfinden … Und dort würde er zufällig Genosse Mo begegnen … Zu einer Gruppe liebender Genossen gehören, wo er bald Anführer sein und flammende Reden halten würde. Und weil er siebzehn war, würde es ein Mädchen geben. Wie stellte er sich das Mädchen vor? Schwarz? Weiß? Sie hatte keine Ahnung. James erzählte weiter von den Erinnerungen seines Vaters an Kenia. Die bitteren Wahrheiten des Krieges waren ausradiert, und es blieben nur der hohe blaue Himmel und so viel Platz und ein guter Kerl
(ein guter Typ)
, der seinem Vater das Leben gerettet hatte. Ein Schwarzer. Ein Askari, der sein Leben für den britischen Soldaten riskierte.
Was war Frances’ entsprechender Traum gewesen mit, nein, nicht mit sechzehn, da war sie ein fleißiges Schulmädchen gewesen – aber mit neunzehn? Ja, sie war ziemlich sicher, dass sie davon geträumt hatte, Soldaten zu pflegen, weil Johnny in den Spanischen Bürgerkrieg eingetaucht war. Wo? In einer Felsenlandschaft, in der es Wein und Oliven gab. Aber wo? Teenagerträume brauchten keinen Flecken auf der Landkarte.
»Du kannst nicht nach Kenia fahren«, sagte Rose. »Deine Eltern lassen dich nicht.«
Deprimiert griff James nach seinem Glas und trank es aus.
»Wo wir schon einmal beim Thema sind«, sagte Frances, »möchte ich über Weihnachten reden.« Weil sie überall ängstliche Gesichter sah, konnte sie plötzlich nicht weitersprechen. Sie wussten, was sie zu hören bekommen würden, denn Andrew hatte sie schon gewarnt.
Jetzt sagte er: »Wisst ihr, dieses Jahr gibt es kein Weihnachten hier. Ich gehe mittags zum
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