Ein sueßes Stueck vom Glueck
wusste, was sie mit sich anfangen sollte. Und schließlich schlug sie das Notizbuch wieder auf. Dabei achtete sie darauf, es nur halb zu öffnen, damit er nichts erkennen konnte.
»Was schreiben Sie da?«, fragte Sylvain von seinem Tisch wenige Meter entfernt. »Erinnerungen an Paris? Chantal, habe ich euch vorgestellt? Das ist Cade Corey. Sie arbeitet in der Schokoladen-Branche«, fügte er hinzu, mit großer Freundlichkeit in der Stimme, so als würde er erklären, dass der Hausmeister eines Labors in der Mikrobiologie tätig war.
»Corey?«, sagte Chantal. »Machen Sie diese …?« Zu spät wurde ihr klar, dass ihr Gesicht einen höhnischen Ausdruck angenommen hatte, den sie schnell glättete. »Wie schön. Sind Sie nach Frankreich gekommen, um mehr über Schokolade zu lernen?«
Cade überlegte, was wohl passieren würde, wenn sie die beiden einfach niederschlug. Sicher wäre es nicht das erste Mal, dass ein Amerikaner in Paris von französischer »Höflichkeit«, wie ihr Großvater es genannt hatte, zu Gewalttätigkeiten provoziert wurde. Sie war nach Frankreich gekommen, um mehr über Schokolade zu lernen, aber es klang ganz anders, wenn die das sagte.
Und wer war Chantal überhaupt? Cade fiel auf, dass der feine Herr Marquis sie nicht vorgestellt hatte. Vielleicht war sie so sehr Teil seines Lebens, dass er annahm, sie wäre allgemein bekannt.
Cade würde die Wohnung niemals wieder ohne ihren Blackberry verlassen. Zumindest hätte sie ihn herausholen können und … wahrscheinlich noch lächerlicher gewirkt. Als gäbe es, selbst wenn sie mitten in Paris saß, nichts anderes in ihrem Leben als Corey Chocolate.
Genau das, was sie unbedingt ändern wollte.
»Kennen Sie niemanden in Paris?«, fragte Sylvain.
Cade wandte den Kopf und sah ihn an. Bildete sie sich das ein, oder klang er ein wenig besorgt? Wollte er sie aus Mitleid an seinen Tisch bitten?
Chantal sah aus, als würde sie sich auch darum sorgen.
»Ich kenne Leute«, sagte Cade. Zumindest würden eine Menge Leute sie gerne kennen. Die Liste ihres Vaters.
Sylvain sah aus, als bezweifele er das. Cade hatte gerade beschlossen, aufzustehen und zu gehen – und so zu tun, als wäre sie nur auf ein Glas Wein gekommen –, als der Kellner ihr einen kleinen weißen Teller Ravioli mit Pinienkernen brachte, die in einer Basilikumcreme schwammen. Es roch himmlisch – und sah aus wie die Tür, die sie in dem Gefängnis dieses Abends einsperrte. Ihr war ein bisschen übel.
Sie hätte in ihrem Apartment bleiben und sich selbst bemitleiden sollen. Sie hätte oben auf dem Eiffelturm essen sollen.
(Plötzlich blitzte ein Bild vor ihrem inneren Auge auf, wie sie mit Sylvain Marquis auf dem Eiffelturm essen ging, gerade lange genug, um sie die Lichter der Stadt sehen zu lassen, den dunklen Himmel und die Sterne, sein dunkles Haar und eine Hand, die ihr etwas zum Probieren anbot. Sie verdrängte das Bild schleunigst wieder.)
Sie sollte vielmehr ausnutzen, dass Sylvain nicht da war, und in seinen Laden einbrechen, um dort seine Geheimnisse in Erfahrung zu bringen.
Also, das war mal eine Idee. Ihr Großvater wäre stolz auf sie. Er wäre so stolz, dass das Geheimnis wahrscheinlich über seine Lippen drängen und ihrem Vater zu Ohren kommen würde. Ihr Vater hatte eine wirklich komische Einstellung zur Industriespionage. Er fand, dass man so etwas diskret machen sollte, durch Leute, die mit der Corey-Familie nicht in Verbindung gebracht werden konnten.
»Und warum essen Sie dann allein?«, fragte Sylvain.
Cade starrte ihn an. Ihm erst seine Geheimnisse für Millionen abkaufen zu wollen und jetzt das Objekt seiner sozialen Wohltätigkeit zu sein, war ein ziemlich brutaler Niedergang. Obwohl er sich möglicherweise gar keine Sorgen um sie machte, sondern sie nur demütigen wollte.
»Weil ich Leute nicht mag«, log sie eiskalt.
Da, das sollte ihm das Maul stopfen, damit er sich wieder seiner Freundin zuwandte. Sie fragte sich, wie es wohl war, mit einem Mann zusammen zu sein, der mit Schokolade das machen konnte, was er konnte, und der Augen hatte, die so dunkel waren wie …
»Vraiment?«, sagte Sylvain interessiert. »Sehen Sie Leute nur als Dollar und Euros, oder wie funktioniert das?«
Eine Sekunde, bevor sie ihre Kreditkarte auf den Tisch donnern und nach dem Kellner rufen wollte, wurde Cade klar, was für ein Triumph es für ihn gewesen wäre, sie aus dem Restaurant vertrieben zu haben. So wie er sie aus seinem Laboratoire vertrieben hatte. Nur mit ein
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