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Ein sueßes Stueck vom Glueck

Ein sueßes Stueck vom Glueck

Titel: Ein sueßes Stueck vom Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Florand
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ihm in die Augen. Sie warf einen Blick auf die kinnlangen, weichen Locken, die er immer noch trug, und musste lächeln. Heute hatte er einen besseren Frisör, das war alles. Er war immer noch derselbe Junge, dem das Romantische oder das Sinnliche von etwas zu langem Haar gefiel. Auf dem Foto war seine Haut pickelig, und seine Augen schienen zu groß in seinem Gesicht zu ruhen; alles in allem war die Form schon angelegt, wenn man genau hinsah, aber die Schulzeit war ganz klar nicht seine Glanzzeit gewesen. Er wirkte vor der Kamera schüchtern und unbeholfen.
    Auch jetzt wirkte er schüchtern und unbeholfen, wie er sie die Schnappschüsse betrachten sah. Er streckte die Hand nach dem Album aus und schloss sie wieder, als müsste er sich davon abhalten, ihr das Album zu entreißen. Sie grinste ihn an, und er zog eine Schulter hoch, drehte sich um und konzentrierte sich wieder aufs Kochen.
    »Du hast als Teenager zu viel Schokolade gegessen, oder?«, sagte sie lachend.
    »Schokolade ist nicht schlecht für die Haut«, gab er zurück, genervter, als es bei der Scherzhaftigkeit der Bemerkung nötig gewesen wäre. »Das ist ein Mythos.«
    »Ich weiß. Wir haben die Studie gesponsert.« Sie blätterte zur nächsten Seite. Seine Mutter hatte ihn an einem Ort fotografiert, der wahrscheinlich ihre Küche war – ein enger Raum mit fleckigen Linoleumarbeitsflächen –, als er gerade dabei war, ein totales Schokoladenchaos anzurichten. Auf dem Foto zeigte sein über die Arbeit gebeugtes Gesicht denselben Eifer, den er in seiner Chocolaterie noch immer an den Tag legte. Sogar die Neigung des Kopfes war noch dieselbe, ebenso wie die klare Linie seines Wangenknochens.
    »Du warst niedlich als Teenager.« Wie ein Nerd, nur dass er vom Kochen statt von Mathe oder Computern besessen war. Sie könnte wetten, dass irgendein ebenfalls schüchternes Mädchen in seiner Klasse unsterblich in ihn verliebt gewesen war und er es nicht mal gemerkt hatte. »Ich hätte mit dir geflirtet.«
    Seine Mundwinkel sanken nach unten. »Nein, hättest du nicht.«
    »Doch, bestimmt.« Sie grinste wieder und wunderte sich, wieso dieser Augenblick nicht so kuschelig und unbeschwert war, wie sie es erwartet hatte. »Ich hatte schon immer eine Schwäche für Männer, die Wunder mit Schokolade bewirken können.«
    Das stimmte. Allein die Erinnerung an ihn, so hinreißend und distanziert und präsent, auf einen Zauberkessel mit Schokolade konzentriert, reichte aus, um ihre Hormone mit einem Satz wieder in Wallung zu bringen, in ihr das Verlangen zu wecken, die Schokolade zu kosten, ihn zu kosten. Er war so verdammt supersüß, selbst jetzt, ohne dass Schokolade im Spiel war, allein auf die Rotweinreduktion konzentriert. Oder er wäre süß, wenn er aufhören würde, die Stirn zu runzeln. Eine gerunzelte Stirn hatte sie noch nie besonders angemacht.
    »Ja, das weiß ich wohl«, sagte er trocken.
    Was hieß das nun wieder? Egal was es zu bedeuten hatte, es fühlte sich jedenfalls nicht gut an. »Um ehrlich zu sein, hatte ich nie ein Date mit einem Mann, der mehr über Schokolade wusste als ich«, sagte sie, um die Unterhaltung auf ungefährlicheres Terrain zu bringen – eines, auf dem sie sich kabbeln konnten.
    Er zog eine Augenbraue hoch und sah sie von der Seite an, wobei er ihr endlich mehr Aufmerksamkeit schenkte, sodass sie seinen Blick mit einem kleinen Grinsen einfangen konnte.
    »Und ob das jetzt der Fall ist, weiß ich auch nicht.« Zumindest wusste sie nicht, ob sie ein Date mit ihm hatte.
    Er drehte sich um. »Pardon?«
    Sie stützte die Ellbogen wieder auf die Arbeitsfläche und grinste ihn an.
    »Du meinst, du weißt mehr über Schokolade als ich?«
    Sie wusste wahrscheinlich über einzelne Aspekte besser Bescheid. Aber sie schmachtete nach seinem Wissen – nach der Herrschaft über das magische Mysterium und die Intensität der Schokolade. Und … sie schmachtete nach ihm. »Nun, ich weiß, wie man sie verkauft«, sagte sie frech, statt das zuzugeben.
    »Du weißt, wie man sie verkauft für – wie viel sind die Leute bereit, dafür auszugeben?« Er machte eine Geste in Richtung ihrer Tasche auf dem Tisch, ähnlich der Geste, mit der jemand auf eine Mausefalle mit einer toten Maus darin zeigen würde, die entsorgt werden musste.
    Dreiunddreißig Cent bei Walmart. »Einen Dollar«, sagte sie. In Kinos wurde sie für einen Dollar verkauft. Oder in den Automaten am Flughafen.
    Er schüttelte den Kopf, als würden ihn die Leute immer wieder zum Staunen

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