Ein sueßes Stueck vom Glueck
und ihm, zwischen seiner Chocolaterie und ihrer Wohnung. Dann kehrte er dieselbe Handfläche in blanker Verwirrung nach oben.
Und sie hatte gedacht, ihr gemeinsames Essen am Abend zuvor hätte ihre Beziehung von purem Sex zu etwas verlagert, das vielleicht ein wenig emotionaler war.
Offensichtlich war Kochen für ihn nur eine weitere Art, an Sex zu kommen.
Jetzt fühlte sich ihre Röte so intensiv wie das Rot ihres Schals an, außerdem erzeugte etwas weitaus Schlimmeres Druck auf ihre Augen: Tränen. In diesem blöden Land heulte sie ständig. Zu Hause heulte sie nie.
»Vergiss es«, sagte sie auf Englisch, weil ihr nicht einfiel, wie es auf Französisch hieß, und machte auf dem Absatz kehrt in Richtung ihrer Haustür, während sie ihre Hände in den Manteltaschen zu Fäusten ballte.
Er hielt sie am Ärmel ihres Mantels zurück und zwang sie stehen zu bleiben. »Ich würde gern«, sagte er vorsichtig auf Englisch.
Sie blinzelte rasch und reckte den Kiefer gegen diese blöden Tränen der Verletzlichkeit vor. Sein Akzent und die Tatsache, dass er ihre Sprache benutzte, hatten sie niedergestreckt.
Er wühlte sich mit seiner Hand in ihre Manteltasche, bis es ihm gelang, sie um ihre behandschuhte Hand zu schließen und diese herauszuziehen. Er hielt ihre Hand in seiner, zwei Paar Handschuhe zwischen ihrer beider Haut. Das letzte Mal, dass sich ihre Hände ineinander verschränkt hatten, war, als er ihren Arm über ihren Kopf gestreckt und gegen die Matratze gedrückt gehalten hatte. Mit einem eigenartig ängstlichen Schrecken stellte sie fest, dass es das erste Mal gewesen war, dass sie sich bei den Händen hielten. »Es ist ein schöner Nachmittag zum Spazierengehen«, sagte er. Wie man’s nahm. Es war kalt und grau, der Wind war eisig auf der Haut, und in der Luft lag eine Andeutung von Schnee, die sich wahrscheinlich als kalter Regen entpuppen würde. Es war ein guter Nachmittag, um Hand in Hand spazieren zu gehen, um etwas Warmes und Besonderes zwischen sich zu wissen, zu wissen, dass man nach Hause gehen und sich mit demjenigen einkuscheln konnte, dass man nicht allein war, wenn der Winter kam.
Konnten sie das wissen? Wussten sie, dass sie nicht allein wären, wenn der Winter kam?
Sie gingen die Straßen entlang, auf denen der Regen der letzten Nacht noch immer nicht richtig getrocknet zu sein schien. Sie kamen an Läden vorbei, die voller Dinge waren, die man sich woanders kaum vorstellen konnte. Ein Ladenfenster zeigte alte Holzmodeln, mit denen man seine eigene Butter formen konnte, frisch gebuttert von der eigenen Kuh. In einem anderen war feinstes Leinen zu sehen, violett von Hand bestickt und mit Lavendel gefüllt. Ein weiterer Laden stellte Vanille aus. Nichts außer Vanilleschoten – von Tahiti, aus Madagaskar und Martinique.
Als sie am Fluss ankamen, dämmerte es bereits. Es war kalt, aber sie waren warm angezogen. Sylvain lenkte ihre Schritte zum oberen Quai, über die Pont Neuf. Die grüne Statue von Henri IV. zu Pferde erhob sich über ihnen. Von unten war das Tuckern eines Bootes zu hören, das mit seiner halben Ladung Paris-Besucher abfahrbereit für eine abendliche Tour auf der Seine war.
Cade konnte sich nicht sattsehen. Sie war erst zehn Tage hier, und jede Sekunde, in der sich der Abend über Paris senkte, war für sie ein Wunder.
Das abnehmende Licht fiel auf die beiden Kegeldächer der mittelalterlichen Conciergerie und tauchte sie zunächst in Rosa, dann in Dunkelheit, als entglitte sie in ein Märchen. Boote kamen vorüber und warfen ihren Schimmer auf das nachtschwarze Wasser. Hin und wieder sauste ein Skater vorbei und erzeugte mit seinen Skates ein gleitendes, schneidendes Geräusch auf dem Pflaster. Die Cafés füllten sich allmählich mit Leuten, die von der Arbeit kamen, sich aufwärmten oder sich mit Freunden trafen. Sanfte Beleuchtung hob für alle Passanten den Louvre hervor, eines der Prachtstücke von Paris.
Der Eiffelturm leuchtete auf die Stadt herab und sandte sein Suchlicht aus wie ein Leuchtfeuer. Auf einmal begann er zu funkeln. Cades Hand umfasste Sylvains Hand fester. »Er glitzert.«
Sie blieb stehen, lehnte sich an die Betonmauer des Quais und schaute zu. Bisher hatte sie es nur zweimal geschafft, diese berühmten zehn Minuten einer Stunde mitzubekommen.
Er lehnte neben ihr, ohne etwas zu sagen. Als sie zu ihm aufschaute, das Gesicht leuchtend vor Glück, sah er auf sie hinab, nicht auf den Turm. Er lächelte leicht, aber seine Augen hatten einen
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