Ein sueßes Versprechen
Gesellschaft rangierte, meist auf ländlichere Unterhaltungen beschränkt war und ohne das Gefolge Speichellecker, die sie um sich braucht, um ihr Selbstwertgefühl zu befriedigen. Man stelle sich vor, wenn das möglich ist, wie es Shrewton ginge, wenn er sich in dieser Lage wiederfände – sein Temperament würde das niemals zulassen. Alexandras auch nicht. Sie musste da herauskommen. Die Ehe mit George Campbell war vermutlich ihr erster Schritt. Aber sie konnte George nicht kontrollieren, doch ebenso wenig konnte er das mit ihr. Er ließ sie in seinem Haus im Norden und hat seine gesamte Zeit in London verbracht, dem Glücksspiel gefrönt und sich auch sonst amüsiert. Aber Alexandra ist nicht dort geblieben. Sie ist auch nach London gekommen und hat, wie wir annehmen, Roderick aufgesucht. Wir können davon ausgehen, dass Thurgood, der ihre Fähigkeit, andere zu manipulieren, bis zu einem gewissen Grad teilte und zudem vermutlich der Ansicht war, die Ferrars seien ihm etwas schuldig, sich da bereits an Rodericks Fersen geheftet hatte.
Damit haben wir also alle drei, alle Ferrars zusammen, aber Alexandra muss rasch gemerkt haben, dass sie die stärkste von ihnen war.« Letitia machte eine Pause und schaute Royce an. »Wenn Sie fragen und Shrewton sich zu einer Antwort herablassen würde, dann wette ich – und alle von uns, die die Ferrars kennen –, dass er es bestätigen wird, wenn Sie fragen, ob er von Alexandra, während sie in London lebte, einen Besuch erhalten hat, bevor davon geredet wurde, dass Roderick nach Indien geht. Mit großer Sicherheit wird sie die Anerkennung ihres Vaters als das stärkste und fähigste seiner Kinder gesucht haben. Danach muss sie sich gesehnt haben – so wie Shrewton selbst immer so arrogant darauf beharrt, dass seine eigene Stellung die gebührende Anerkennung erfährt. Und dabei geht es um Macht. So wie er auch immer darauf besteht, dass die Leute die Macht würdigen, die er angehäuft hat, so wird Alexandra seine Anerkennung für die Macht gesucht haben, die sie errungen hatte, die Macht über seine beiden Söhne eingeschlossen, Roderick und Daniel.«
Letitia schüttelte den Kopf.
»Aber Shrewton hätte ihr die Anerkennung nicht gegeben – niemals. Er hätte ihr vermutlich noch nicht einmal seine Zeit geschenkt.«
»Kilworth hat etwas gesagt«, bemerkte Royce, »dass Shrewton sich immer nur auf seine Söhne konzentriert hat.«
»Genau. Er ist … Ich würde sagen, ein absoluter Frauenhasser, aber eigentlich ist er das nicht wirklich. Er hasst Frauen nicht, sie sind ihm einfach herzlich gleichgültig – außer er kann sie als Schachfiguren oder als veräußerliche Güter verwenden.«
»Ah, verstehe«, sagte Daniel. »Daher ihre Bemerkung darüber, dass die weiblichen Vertreter einer bestimmten Art gefährlicher sind als die männlichen.«
»Allerdings.« Letitia blickte in die Runde. »Was Alexandra Campbell also dazu veranlasst hat, die Schwarze Kobra zu werden, war das Verlangen, es ihrem Vater zu beweisen, sich an ihm zu rächen – an dem Vater, der ihr noch nicht einmal unter Ausschluss der Öffentlichkeit die ersehnte Anerkennung zukommen lassen wollte, die ihr ihrer Meinung nach zustand. Daher hat sie sich Roderick genommen und Daniel auch. Und sie hat ein Reich erschaffen, das auf boshafter, rachsüchtiger Arroganz errichtet war und alles überstieg, was Shrewton selbst je erreicht hat.« Mit dem gewohnten Gespür für Dramatik machte Letitia an dieser Stelle eine Pause und schaute sich um, dann erklärte sie: »Und das ist es, worum es bei der Schwarzen Kobra und der gesamten Sekte ging.«
Einen Moment lang herrschte Schweigen, dann tat Gabriel Cynster so, als müsse er sich schütteln, und griff nach der Karaffe mit Whiskey.
»Ich weiß nicht, wie es euch anderen geht, aber ich bin froh, dass alles vorbei ist, dass es die Sekte nicht mehr gibt, dass die Schwarze Kobra im Gefängnis ist, dass das Schlimmste weit entfernt von unserem Zuhause passiert ist und unsere vier wackeren Kuriere England sicher erreicht haben« – er füllte sein Glas und hob es in Richtung von Del, Gareth, Logan und Rafe – »und alles zu einem Ende gebracht haben.«
»Hört, hört!«, erklang es. Gläser wurden gehoben, und alle stimmten in den Trinkspruch ein.
Dann schlug jemand vor, auf all die zu trinken, die nicht anwesend waren, aber zum Erfolg der Mission beigetragen hatten.
Diese Liste war lang und endete mit einer ernsten Schweigeminute zu Ehren James
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