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Ein Tag im Maerz

Ein Tag im Maerz

Titel: Ein Tag im Maerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Thompson
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hervorschauten, und hatte sofort vor Augen, wie er nackt aussah. Er war gebaut wie ein Rugbyspieler.
    Das machte es umso schwieriger, den Streit weiter in die Länge zu ziehen.
    »Es tut mir so sehr leid, Rachey. Gibst du mir noch mal eine Chance?«, flüsterte er ihr mit seiner tiefen sexy Stimme ins Ohr. Von der Küche her hörte Rachel einen vernehmlichen Laut der Missbilligung, und eine Tür wurde zugeschlagen.
    »Komm, wir gehen nach oben und reden«, sagte Rachel. Sie löste sich von ihm und nahm ihn bei der Hand.
    Rachels Zimmer war ganz oben im Haus. Sie hatte das gesamte Stockwerk für sich, komplett mit eigenem Badezimmer und einem beneidenswerten Kleiderschrank. Für sie war es eine Zuflucht, die ein klein wenig Abgeschiedenheit bot. Im Grunde hatte sie es sehr gut. Sie hatte alles, was sie sich wünschen konnte; seit sie ein kleines Mädchen gewesen war, kannte sie es nicht anders. Doch da ihr ganzer Freundeskreis ein ähnliches Leben führte, stellte sie es nie infrage: Ihre Freunde waren die Söhne und Töchter erfolgreicher Künstler, Architekten und Bankiers   – die angesagte Gruppe junger Männer und Frauen Anfang zwanzig, die sich nie über Pfund und Penny hatten sorgen müssen.
    Rich lehnte die Rosen an ein Bücherregal und ließ sich aufs Bett sinken. Das Zimmer war in einem beruhigenden Blau gestrichen, die Einrichtung hingegen war weniger ruhig. Überall hatte Rachel Poster ihrer Lieblingsbands aufgehängt, Bierdeckel von spektakulären durchgemachten Nächten und Albumcover. Der Boden war übersät mit Ausgaben von NME , schäbigen T-Shirts und Zigarettenetuis, von denen ihre Mutter naiverweise annahm, es handele sich um Schminkdosen. Dazwischen sah man überall die typischen Besitztümer einer Ballerina: Spitzenschuhe aus Satin in einer Vielzahl von Farben, eine kleine Schachtel mit Kolophonium, das über den ganzen Boden verteilt war wie verschüttetes Talkumpuder, die Überreste eines Kostüms, das sie zerschnitten hatte, um sich daraus ein Top zu machen, in dem sie ausgehen konnte.
    Obwohl sie dreiundzwanzig war und die meisten ihrer Freundinnen mit Freundinnen oder festen Freunden zusammenwohnten, war Rachel im Haus ihrer Eltern geblieben, weil sie ihren wahnsinnigen Trainingsplan auf diese Weise am besten einhalten konnte. Das Abendessen stand rechtzeitig auf dem Tisch. Ihre Wäsche wurde gewaschen. Das war die ideale Unterstützung für eine junge überlastete Künstlerin.
    »Und, wie läuft es mit dem Pas de deux?«, fragte Rich und legte sich auf das weiße Oberbett, blickte an die Decke und achtete darauf, nicht mit seinen Turnschuhen auf den Bezug zu kommen.
    »Nicht so toll. Wir üben zwar ständig, aber ich bekomme es noch nicht perfekt hin. Paulo ist auch ein bisschen begriffsstutzig.« Sie seufzte und blickte in den Spiegel an ihrem Kleiderschrank. Sie spielte mit ihrem Pony und dachte an ihren neuesten Trainingspartner mit seinen Knubbelknien, der es nie richtig schaffte, ihre fünfzig Kilo zu halten.
    Sie hatte ihre Fingernägel abgekaut, stellte sie fest. Sie hasste es, wenn ihr das passierte.
    »Na, komm her«, sagte Rich, erhob sich auf die Füße und ging in die Mitte des Zimmers, genau wie immer. Als wäre alles völlig normal. Als wäre es etwas, das alle Pärchen taten   … Er stellte sich auf ein kleines Holzpodest in der Mitte des Zimmers, das Rachel angebracht hatte, damit sie notfalls Spitzentanz üben konnte. Sie ging einige Schritte zur Seite, sodass sie vor ihm stand, ohne den Blick vom Spiegel zu nehmen. Richard legte die Hände um Rachels Taille und begann sie zu heben; seine Hände stützten ihre Hüften. Es gelang beinahe mühelos, als sie vom Boden absprang und in die Luft stieg. Wie gut, dass die Decke so hoch ist, dachte sie. Die Zeit schien sich zu verlangsamen, während seine kräftigen Handgelenke ihr erlaubten, dort zu schweben, als wäre sie so gut wie gewichtslos oder hinge an einem Faden. Sie breitete die Arme in einer traumhaften Arabeske aus und streckte die Beine, schuf perfekte Linien und Kurven. Es war ein wunderschöner und doch ungewöhnlicher Anblick. Rachel Matthew balancierte in der Luft, gestützt von den starken Armen Richard Moseleys, dessen Füße in einem Paar schneeweißer Hi-Tops steckten.
    Nach ungefähr dreißig Sekunden begannen Richards Arme unter ihrem Gewicht ein wenig zu zittern, und die Adern in seinen Händen zeichneten sich unter der Haut ab. Sanft holte er sie wieder auf die Erde zurück, und mit einem leisen Wumms

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