Ein Tag im Maerz
Lkw angeliefert und abgeholt wurde. Dort war nichts, natürlich nicht …
Sara begriff, dass Tom vermutlich drinnen war und sie ihre Zeit verschwendete. Und dort drin würde er es kaum mit einer fremden Frau treiben, oder? Vielleicht sollte ich hineingehen, überlegte sie, und ihn überraschen. Sie konnte behaupten, sie habe sich den Tag freigenommen und wolle nur mal Hallo sagen. Ich bin albern, dachte sie und kam sich töricht vor.
Plötzlich drang die Stimme ihres Mannes vom Ende des Tunnels her in ihre Gedanken. Der Hall war so stark, dass Tom kaum zu verstehen war. Sara drückte sich so eng an die Mauer, wie sie konnte, und rückte ein wenig näher, achtete aber auf genügend Abstand, um weiter versteckt zu bleiben.
Ein Motor sprang an, und Toms dunkelblauer Lieferwagen erschien in dem kleinen Kasten, den man am Ende der Durchfahrt sah. Sara betete, dass sie nicht husten oder niesen musste … Dann hätte sie sich verraten, und es wäre sehr schwierig, Tom glaubhaft zu erklären, was sie in der dunklen Toreinfahrt neben der Galerie zu suchen hatte.
Das leise Motorwummern verstummte, und Sara hörte, wie die Hintertür des Lieferwagens geöffnet wurde. Füße schlurften über Beton. Jedes Geräusch wurde im Durchgang verstärkt.
Dann hörte sie eine Männerstimme. Sie gehörte nicht Tom, sondern vielleicht jemandem, mit dem er arbeitete und den sie kennengelernt hatte – jedenfalls erkannte sie sie nicht. »Und, wie ist das Eheleben so, Alter? Lange her, seit ich dich zum letzten Mal sah – das war noch vor der Hochzeit, oder?«
Sara hielt den Atem an.
»Großartig, danke, ja … Wir sind so glücklich miteinander, es kommt mir vor, als hätte ich erst gestern geheiratet«, sagte Tom mit angestrengter Stimme, so als hebe er etwas Schweres.
In tiefer Erleichterung seufzte Sara tief auf und dachte erneut, dass sie vielleicht nur überreagierte. Doch da war noch immer dieses Dating-Profil. Es ergab einfach keinen Sinn.
»Wie ist es denn so, du weißt schon, so richtig verheiratet zu sein?«, fragte der Fremde.
Tom schwieg einen Moment lang. »Na ja … es ist eigentlich nicht besonders anders … aber gut! Ich liebe Sara total, ich war völlig aus dem Häuschen, als sie Ja gesagt hat, und ich zwicke mich immer noch hin und wieder, ob ich bloß träume … Jahrelang gehst du mit irgendwelchen Frauen aus, die nicht richtig zu dir passen, und wenn es dann Klick macht, dann weißt du es auch. Auf einmal passt alles zusammen.«
Saras Herz schmolz ein wenig dahin, und sie erlebte das vertraute warme Gefühl der Liebe in ihrem Bauch, das sie seit gestern Abend vermisste. Ihr war, als fielen die ganze Anspannung und das ganze Misstrauen einfach von ihr ab. Vielleicht handelte es sich doch um einen Irrtum? Doch dieses Internet-Dating-Profil war nicht einfach aus dem Nichts erschienen.
»Fühlst du dich nicht manchmal doch eingesperrt?«, hörte sie wieder die Stimme des Unbekannten. Er muss noch jung sein – es gehört sich nicht, Tom solche Fragen zu stellen, dachte sie. Der Ton seiner Frage schmerzte ein bisschen und verlangte daher nach einer entschiedenen Antwort.
»Wovon?«
An Toms Ton merkte Sara, dass auch ihm die Frage nicht besonders gut gefiel.
»Na, dass Sara jetzt eben alles ist. Du kannst nie mehr mit einer anderen Frau zusammen sein, für den Rest deines Lebens nicht. Da legt man sich doch richtig heftig fest. Ich bewundere dich dafür … ich glaube nur einfach nicht, dass ich es könnte«, sagte der Unbekannte mehr von links und etwas stärker gedämpft als eben.
Sara hörte das Geräusch, mit dem die Dose eines kohlensäurehaltigen Getränks geöffnet wurde.
Sara empfand einen Ansturm von Wut und konnte sich gerade davon abhalten, vorzupreschen und diesem Kerl, wer immer er war, eine Standpauke zu halten. Diese Männergespräche, dachte sie, sind das größte Problem für Beziehungen heute – die Vorstellung, dass die Entscheidung eines Mannes zu heiraten gleichbedeutend war mit dem Abgeschnittensein von einer ganzen Bandbreite von Erfahrung, die er einfach machen musste und ohne die er sich nicht als richtiger Mann fühlen konnte. Irgendwie kastriert. Sie empfand ganz gewiss nicht das Bedürfnis, sich je wieder von einem anderen Mann küssen zu lassen, wieso also sollte es umgekehrt anders sein?
Was stimmte nicht mit den Kerlen?
»Nein, Alter, überhaupt nicht. Ich bin einfach nur glücklich«, entgegnete Tom mit einem Ton in der Stimme, die darauf
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