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Ein Tag im Maerz

Ein Tag im Maerz

Titel: Ein Tag im Maerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Thompson
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sehr gering waren. Eher betrog er sie abends, wenn sie im Restaurant arbeitete   – trotzdem, einen Versuch war es wert.
    Sie trat in den dunklen Flur ihres Hauses in Finsbury Park und öffnete die Vordertür. Augenblicklich begrüßte sie strahlender Sonnenschein. Die Häuserreihen auf der anderen Straßenseite erinnerten sie stets an die Straßen des alten New York, wo große Treppen zur Haustür hinaufführten, und sie fand stets, dass dort scharenweise die jungen Leute herumlungern und zum blechernen Beat aus einem Gettoblaster rappen sollten.
    Sara setzte sich die Sonnenbrille auf und atmete tief durch. Hinter ihr fiel die Tür mit einem leisen Klicken ins Schloss. Sara war nervös. Wenn sie etwas sah   … wollte sie es wirklich sehen? Wollte sie es mit Sicherheit wissen? Brauchte sie die mögliche Untreue ihres Mannes amtlich besiegelt, damit die unausweichliche Trennung stattfinden konnte? Mit Streit über die Aufteilung der Töpfe und Pfannen von Le Creuset und darüber, wer sich die Rosinen der DVD -Sammlung rauspicken durfte? Sie waren zwölf Monate verheiratet. Seelenvernichtend wäre das.
    Auf flachen Absätzen ging sie zielstrebig an den kleinen, ungepflegten Bäumen vorbei, die die Straße zur U-Bahn-Station säumten. Dieser Sache aber aus dem Weg zu gehen wäre feige.
    Obwohl der Frühlingsanfang warm war, gab es einen angenehmen Wind, der ihre Strickjacke durchpustete. Ihr Gemüt zu kühlen vermochte er allerdings nicht. Ein paar Meter vor ihr ging ein kleiner Junge und trat eine leere Coladose über den Gehweg. Alles erschien ihr lauter und greller; das Scheppern des Blechs auf dem Pflaster tat ihr in den Ohren weh. Ein Bus fuhr mit laut quietschender Federung an ihr vorbei, und sie zog ein gequältes Gesicht und spürte, wie ihr vor Zorn die Röte in die Wangen stieg.
    Sara beschleunigte ihren Schritt, denn wenn sie zu spät kam, würde sie Tom verpassen. Sie ging an dem Kind vorbei undkonnte nur knapp der Dose ausweichen, die auf ihre Füße zuschepperte. Der Junge, in Shorts und einem hellblauen T-Shirt, spuckte auf den Boden und sah sie wütend an.
    Als sie an der Tottenham Court Road aus der U-Bahn stieg, fühlte sie sich sogar noch nervöser. Tat sie das Richtige? Sie war bereits die Auszüge des gemeinsamen Kontos durchgegangen und hatte dort nach etwas Belastendem gesucht. Abgesehen von der gelegentlichen Shopping Tour bei Topman, den üblichen Abbuchungen der Verkehrsgesellschaft und den Schnelleinkäufen im Supermarkt mitten in der Nacht hatte sie nichts gefunden. Nicht einmal die Gebühr für sein Internet-Dating-Profil wurde abgebucht. Dabei hatte sie gründlich gesucht und war mehrere Monate zurückgegangen. Auch der Inhalt seiner Anzugtaschen warf kein neues Licht auf die Angelegenheit, was darauf hindeutete, dass er gewieft Vorkehrungen traf, und das beunruhigte Sara mehr als jeder Hinweis auf offensichtlich unehrliches Spiel. Es war berechnender. Kälter.
    Sie wand sich durch die Menschenmengen, die auf dem Pflaster umherwimmelten wie die Ameisen. So viel Vielfalt war zu sehen darin   – das mochte sie so sehr an London –, doch heute erschien ihr jeder als Hindernis: Mauern aus Menschen, die sie zwar vollkommen verbargen, aber ihr Vorankommen erschwerten. Touristen ärgerten sie damit, dass sie unversehens vor ihrer Nase stehenblieben und vor dem beeindruckenden Stadtbild die Hälse reckten.
    Schließlich erreichte sie die Galerie. Kurz blieb sie ein paar Meter vor den Glastüren stehen, sah auf die eigenen Füße und zwang sich, langsam zu atmen. Mit hektisch vor- und zurückwippendem Kopf huschte ihr eine Taube um die Füße.
    Sara empfand einen Moment lang ein Schuldgefühl darüber, dass sie auf solche Maßnahmen zurückgriff. Sie spionierte ihrem Mann hinterher. Das Gefühl hielt allerdings nicht lange an, undsie bog in die Hofeinfahrt neben der Galerie. Auf Zehenspitzen schlich sie weiter und horchte auf Stimmen, die aus den offenen Fenstern drangen. Sie hatte Angst, das Klacken ihrer Absätze könnte sie verraten, und sie stützte sich mit den Händen an den kühlen Mauerfliesen ab: Die Sonnenwärme hatte diesen stillen, dunklen Weg, in dem es modrig roch, noch nicht erreicht.
    Ihr fiel es schwer, mehr zu hören als das Pochen ihres Herzens in ihren Ohren, deshalb atmete sie noch ein paar Mal durch, um ruhiger zu werden. Die Geräusche der Straße waren kaum noch hörbar, und sie lauschte auf irgendetwas, das am Hintereingang der Galerie vorgehen konnte, wo in Pkw und

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