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Ein Tag im Maerz

Ein Tag im Maerz

Titel: Ein Tag im Maerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Thompson
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trug einen Anzug mit einer schmalen schwarzen Krawatte.
    »Das ist wunderschön«, sagte Kate und beugte sich über das Foto.
    »Er war   … er sah unglaublich gut aus«, antwortete Bryony mit einem strahlenden Lächeln und fand einen Augenblick lang ein wenig Wärme und Glück in der Trostlosigkeit, die sie seit seinem Tod umschloss.
    »Das war er wirklich«, sagte die Journalistin und lächelte mit Bryony.
    Sie schob eine Visitenkarte mit einer E-Mail-Adresse, an die Bryony das Foto schicken sollte, über den Couchtisch, und das war es gewesen. Nach einigen Minuten tröstenden Gesprächs, weiteren mitleidigen Blicken und einem verlegenen Händedruck hatte sich Kate verabschiedet, und Bryony war wieder allein in der Wohnung zurückgeblieben.
    »Hallo, was kann ich Ihnen bringen?«, riss eine Männerstimme Bryony aus ihrem Tagtraum, als wäre sie ein Kind, das eine Geburtstagsparty noch nicht verlassen will.
    Bryony zuckte ein wenig zusammen, dann bemerkte sie, dass sie auf den Boden einer leeren Tasse starrte, als stände dort der Sinn des Lebens geschrieben. Sie straffte den Rücken und versuchte sich zusammenzureißen. Sie spürte die Wärme der Sonne, die durch die Fensterscheibe noch verstärkt wurde.
    Der Kellner sah gut aus. Umwerfend sieht er aus, dachte Bryony. Er hatte die gleiche anziehende Frechheit an sich, die sie in Max gesehen hatte. Deshalb machte er ihr Angst. Sie konnte ihm kaum in die großen grünen Augen sehen.
    Er war groß, und seine Kleidung verbarg eine gute, kräftige Figur. Er hatte ein kleines Nasenpiercing, einen winzigen Silberstift. Normalerweise mochte sie so etwas nicht, aber zu ihm passte es. Er trug das dunkle Haar kurz und oben etwas dichter.Es wirkte, als wäre es kürzlich erst geschnitten worden. Er hatte ein nettes, offenes Gesicht, das von Bartstoppeln bedeckt war, und sah aus, als wäre er in einer Band.
    »Äh, hi, danke. Ja, bringen Sie mir   …«, sagte Bryony und hielt inne, damit es so klang, als müsste sie darüber nachdenken   – sie fühlte sich von seinem guten Aussehen erstickt und bedrängt. »Könnte ich bitte einen koffeinfreien Latte mit einem Stück Zucker haben?«, fragte sie höflich.
    Er notierte es sich auf seinem Block, mit geröteten Wangen. Wieso konnte er sich nicht merken, was sie bestellte? Sie bestellte schließlich immer das Gleiche.
    Was für ein Idiot .
    »Mit Sahne?«, fragte er und bedachte sie mit einem frechen Grinsen.
    »Nein, danke«, sagte sie.
    »Okay, kommt sofort«, sagte er und drehte sich rasch um. Seine Unterhose guckte ihm hinten aus dem Bund seiner Jeans.
    Bryony wandte sich wieder dem Fenster zu und starrte hinaus.

13
    Er fragte sich, wen er anrufen konnte.

    Samstag, 4. April 2009
    Islington, Nord-London
    18 Uhr
    »Scheiße, Scheiße, Scheiße!«, rief Tom laut. Seifenwasser lief ihm über die Stirn. Eine rosarote Gummiente rutschte vom Rand der Badewanne und landete mit einem Platschen.
    Erst vor ein paar Tagen hatte Sara ihn aus seinem eigenen Haus geworfen. Wie in einem Film oder Musikvideo hatte sie gewütet, ihn in einem Sturm des Zorns und der Gehässigkeit vor die Tür gesetzt und ihm seine Sachen aus dem obersten Fenster heruntergeworfen; überall hatten Unterhosen gelegen wie in einem peinlichen Bild der Künstlerin Tracey Emin. Er lebte jetzt ohne jeden Komfort. Er schlief mal auf diesem, mal auf jenem Sofa. Technisch war er obdachlos und stellte sich vor, wie er in drei Monaten an einer Suppenküche anstand, mit ungepflegtem Bart und nach Fisch und Mülltonnen riechend.
    Er lag in der Badewanne seines besten Freundes Mark und fragte sich, wie um alles auf der Welt alles derart außer Kontrolle geraten konnte. Er hatte versucht, Saras Freundinnen anzurufen, um die Lage zu erklären, doch sie gingen entweder nicht dran oder wiesen seine Nummer gleich ab. Niemand wollte in die Sache mit hineingezogen werden.
    Er bekam Sara einfach nicht zu fassen.
    Seine Lage sah so übel aus, dass er es noch mehr mit derAngst zu tun bekam. Sie hatte recht; es wäre wirklich schwierig, sich dort »herauszuwinden«. Er konnte ihr ihre Reaktion nicht einmal verübeln   – er war sich nicht sicher, ob er ihr glauben würde, wären die Rollen vertauscht.
    Er vermisste Sara unglaublich.
    Hier im Bad sitzend vermisste er sogar den unbeholfenen Sex, den er mit seiner Frau in der heimischen Wanne gehabt hatte, inklusive quietschender Arme und Beine und gefährlichem Ausrutschen. Er vermisste es, mit ihr im Bett zu sitzen und ihren Atem

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