Ein Tag im Maerz
bebte, als er sprach, die tiefe Stimme eines Jungen, der gerade zum Mann geworden war, nur aus den falschen Gründen. »Ich möchte Max Tooley und seine Familie um Verzeihung bitten, und meine Mutter auch. Ich hoffe, sie finden eines Tages eine Möglichkeit, mir zu vergeben.«
15
Seine Freunde konnten gar nicht anders, sie mussten ihm zusehen und grinsen.
Sonntag, 19. April 2009
Finsbury Park, Nord-London
2 Uhr
»Sooo, give me coffee and TV … Hiiisstorreeee« , schluchzte die laute Stimme eines jungen Mannes aus den Lautsprechern, hin und wieder untermalt vom Jaulen einer Rückkopplung.
Seine schwarzen Vans donnerten über den Holzboden. Er war supercool. Max’ Augen waren »beschickert«, wie Bryony es gern nannte. Sein Pony flog vor und zurück, und während er sang, breitete sich ein spitzbübisches Grinsen auf seinem Gesicht aus. Er sah unglaublich gut aus. Selbst die Kellnerin hielt hinter den Zapfhähnen gebannt ein paar Sekunden lang inne und lächelte geziert. Bryony musterte ihren halb betrunkenen Freund auf der kleinen Bühne, und statt sich zu genieren, dachte sie darüber nach, ihn so bald wie möglich nach Hause zu schleppen für ein bisschen von Cocktails befeuerte Leidenschaft.
Es war sein fünfundzwanzigster Geburtstag, und eine Handvoll seiner besten Freunde hatten sich mit ihm in einer Karaoke-Bar in den Tiefen Sohos getroffen und klatschten, während er fast unverständliche Sätze ins Mikrofon kreischte. Ein paar schwache Lichter von einem gefährlichen aussehenden Aufbau, der unsicher auf einem wackligen Gerüst stand, tanzten über sein Gesicht und seinen Körper. Ein DJ, der Anfang dreißig sein musste und eine flache Mütze trug, stand voreinem Laptop und sah mit leicht höhnischem Gesichtsausdruck zu, wie Max den Song Nr. 14.065 aus der Mediathek auf seiner Festplatte wählte. Der Text erschien auf einem kleinen Fernseher, und eine kleine Biene sprang von einem Wort zum nächsten.
Die Gitarre im Hintergrund hatte so viel positive Energie, dass die Leute hysterisch zum Beat mit den Beinen zuckten, trotz des dubiosen Gesangs. Coffee and TV von Blur war ansteckend. Köstlich.
Perfekt für Max, auch wenn er den Song nüchtern vielleicht unerträglich gefunden hätte.
An der Theke lehnte ein dicker Mann. Er wirkte tief unglücklich, wie er den Kopf auf die Hand stützte und Rollen aus Wangenspeck über seine Fingerknöchel quollen. Er wurde von den Leuten in den Zwanzigern kaum bemerkt, für die der Abend noch jung war und voller Verheißung. Es konnte überall weitergehen, in einem Nachtclub, in der Ausnüchterungszelle, bei einer House Party vielleicht …
»I’ve seeeeeen so much, I’m goin blind, and I’m brain dead virtually« , fuhr Max fort und grinste seine Freunde an, die vor Begeisterung jubelten. Eine kleine Schweißperle lief ihm die Stirn hinunter, und er wischte sie sich mit dem Handrücken ab. Er nahm das Mikrofon aus dem Ständer und begann, auf der Bühne umherzustampfen. Das schwarze Mikrofonkabel ringelte sich um seine Füße und machte seinen Auftritt zu einem halsbrecherischen Stunt. Sein Lächeln, seine Energie wirkten wie eine Droge auf alle. Seine Freunde konnten gar nicht anders, sie mussten ihm zusehen und grinsen.
Die nächste Zeile war für Bryony, und er beugte sich vor über den Rand der Bühne, fiel fast hinunter, konnte sich aber halten. Ihr glänzendes schwarzes Haar glitzerte im Lichtschein der Bar, und sie errötete leicht. Max streckte die Hand aus und packte ihre, griff nach ihren zierlichen Fingern mit den manikürten, wasserblau lackierten Nägeln.
»Taaaake me awaaaay from this big bad woooorld, and agreeeee to marry meeee« , johlte er und blickte seiner Freundin in die Augen, ließ sie im Herzen noch mehr zusammenschmelzen … obwohl sie natürlichwusste, dass es nur eine Textzeile war. Wörter aus einem Lied. Er zog sich zurück, und sie schlug die Hände vors Gesicht, voll Verehrung für ihren Freund, den Rockstar, auch wenn er es nur einen Abend lang war und der Mut zu seinem Auftritt aus der Flasche stammte.
Eliza drückte ihren Arm und lächelte. Ihre Dreadlocks waren verschwunden – so etwas trug man heute nicht mehr – und durch einen beeindruckenden blonden Lockenkopf ersetzt worden. »Ihr beide seid wie füreinander geschaffen. Auch wenn er dir einen Zahn ausgeschlagen hat«, sagte sie, trank ihr Weinglas leer und knallte es auf eine Lautsprecherbox.
Bryony hob den Zeigefinger zu ihrem rechten Vorderzahn und
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