Ein Tag im Maerz
einer sanften Berührung an der Taille zur Seite. Bryony zuckte ein wenig zusammen, aber sie gab nach und tauschte mit ihm den Platz. Jetzt hatte sie eine Riesenmenge frische Plätzchen vor sich, die glasiert werden wollten.
»Oh, ich wohne allein«, sagte sie.
»Das muss schön sein«, erwiderte er, hob neidisch die Brauen und reichte ihr die Spritztülle.
Schön! Das war nicht schön! »Schön« war nicht das Wort für die Nächte, die sie auf dem Sofa lag und sich danach sehnte, dass Max zurückkam, dass er einfach an die Tür klopfte und zu ihr sagte, dass alles nur ein geschmackloser Scherz gewesen war. »Schön« beschrieb nicht ihre Albträume, aus denen sie in die Bettlaken verwunden aufwachte. Dann schnaufte sie heftig in die feuchte Luft des Schlafzimmers, das sie mit Max geteilt hatte,und musste nach ihrem eigenen verbrauchten Atem schnappen.
»Ja, es ist wunderbar«, sagte sie, drückte die Hülle zusammen und spürte, wie die rote Glasur sich unter ihren Fingerspitzen wegbewegte. »Was soll ich draufschreiben?«
»›Ich liebe dich‹, bitte«, sagte er und wurde rot.
Ich liebe dich.
Ich liebe dich.
Erinnerungen zuckten Bryony durch den Kopf. Sie musste sie beiseitedrängen … Stell ihm eine Frage, irgendeine Frage, dachte sie, egal was; Hauptsache, ihre Gedanken entwickelten nicht wieder ein Eigenleben und zogen sie zurück …
»Mit wem wohnst du denn zusammen?«, fragte Bryony mit gefährlich bebender Stimme. Sie beugte sich vor und begann mit dem »Ich«. Es sah furchtbar aus, ein krakeliger, unbrauchbarer Mist. In Tesco hatte Max ihr zum ersten Mal gesagt, dass er sie liebte. Sie würde es niemals vergessen.
»Ich liebe Hummus, Max«, hatte sie geseufzt, während sie verlangend die Stapel von Hummus in Plastikdosen anschaute und sich eine Haarlocke um die Finger drehte.
Er hatte einen Korb mit Wein, Bier und Nudeln in der Hand gehalten. »Und ich liebe dich«, hatte er geantwortet.
»Was?«
»Ich sagte, äh, ich liebe Käse.«
»Nein, hast du nicht.«
»Stimmt, hab ich nicht.«
Die Übelkeit kehrte in Bryonys Magen zurück. Panik drückte ihr das Blut heftiger durch die Adern, ihr Herz pumpte immer schneller.
»Ich habe zwei Mitbewohner«, sagte Adam und riss Bryony aus ihrer Spirale der Hysterie, in der sie krakelige Buchstaben malte, mit denen man die Plätzchen unmöglich verkaufen konnte.
»Habt ihr Spaß?«, keuchte sie. Sie klammerte sich an die Normalität des Gesprächs.
»Nein, es ist ziemlich ätzend. Sie können beide keinen Staubsauger bedienen und wissen nicht, wo das Spülbecken ist. Es ist harte Arbeit«, sagte er, legte die ausgestochenen Kekse auf ein Backblech und musterte Bryonys desaströse Versuche, romantische Botschaften auf die Plätzchen zu schreiben. Dann ermannte er sich. »Also, wo wir schon bei diesen Dingen sind, ich muss dich etwas fragen – hast du einen Freund?«
»Nein«, sagte sie und atmete leichter – die Panik ließ sie los. »Und du? Hast du eine Freundin?«, fragte sie ihn, um das mechanische Gespräch nicht abreißen zu lassen. Hin und her. Ping-pong.
»Oh, nein«, sagte er ernst, beugte sich über die Theke und blickte wieder auf die Plätzchen. Er hatte schlanke, aber kräftige Arme. Kleine Muskeln regten sich unter der Haut, als er weiter Teig ausstach.
Ein verlegenes Schweigen stellte sich ein.
»Ich meine, ich hatte Freundinnen«, sagte er schnell, »aber es waren einfach miese Beziehungen. Katastrophal. Ich mache Pause, was Frauen angeht, ich habe mich für die vorhersehbare Zukunft ausgeklinkt.« Er lachte, richtete sich auf und wirkte verlegen. Heiße Röte kitzelte seine Wangen. »Sorry, ich klinge damit ein bisschen wie ein Mistkerl. Im Grunde fürchte ich mich vor Beziehungen, denn sobald etwas ernst ist, geht es schief … Im Moment möchte ich nur gute Freunde um mich haben«, sagte er und entspannte sich ein wenig, nachdem er sich besser erklärt hatte.
Bryony war im Stillen erleichtert. Er muss ganz schöne Scheiße durchgemacht haben, dachte sie. »Doch, das verstehe ich. Vollkommen.« Sie nahm einen Keks und biss ein kleines Stück ab.
23
Diesen Hut kannte sie gut.
Sonntag, 24. Mai 2009
Finsbury Park, Nord-London
8 Uhr
Tynice Hendry war vorwiegend schwarz gekleidet.
Sie trug einen schwarzen Bleistiftrock, der über das Knie reichte, dazu einen schwarzen Blazer, eine cremefarbene Bluse und einen kleinen petrolblauen Hut. Für die Kirche hatte sie sich immer festlich angezogen, aber heute
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