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Ein Tag ohne Zufall

Ein Tag ohne Zufall

Titel: Ein Tag ohne Zufall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearson Mary E.
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Lange zeigt auf das Café. »Louise hat nichts dagegen, wenn ich meine Kunden rüberschicke. Manchmal bestellen sie danach auch was.« Er zwinkert uns zu, dann hängt er die Zapfpistole in die Tanköffnung. »Louises Blaubeerstreusel ist übrigens ein Gedicht. Bin gleich wieder da.« Mit dem Schein in der Hand rennt er quer über die Straße und verschwindet in einem handtuchschmalen Gebäude mit einem Postschild über der Tür. Aidan springt aus dem Auto und steuert das Café an, Mira versichert uns, dass sie auch gleich wieder da ist, und läuft hinter Aidan her.
    Seth und ich sitzen ungefähr fünf Sekunden stumm nebeneinander, wobei mir diese fünf Sekunden so quälend lang vorkommen wie drei Doppelstunden bei Miss Boggs. Dann hat das kleine Schaf ein Einsehen und bricht das peinliche Schweigen.
Määäh!
    »Vielleicht muss es ja auch mal aufs Klo.« Ich hebe das Lämmchen hoch und will die Tür öffnen.
    »Hast du immer einen Packen Hunderter im Handschuhfach?«
    Ich erstarre in der Bewegung, drehe mich aber nicht nach Seth um. »Oder es hat Hunger. Was es wohl frisst?«
    »Ist das überhaupt dein Auto?«
    Jetzt drehe ich mich um und schaue Seth an. Das Lämmchen drücke ich an mich. »Die Antwort kennst du ja wohl selber.«
    »Was es frisst?«
    »Dass es nicht meins ist.«
    »Das Schaf?« Er wirkt irgendwie angespannt. Ich kneife die Lippen zusammen und starre ihn wütend an. Ist Seth wirklich so cool, wie er immer tut? Am liebsten würde ich ihn mal so richtig aus der Ruhe bringen, seine lächelnde, gelassene Fassade einfach einreißen. Aber es ist noch früh am Tag, und wir haben noch eine ganze Strecke zu fahren, darum gebe ich der Versuchung nicht nach. Ich bin ja nicht blöd. Nein, ich tue ihm den Gefallen und gehe auf ihn ein.
    »Genau, das Schaf. Es gehört mir nicht. Wir müssen es zu seiner Mutter bringen.« Ich will am Türgriff ziehen, aber Seth hält mich am Arm fest.
    »Was hast du eigentlich zu verbergen?«
    Ich zucke die Achseln und schüttle seine Hand ab. »Ich habe keine Geheimnisse.«
    »Die hat jeder, Destiny.«
    Auf einmal fühl ich mich ganz schwach, als hätte ich keine Muskeln mehr. Ich glaube, Seth hat mich noch nie mit vollem Namen angesprochen. Ich wusste gar nicht, dass er meinen vollen Namen kennt. »Du hast dich auch nicht grade drum gerissen, dein Geheimnis zu erzählen, als Mira das Spiel vorgeschlagen hat.«
    »Ich wollte eben höflich sein und ihr und Aidan den Vortritt lassen.«
    Määäh.
    »Ganz meine Meinung!«, raune ich dem Lämmchen ins Ohr, dann setze ich es auf den Boden. Es stakst zu ein paar kümmerlichen Grasbüscheln neben der Scheune. Ich drehe mich nach Seth um. »Heißt das, ich kriege deins noch zu hören?«
    »Ich glaub, ich geh auch mal drüben aufs Klo.« Er steigt aus und streckt sich, als wären wir schon stundenlang unterwegs. »Ich kann ja im Café fragen, ob irgendwer etwas über das Schaf weiß.«
    Aber der Lange kommt schon zurück. »Da bin ich wieder!«, verkündet er. Statt des einen Geldscheins hält er jetzt mehrere Scheine in der Hand. Der Tank ist inzwischen voll. Der Lange zählt das Wechselgeld ab und gibt es Seth, der es an mich weiterreicht. Aus der Baracke kommt eine große, stattliche Frau gestapft. Sie trägt einen ärmellosen, wallenden blauen Hauskittel. Ihre Arme sind jeder für sich fast so dick wie die Taille des Langen. Er grinst wieder, und ich sehe, dass ihm ein Schneidezahn fehlt. »Das ist meine Frau Belle. Ihre Schwester ist Wahrsagerin. Interesse?«
    »Ja, wen haben wir denn da?« Belle beugt sich über das Lämmchen und streichelt es.
    »Wir haben es ungefähr eine halbe Meile von hier von der Straße aufgelesen«, sage ich. »Gibt es hier in der Gegend eine Herde oder so? Wir wollen es seiner Mutter wiederbringen.«
    Sie kratzt sich den Kopf. »Hier hält niemand Schafe.«
    Der Lange mischt sich ein. »Vor ein paar Tagen ist jemand mit einer Herde hier durchgekommen. Wollte wahrscheinlich auf den Markt damit. Aber die sind längst über alle Berge.«
    »Auf den Markt?«, wiederholt Seth halblaut.
    »Du bist ja ein ganz Hübscher!« Belle greift dem Lämmchen mit beiden Händen prüfend um den Bauch, dann richtet sie sich schnaufend wieder auf. »Bisschen mager. Aber es würde nicht lange dauern, den Kleinen wieder aufzupäppeln. Ich nehm ihn euch gerne ab.« Sie grinst von einem Ohr zu anderen.
    »Nein danke.« Seth läuft zu dem Lämmchen und klemmt es fest unter den Arm. »Lucky kommt mit uns.«
    »Lucky?«, frage

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