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Ein Tag wie ein Leben

Ein Tag wie ein Leben

Titel: Ein Tag wie ein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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die Firma anrufen, wo man Tische und dergleichen
ausleihen kann…«
Ich seufzte leise. Nun, ich brauchte mich nicht zu wundern, aber
trotzdem…
»Während ich dann morgen die Anrufe erledige, macht ihr euch auf
die Suche nach dem Hochzeitskleid, verstehe ich das richtig?«
»Ich kann es kaum erwarten!« Jane fröstelte. »Wenn ich mir vorstelle, wie sie die Kleider anprobiert - und für welches sie sich dann
entscheidet… Wie lange habe ich mich schon auf diesen Augenblick
gefreut - eigentlich seit sie ein kleines Mädchen war. Es ist einfach
himmlisch.«
»Finde ich auch.«
Sie hielt die rechte Hand hoch, Daumen und Zeigefinger dicht aneinander gepresst. »Und wenn ich es mir dann vorstelle… Um Haaresbreite hätte Anna mir dieses Erlebnis vorenthalten!«
»Kinder sind oft erstaunlich undankbar, findest du nicht?«
Jane lachte und blickte wieder hinaus aufs Wasser. Im Hintergrund
hörte ich die Grillen zirpen, und die Frösche begannen ihr abendliches Quakkonzert, das in seiner Eintönigkeit ungeheuer beruhigend
wirkte.
»Hättest du Lust auf einen kleinen Spaziergang?«, fragte ich unvermittelt.
Sie stutzte. »Jetzt gleich?«
»Wieso nicht?«
»Wohin möchtest du gehen?«
»Ist das wichtig?«
Sie war auf diesen Vorschlag nicht gefasst gewesen, sagte dann aber: »Ach, eigentlich eine gute Idee.«
Schon ein paar Minuten später schlenderten wir gemeinsam durch
unser Viertel. Die Straßen waren menschenleer. In den Häusern auf
beiden Straßenseiten waren die Fenster erhellt, und hinter den Vorhängen bewegten sich schattenhafte Gestalten. Wir gingen auf dem
Randstreifen, da es keine Gehwege gab. Der Kies knirschte unter
unseren Füßen. Die Stratuswolken über uns bildeten einen geheimnisvollen Silberstreifen.
»Ist es hier auch so still, wenn du morgens joggen gehst?«, fragte
Jane.
Ich verlasse meistens vor sechs das Haus, wenn sie noch schläft.
»Manchmal. In der Regel sind aber schon ein paar andere Jogger
unterwegs. Und die Hunde. Sie schleichen sich von hinten an und
bellen ganz plötzlich los.«
»Gut für Herz und Kreislauf, was?«
»Ja, fast wie zusätzliches Training«, stimmte ich ihr zu. »Aber es
hält wach.«
»Ich sollte auch wieder anfangen, etwas für meine Fitness zu machen. Ich walke so gern.«
»Wenn du möchtest, kannst du ja mal zum Joggen mitkommen.«
»Morgens um halb sechs? Nein, danke.«
Früher war meine Frau eine Frühaufsteherin, aber seit Leslie ausgezogen ist, schläft sie gern ein bisschen länger.
»Das war wirklich eine gute Idee«, sagte sie. »Was für ein herrlicher Abend!«
»Finde ich auch.« Wir gingen schweigend weiter, bis Janes Blick
auf das weiße Haus an der Ecke fiel.
»Weißt du, dass Glenda einen Schlaganfall hatte?«
Glenda und ihr Mann gehörten zu unseren Nachbarn, und obwohl
wir uns nicht unbedingt in denselben Kreisen bewegten, waren wir
doch gut befreundet. In New Bern weiß jeder über jeden Bescheid.
»Ja, das ist wirklich schlimm.«
»Sie ist nicht viel älter als ich.«
»Ich weiß«, sagte ich. »Aber ich habe gehört, es geht ihr schon
wieder besser.«
Wieder schwiegen wir für eine Weile. Auch jetzt war es Jane, die
das Schweigen brach. »Denkst du eigentlich manchmal an deine
Mutter?«, fragte sie ohne ersichtlichen Zusammenhang.
Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Meine Mutter war bei einem Autounfall ums Leben gekommen, als Jane und ich noch keine
zwei Jahre verheiratet waren. Ich hatte zwar kein derart enges Verhältnis zu meinen Eltern gehabt wie Jane, aber der Tod meiner Mutter hatte mich doch tief getroffen. Bis zum heutigen Tag habe ich es
nicht geschafft, die sechsstündige Autofahrt auf mich zu nehmen, um
meinen Vater zu besuchen.
»Gelegentlich.«
»Woran erinnerst du dich besonders?«
»Weißt du noch, wie wir das letzte Mal meine Eltern besucht haben?«, sagte ich. »Meine Mom ist uns aus der Küche entgegengekommen, sie trug eine violett geblümte Bluse - und sie hat sich so
über unseren Besuch gefreut! Sie hat die Arme ausgebreitet und uns
beide ans Herz gedrückt. So werde ich sie immer in Erinnerung behalten. Es ist ein Bild, das sich nicht verändert, fast wie eine Fotografie. Sie sieht immer gleich aus.«
Jane nickte. »Ich sehe meine Mutter immer in ihrem Atelier, mit
Ölfarbe an den Fingern. Sie hat ein Familienporträt gemalt - das war
etwas ganz Neues für sie, und ich weiß noch, wie aufgeregt sie war,
weil sie Dad das Bild zum Geburtstag schenken wollte.« Sie
schwieg. »Ich weiß gar nicht

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