Ein toedlicher Plan
Mal Schluss mit seiner verspielten Art, und er würde aufs Ganze gehen. Er war bestimmt ein harter Gegner, schließlich kannte er sich mit zähen Verhandlungen aus. Und dennoch, man konnte seinem jungenhaften Charme kaum widerstehen, es drängte eine Frau geradezu, ihn in den Arm zu nehmen. Und bei ihm traf vermutlich das zu, was man den Menschen nachsagte, die Speisen und Getränke zu genießen vermochten: Sie waren gute Liebhaber und konnten sich im Bett wirklich hingeben.
Aber war sie tatsächlich bereit, diese Theorie in der Praxis zu erproben? Würde Mitchell ein solches Opfer von ihr erwarten? Nein, das würde er bestimmt nicht. Doch woher wollte sie das so genau wissen? Seine Anordnungen waren recht vage gewesen:
Finden Sie das Papier.
Unternehmen Sie alles, um es wiederzubeschaffen.
»… der erste Tag in der Stadt … An der Turtle Bay, aber das war eben, na ja, Sie wissen schon … Die ganze Nacht hindurch, Stanley und Burdick … So was gibt’s nicht noch mal … Meine Eltern haben einen ordentlichen Schrecken bekommen … Mein Vater hat einen Blick auf die rechte Seite der Speisekarte geworfen und hat dann …«
Und wenn sie den Wechsel dort tatsächlich finden würde?
Was wäre das für ein Triumph. Taylor stellte sich vor, wie das Papier aus ihrer Hand auf Reeces Schreibtisch flatterte. Oh, sie würde ganz cool sein.
Ach, Mitchell, hast du das zufällig verloren? Taylor betrachtete Thom Sebastian, der ihr hier am Tisch gegenübersaß und stets wusste, welche Gabel zu welchem Gang gehörte. Und sie sah die Last, über die er nicht sprechen wollte und die ihm so schwer auf der Seele lag. Und trotzdem verhielt er sich auch jetzt noch unwiderstehlich charmant und witzig. Ach, Mitchell, was soll ich nur tun?
Gegen einundzwanzig Uhr hatten sie das Dinner beendet. Taylor hatte schweißfeuchte Hände. Sie ließ die Handtasche fallen, und zwei Kellner stießen sich bei dem Bemühen, sie aufzuheben, leicht die Köpfe an. Sebastian zahlte mit Kreditkarte, gab jedoch kein Trinkgeld. Erst kurz vor der Tür verteilte er Scheine.
Jetzt kommt der große Moment …
Aber noch war es nicht so weit. Sebastian nahm sie am Arm und führte sie von der Tür weg. »Möchten Sie mal was wirklich Superfantastisches sehen? Dann kommen Sie mit.«
Er ging durch den Vorraum zu den Fahrstühlen und drückte auf den Knopf.
»Oben haben sie einen Ruheraum, den man auch mieten kann. Kommen Sie, den zeige ich Ihnen.«
Sie fuhren bis ganz nach oben. Die Fahrstuhltüren glitten zischend zu einem dunklen Raum auf. Sebastian verließ den Aufzug. Taylor, der das Herz bis zum Hals schlug, weil sie sich noch immer nicht sicher war, zögerte. Sebastian sah sie an und hielt ihr seine Hand entgegen. Vorsichtig legte sie die ihre hinein. Er führte sie eine Treppe mit einem geschwungenen Messinggeländer hinauf in eine Art Panoramaraum, von dem aus man einen wunderbaren Ausblick auf den East River hatte. Die Lichter von Queens und Brooklyn sahen wie ein eigener Sternenhimmel aus. Selbst die Kähne, Barken und Schlepper, die unter ihnen den Fluss durchpflügten, wirkten in der Verkleidung der Nacht wie verzaubert. Wie Taylor es geahnt hatte, war die Tür aufs Dach hinaus nicht verschlossen. Sebastian öffnete sie.
»Kommen Sie.«
»Da draußen ist es bestimmt kalt«, entgegnete sie mit zitternder Stimme.
»Ich halte Sie warm«, sagte er sanft.
Sie blieb an der Tür stehen und spürte den Wind, der sechzig Meter über der Straße um das Haus pfiff.
»Nein.«
»Seien Sie nicht so empfindlich. Es ist schön hier.«
Sie trat aufs Dach, hielt aber vorsichtshalber Abstand vom Rand. Sebastian drehte ihr den Rücken zu, beugte sich über das Geländer, und die Brise wehte durch sein Haar. Er streckte, ohne sich umzudrehen, einen Arm aus und legte ihn ihr um die Schulter. Taylor bemerkte, dass seine Hand zitterte.
Und sie spürte, dass in seinem Innern ein furchtbarer Kampf tobte. Sie bekam kaum mit, was er vor sich hin murmelte. »Taylor, da gibt es eine Sache …«
Sein Arm bewegte sich nach oben zu ihrem Hals, und sie machte erschrocken einen Schritt zurück. Doch bevor sie den Mut aufbrachte davonzulaufen, wandte er sich ihr zu und legte ihr die Hände auf die Schultern.
Dann entdeckte sie die Angst in seinem Gesicht, und die war noch größer als die ihre. Sie sah sich schon, wie sie über das Geländer gestoßen wurde und langsam auf den kalten, harten Boden zustürzte. Doch im nächsten Moment ließ er sie los und schüttelte den
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