Ein toedlicher Plan
als er auf dem Weg zu Claytons Büro plötzlich den Schatten bemerkte, der auf der Schwelle auftauchte. Für einen Moment hatte er ganz vergessen, dass Clayton sich aus diesem Leben verabschiedet hatte, und schon halb erwartet, ihn wie gewohnt herausstürzen zu sehen, um sich auf den Weg zu einer Besprechung zu machen, im Gehen die Jacke überstreifend, als hätte man ihn zu einem Notfall gerufen. Dann fiel ihm wieder ein, dass Clayton tot war. An seiner Stelle verließ Taylor das Büro.
Er wartete, bis sich sein Herzschlag verlangsamt hatte, und ärgerte sich so darüber, sich derart erschreckt haben zu lassen, dass einige Minuten vergingen, ehe ihm die Frage in den Sinn kam, was Taylor eigentlich in Claytons Büro verloren hatte. Er hätte sich vermutlich nichts weiter dabei gedacht, wenn sie mit einigen Akten oder einem Stapel Papiere herausgekommen und dann ganz normal woandershin gegangen wäre, vermutlich zu dem Anwalt, der einen oder einige von Claytons Fällen übernommen hatte. Aber sie verhielt sich alles andere als normal. Sie sah sich nach sämtlichen Richtungen um, so als wäre sie eine Spionin oder jemand, der etwas Verbotenes getan hatte und nun möglichst rasch und unerkannt entkommen wollte.
Lillick blieb in dem Konferenzraum, bis Taylor die Treppe hinuntergegangen war. Dann schlich er in Claytons Büro und schloss hinter sich ab.
Der Tortellini-Salat war ein Gedicht aus Kastanien, Oliven, Schalotten, Pfifferlingen, Muskatnuss, Sellerie und sonnengereiften Tomaten. Das Brot, das es dazu gab (und das er selbst gebacken hatte), war zwar etwas schief und voller Höhen und Tiefen, aber reich an Geschmack. Er hatte Butterstückchen darauf gelegt, die von der Hitze im Backofen zu einer dicken weißgelben Flüssigkeit geschmolzen waren. Als sie sich gesetzt hatten, öffnete er eine Flasche Poully-Fuisse.
Ich habe gelesen, Mitch, dass Hochzeiten im Dezember in der letzten Zeit sehr populär geworden sind …
Sie aßen, und Taylor nickte, während er ihr vom Eröffnungsverfahren in New Orleans berichtete. Normalerweise genoss sie es, wenn er von seiner Arbeit erzählte, auch wenn sie nicht alle Nuancen verstand, denn die Begeisterung, die dann sein Gesicht leuchten ließ, erregte sie. Sie versuchte, auch heute eine gute Zuhörerin zu sein, aber sie spürte, dass sie platzen würde, wenn sie nicht bald ihre Neuigkeit loswerden konnte.
Sie legte die Gabel mit einem hörbaren Klappern hin.
»Mitchell.«
Er schenkte gerade Wein nach und sah sie mit hochgezogenen Brauen an.
»Ich muss dir unbedingt etwas erzählen.«
»Was denn?«, fragte er vorsichtig, so als erwartete er, jetzt ein persönliches Geständnis von ihr zu hören.
»Wendall Clayton hat sich nicht selbst umgebracht.«
Das Weinglas, das sich auf dem Weg zu seinem Mund befand, verharrte auf halber Höhe.
Taylor pickte einen Krümel von der Tischdecke und ließ ihn auf ihren Teller fallen. »Er wurde ermordet.«
…Achtundzwanzig
Mitchell Reece lächelte und wartete auf die Pointe. Als Taylor aber nichts mehr sagte, fragte er: »Das meinst du doch wohl nicht ernst, oder?«
»Ich war bei seiner Witwe«, entgegnete Taylor und fügte dann rasch hinzu: »Keine Angst, ich hatte nicht vor, ihr die Wahrheit aufzudecken. Nur …« Sie schwieg einen Moment und errötete vor Verlegenheit. »Na ja, an dem Tag war mir überhaupt nicht klar, warum ich zu ihr gehen wollte, und heute bin ich mir da noch immer nicht sicher. Ich weiß nur, dass ich es tun musste.«
»Ich habe gehört, sie soll eine ziemliche Giftspritze sein.«
Taylor zuckte mit den Schultern. »Zu mir war sie sehr höflich. Aber weißt du, was sie mir erzählt hat? Wendall wollte seine eigene Kanzlei gründen, wenn es mit der Fusion nicht geklappt hätte. Er hatte bereits alles dafür ausgearbeitet. Ich habe seinen Schreibtisch durchsucht und bin auf verschiedene Unterlagen und Kreditverträge gestoßen. Er hatte sogar schon einen Namen für seine Kanzlei – Clayton, Stone & Samuels – und entsprechende Briefköpfe drucken lassen. Außerdem stand er in Verhandlungen wegen Räumen im Equitable Building.«
»Und was genau willst du damit sagen?«
»Denk doch mal nach. Wenn Wendall so umfangreiche Vorbereitungen für seine eigene Kanzlei getroffen hat, ergibt es doch überhaupt keinen Sinn, seine Karriere aufs Spiel zu setzen, um einen Skandal hervorzurufen, der Donald in Misskredit bringen soll. Einen Wechsel stehlen? Man hätte ihn hochkantig aus der Anwaltskammer geworfen, und
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