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Ein Toter hat kein Konto

Ein Toter hat kein Konto

Titel: Ein Toter hat kein Konto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Kiste... neben der Kleinen. Und
dann der Mantel! Wo haben Sie den denn her? Hab ihn noch nie bei Ihnen
gesehen... Und die Nase! Ist die Kleine ein Tiger?“
    „Und der Anzug?“ fuhr ich fort und schlug den
Mantel zurück. „Haben Sie den schon mal bei mir gesehen?“
    „Ja, da schlag doch einer lang hin! Haben Sie
sich geprügelt?“
    „Nein, ich mache Mode! Und Sie? Kommen Sie
voran?“
    „Ich komme gerade aus der Telefonkabine.
Versuche schon den ganzen Morgen, Sie zu erreichen. Es gibt was Neues.“
    „Alis Leiche? Wiedergefunden? Entdeckt?“
    „Und dazu noch eine andere, damit’s ein Paar
wird. Die Flics sind schon am Fundort. Florimond Faroux und seine Leute. Ich
wollte Sie anrufen, weil ich mir vorstellen könnte, daß es Sie interessiert.
Den Namen der zweiten Leiche haben Sie gestern im Restaurant erwähnt…“ Er
senkte die Stimme. „Péricat... Dr. Péricat, Hausarzt Ihres Klienten.“

14

Wieder
im Tran
     
     
    Es war, als ließen mich der dicke Chef des Antinéa und seine Leute wieder von ihrem Kuskus, der Spezialität des Hauses, kosten.
Die sieben Zwerge in meinem Schädel hämmerten lustig weiter, nach der Melodie:
Hau-ruck, hau-ruck, ran an die Arbeit, in die Hände gespuckt! Die alte Leier.
Ich fuhr mir mit meiner feuchten Hand über die Stirn.
    „Ach, du Scheiße!“ fluchte ich. „Péricat?“
    „Am Steuer seines Wagens“, erklärte Reboul. „Der
Wagen war gegen einen Baum gefahren. Aber nicht der Unfall hat ihn umgebracht.
In seinem Herzen steckte eine Kugel. Vielleicht Selbstmord. Auf dem Boden lag
ein Revolver. Nur daß ein Arzt heutzutage normalerweise mehr als tausend Francs
bei sich hat... Das war nämlich die Summe, die in seiner Brieftasche gefunden
wurde.“
    „Péricat?“ wiederholte ich stumpfsinnig. „Einfach
kaltgemacht, hm?“
    „Das will ich Ihnen doch die ganze Zeit
erklären, Chef! Ist das ‘ne Überraschung, oder ist das keine?“
    Ich schüttelte meinen schmerzenden Kopf.
Überraschung war eigentlich nicht das richtige Wort. Der Fall lag viel
komplizierter. Die neue Leiche überraschte mich nur insofern, als daß ich
nichts mit ihr anfangen konnte. Ich wußte das alles. Ich wußte, daß ich das
alles wußte. Ich schüttelte mich.
    „Gehn wir rein und trinken ‘n Gläschen“, schlug
ich vor. „Verdammt und zugenäht! Los, trinken wir was!“
    Ich ging als erster in das Café-Tabac. Das Lokal
war leer. Kein Wunder bei dem dicken, alten Weib, das zwischen den verlockenden
Rauchwaren der staatlichen Tabakregie thronte. Ihr mürrisches Gesicht alleine
rechtfertigte es, daß man sie in einen Glaskasten gesperrt hatte. Hinter der
Theke vertrieb sich der Wirt die Zeit mit Däumchendrehen. Eine Kellnerin
staubte Flaschen ab.
    Der Wirt begrüßte uns mit einer Baßstimme.
Nachdem wir in einem stillen Eckchen Platz genommen hatten, kam die Kellnerin
zu uns und fragte nach unseren Wünschen.
    „Kaffee“, sagte ich. „Aber richtigen! Schön
stark und heiß, und lieber in einer Salatschüssel als in einer Tasse.“
    „Dasselbe“, bestellte Reboul. „Für mich aber
eher in einem Fingerhut. Und dazu einen Rum.“
    „Insgesamt also zwei mittlere“, lachte die
Kellnerin freundlich und schlurfte in die Küche, um unsere Wünsche zu erfüllen.
    „Hübsches Kind“, murmelte Reboul. „Müßte nur mal
mit Stahlwolle abgeschrubbt werden...“
    Er verstummte, und uns beiden fiel ein, daß wir
Joëlle draußen warten ließen. Ein Blick durch die Scheibe überzeugte mich vom
Gegenteil: Sie hatte das Warten schon aufgegeben. Zwar stand ein Wagen vor dem
Bistro, aber das war nicht ihr Kabriolett.
    „Prima“, kommentierte Reboul. „Hab ich ihr Angst
gemacht?“
    „Das hab ich schon vorher besorgt. Wundert mich
nicht! Seit ein paar Stunden erschrecke ich mich selbst, wenn ich in den
Spiegel sehe... Ich hoffe, Sie haben Geld bei sich“, fügte ich hinzu. „Ich kann
nämlich nicht mal mehr den Bus nehmen! Die Kleine sollte mich eigentlich nach
Hause fahren.“
    „Wieviel brauchen Sie?“
    „Zweitausend reichen.“
    Grinsend wühlte er in seinen Taschen.
    „Teurer Schuppen, das Antinéa, was?“
    „Ziemlich kostspielig, aber man kriegt was
geboten für sein Geld. Prügel, leere Taschen und Drogen! Mit Kleinigkeiten
geben die sich nicht ab. Ich aber auch nicht, verdammt nochmal! Die werden mir
das bezahlen, mit Zinsen! Ich hatte die schlimmsten Alpträume meines Lebens. So
richtig kann ich mich nicht mehr erinnern, nur noch schemenhaft an Einzelheiten.
Es war

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