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Ein Toter hat kein Konto

Ein Toter hat kein Konto

Titel: Ein Toter hat kein Konto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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eröffneten so weite
Horizonte, daß mir leicht schwindlig wurde. Das spezielle Nylon der Badeanzüge
gestattete es Dumonteil, seine Modelle in den abenteuerlichsten Stellungen zu
fotografieren. Sie protestierten nicht, da sie sich in ihrem Badeanzug in
Sicherheit wiegten. Eine trügerische Sicherheit! Das Kleidungsstück
beeindruckte (durch seine chemische Zusammensetzung) die fotografische Platte
in keinster Weise. Dafür war das Resultat um so beeindruckender. Und die
Mädchen konnten später — nachdem sie zum Beispiel einen Mann geheiratet hatten,
der in dem Glauben war, wenn auch keine Jungfrau, so doch wenigstens ein
anständiges Cover-Girl geehelicht zu haben — zu Recht behaupten, sie hätten
niemals im Evaskostüm vor einem Fotografen posiert. Mit den Fotos konfrontiert,
würden sie sich hüten, den Betrug an die große Glocke zu hängen. Nein, sie
würden schweigen... und zahlen!
    Allerdings sind zwei Opfer verdammt wenig für
ein gut ausgestattetes Fotostudio. Also hatte er noch eine weitere
Einnahmequelle gesucht... und gefunden. Bei seiner Suche hatte sich Dumonteil
von Zeitungsartikeln inspirieren lassen, die den Mechanismus gewisser
Betrügereien offenlegten. Welchen Profit er aus dieser Quelle bisher gezogen
hatte, wußte ich nicht.
    Unter den Artikeln befand sich einer aus einer
englischen Zeitung. Da Fîélène dieser Sprache mächtig ist, konnte sie mir den
Text übersetzen. Es war eine „Vermischte Nachricht“: Ein Aufsichtsratsmitglied
war tot umgefallen, nachdem er einen katastrophalen Bericht über den Lauf
seiner Geschäfte gelesen hatte. Der Mann hatte ein schwaches Herz gehabt.
     
    * * *
     
    Eine Kirchturmuhr in der Nähe läutete zur halben
Stunde, als wir die Fundgrube wieder verließen.
    „Ein schöner Schurke, dieser Dumonteil“, sagte
ich zu Hélène. „Morgen knöpfe ich mir Joëlle vor. Sie wird — freiwillig oder
mit Gewalt — einige noch unklare Punkte klären. Doch ich hab schon jetzt eine
ziemlich genaue Vorstellung von dem Treiben des Berufsfotografen. Dumonteil hat
sich folgendes ausgedacht: Den Bericht eines Detektivs, garniert mit den
beredten Fotos, die wir in der Tasche haben (tatsächlich hatte ich es
vorgezogen, solche wertvollen Kunstwerke nicht einfach so herumliegen zu
lassen!), würde Flauvigny nicht überleben. So wie der Engländer, von dessen
plötzlichem Ende wir soeben gelesen haben. Leider hat das nicht funktioniert,
weil die Wahl des Detektives...“
    „...zufällig auf Nestor Burma und nicht auf
Mercadier fiel“, ergänzte Hélène.
    „Ja. Daraufhin beschließt dieser Schlauberger —
ich meine Dumonteil! — , Roland umzubringen, um Flauvigny den tödlichen Stoß zu
versetzen und Nestor Burmas Aktivitäten zu stoppen.“
    „Und die Araber? Wollen Sie deren Schuld an
Rolands Tod einfach unter den Tisch fallen lassen?“
    „Ja, und ich fürchte, noch einige andere meiner
Ideen werden dasselbe Schicksal erleiden... Im Falle Roland jedenfalls hat
Dumonteil auf eigene Faust gehandelt. Große Vorarbeit war nicht zu leisten. Er
mußte lediglich Roland besuchen, um ihn zum Beispiel vor mir zu warnen. Dabei
würde sich bestimmt eine günstige Gelegenheit ergeben. Denken Sie an die Gasmaske,
die höchstwahrscheinlich aus Rolands Trophäensammlung stammt! Dank der Wirkung
des Rauschgifts schläft Roland ein oder ist zumindest betäubt. Dumonteil dreht
den Gashahn auf und inszeniert einen Unfall. Er hält es für unvorsichtig, dem
Zufall freie Hand und ihn den Rest der Arbeit unbeobachtet erledigen zu lassen.
Also wartet er geduldig darauf, daß alles so abläuft, wie er sich’s ausgedacht
hat. Die Gasmaske dient ihm zum Schutz. Danach macht er sich — verrichteter
Dinge! — aus dem Staub, nimmt die Gasmaske mit und wendet den Trick mit dem
Vorhang an, um den Riegel von innen vorzuschieben. Vorher aber bindet er mit
seinem Schnürsenkel die Stoffrolle zusammen und befestigt sie unten an der Tür.
So wird der Gasgeruch nicht zu früh in den Hausflur dringen. Die Tür ist zwar
nicht abgeschlossen, aber der Riegel ist von innen vorgeschoben. Das wird die
Selbstmord- oder Unfallthese nahelegen. Niemand hat den Mörder hineingehen oder
herauskommen sehen. Wenn doch, ist das auch nicht weiter schlimm. Sie konnten sich
selbst davon überzeugen, welches Kommen und Gehen wegen der Arztpraxis im
dritten Stock herrscht, so daß selbst die Concierge nicht auf jeden einzelnen
achtet.“
    „So ein Schwein!“ ereiferte sich Hélène.
„Jemanden umzubringen und

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