Ein Toter hat kein Konto
ich.
„Setz dich“, befahl er. „Fühl dich hier wie zu
Hause.“
„Reizend“, sagte ich, zog einen Stuhl zu mir
heran und stopfte mir eine Pfeife. „Wenn man dein Ohrfeigengesicht sieht,
sollte man’s nicht glauben, Riton, aber du bist ein reizender Mensch.“
„Schnauze“, knurrte er wieder. Ich war in den
Geheimbund aufgenommen! „Schluß mit dem Quatsch! Du bist doch Nestor Burma,
oder? Der dynamische Detektiv, der das Geheimnis k. o. schlägt... und noch so
einiges andere.“
„All das bin ich, jawohl“, gab ich zu. „Du hast
was verloren, und ich soll dir helfen, es wiederzufinden, stimmt’s?“
„Ja. Meine Ruhe.“
Ich sah ihn überrascht an.
„Wir sollten erst mal was trinken“, schlug ich
vor. „Das stimuliert mein Begriffsvermögen. Ich hab Martini da..
„Prima Idee. Laß die Luft aus den Gläsern,
Gigi.“
Gigi übernahm den Part der Bedienung, nachdem
ich ihr verraten hatte, wo sie Gläser und Flasche finden konnte. „Nun, gut so?“
fragte ich und zeigte auf Ritons Glas.
„Gut so. Hab gehört, du wärst ‘n korrekter Typ,
Burma“, begann der Gangster, nachdem er sein Glas in einem Zug geleert und sich
eine Zigarette angezündet hatte. „Ich bin hergekommen, um dir ein Geschäft
vorzuschlagen. Du sollst zwischen mir und den Flics vermitteln.“
„Um die Bedingungen deiner Kapitulation
auszuhandeln?“
„Gepfiffen! Die Flics sollen mich in Ruhe das
Geld ausgeben lassen, das bei dem Coup in der Zentralbank rausgesprungen ist.
Ich hab was anzubieten.“
„Was denn?“
„Paß auf, Riton“, warnte ihn die Frau.
„Schnauze“, knurrte der Gangster.
„Ja gut, Schnauze“, schmollte sie.
„Wenn was laufen soll“, sagte ich, „muß das, was
du anzubieten hast, ‘ne Menge wert sein. Schließlich hast du monatelang
Kassierer umgelegt...“
Er lachte und entblößte seine Pferdezähne. Sein
kalter Blick wurde eiskalt.
„Staatsfeind Nr. i, was?“ stieß er hervor. „Auf
den Titel hab ich schon mit zwölf Jahren spekuliert, als ich noch auf dem Markt
geklaut hab. Aber glaub mir, Burma, davon bin ich geheilt. Staatsfeind, das ist
kein Beruf mit Zukunft. Du wunderst dich, daß es mich tatsächlich gibt? Nun, du
hast recht: Mich gibt es gar nicht! Ich bin eine Erfindung der Journalisten,
denen sonst nichts einfällt. Eine Erfindung der Flics, für die es sehr bequem
ist, mir alles anzuhängen. Eine Erfindung der Kollegen, die mich kopieren. Ich
bin ein Alibi! Findest du das lustig?“
„Mit anderen Worten: Du fühlst dich ausgebeutet,
ja?“
„Und ich hab’s satt! Ich hab’s satt, mich im
sechsten Stock zu verkriechen, wo’s nach verbranntem Fett stinkt. Ich hab’s
satt, für andere den Kopf hinzuhalten. Ich hab’s satt, und jetzt bin ich in der
Lage, mich aus der Scheiße rauszuwühlen.“
„Gut, Riton. Ich höre.“
„Noch nicht“, lachte er. „Meinst du, ich werd
dir einfach so alles auf die Nase binden? Nein, Alter! Erst müssen wir uns
einig werden. Du gehst zu den Flics und sagst ihnen: ,Riton hat
sen-sa-tio-nelle Enthüllungen zu machen. Als Gegenleistung verlangt er, daß ihr
die Sache mit der Zentralbank vergeßt. Das ist nämlich der einzige Coup, den er
gelandet hat!’ Einverstanden?“
„Kostet mich ja nicht viel, ihnen das zu sagen.
Auch wenn die mich womöglich wegen Begünstigung drankriegen wollen. Aber
wahrscheinlich wollen sie wissen, was du zu verkaufen hast. Oder bist du erst
mal auf eine erste Verständigung aus?“
„So ähnlich hab ich mir das gedacht. Später werd
ich dann auspacken.“
„Wenn du dann noch auspacken kannst“, warf die
Frau bissig ein. „Vergiß es, Riton! Sonst schnappen die dich noch! Los, komm,
laß uns abhaun! Jetzt ist noch Zeit...“
„Schnauze, hab ich gesagt“, knurrte er. „Ich hab
lange genug den Blödmann gespielt. Jetzt will ich endlich was davon haben. Das
ist doch kein Leben, in einer Mansarde, auf einem Sack Mäuse, die nur drauf
warten, rausgelassen zu werden!“
„Ich hab dich gewarnt“, seufzte die Hure
achselzuckend. „Aber du wirst ja nicht umsonst ,der Spinner’ genannt…“
„Das ist auch so ‘ne Erfindung der
Journalisten.“
„Das erste Mal, daß die recht haben!“
Wütend sprang Riton auf, die Waffe wieder in der
Hand, damit ich nicht auf die Idee käme, irgendeinen Nutzen aus dem Ehekrach zu
ziehen. Er landete einen hübschen linken Schwinger mitten im Gesicht seiner
Partnerin, deren Nase und Lippen zu bluten anfingen. Schachmatt gesetzt, sank
sie auf meinen
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